Kapitel 14

Portugal Spanien

Ponta Delgada,4.7.93

Gestern sind unsere Transatlantik- und Inselmitsegler bis auf Mike abgereist. Wir haben seit Horta schöne Segel- und Flautentage erlebt und noch einmal 200 Meilen zurückgelegt.

Zu Fuß und per Auto haben wir die 4 besuchten Inseln besichtigt und ein Tag war schöner als der andere. Die Azoren sind wohl die schönste Inselgruppe, die wir sahen. Die Natur hat hier schon einige Herrlichkeiten auf Lager und da die Inseln noch tätige Vulkane haben, ist auch für aufregende, atemberaubende und abenteuerliche Touren gesorgt.

Vor nur etwa 2000 Jahren kam auf Terceira ein Lavakern aus dem Erdinnern geflossen, dessen Gaseinschlüsse plötzlich in der erstarrenden Lava explodierten und eine 90 m tiefe Höhle schufen, die durch einen senkrechten Schlot ans Licht führt. Wir gingen über einige Stufen in einen Tunnel, der von der Hangseite hindurch in den Schlot führt. Üppiges Grün und triefende Riesenfarne bis ins grelle Sonnenlicht hinauf. Tiefer hinab dann nur künstliches Licht, Fels in allen Farben, Stalaktiten und ein See am Boden. Nur etwa 2000m entfernt, besuchten wir dann einen anderen Krater, wo feuchte heiße Schwefeldämpfe aus den vielen Spalten zischen. Echt Besuche beim alten Teufel und man hofft, daß er nicht gerade das falsche Ofenloch einheizt.

Aber auch die Nächte waren heiß. In Angra do Heroismo ankerten wir unter den Wällen der alten Festungsanlagen direkt vor der Stadt. Dort hatten schon die Flotten der Silberschiffe aus Amerika während der spanischen Besatzung geankert. Während unserer Liegezeit gab es 4 Tage lang das Johannisfest. Die ganze Gegend war auf den Beinen, die Straßen und Plätze voller Menschen, Musik, Folklore, Heiterkeit und Gastlichkeit. Am Sontag um 24.00 Uhr klang das rauschende Fest dann mit einem Feuerwerk aus.

Hier auf Sao Miguel kamen wir an heiße, kochende Quellen, blubbernde Schlammpfuhle und Geisire. Einige dampfende Löcher auf einem Feld an einem Kratersee hatten findige Einheimischen mit Betonröhren auf Passmaß gebracht und wir konnten einige Gruppen beobachten, die große zugebundene Kochtöpfe mit speziellen Eintopfgerichten in die Röhre versenkten, mit einem Holzdeckel abdeckten und Lavasand darüber schaufelten. Nach einiger Zeit kann des "Teufels Küche" dann wieder geöffnet werden. Sieben von etwa zwanzig "Kochnischen" sahen wir in Betrieb.

Wir kamen dann an riesige schroffe Krater, auf deren Boden entweder Wiesen, Orte oder Seen waren. Der größte Krater hatte sogar 2 Seen in verschiedener Farbe. Einer blau, einer grün trotz Verbindung. Ich hatte diese beiden Seen, ebenso wie die Ananasplantage mit angeschlossener Brennerei 1969 als Kadett des Schulschiffes Deutschland schon einmal besucht.

Auch ein weiterer Besuch war eher nostalgisch. Wir segelten zu dem kleinen Inselchen Ilheu da Vila vor Villa Franca do Campo. Ein Vulkankegel schaut gerade noch aus dem Wasser und an einer Seite hat das Meer sich Zugang zum Kratersee verschafft. Auch dieses schöne kleine Inselchen, das zum Baden wie geschaffen ist, hatten wir damals mit der "Deutschland" besucht.

Am nächsten Tag spazierten wir mit Mike an der Pier entlang zu einem großen Forschungsschiff mit deutscher Bundesdienstflagge. Die "Alliance" war uns aufgefallen und da wir kein deutsches Schiff mit diesem Namen kannten, waren wir neugierig. Wir sprachen die Gangwaywache an und hörten erstaunt nur italienische Laute. Dann sprachen wir den 2.Ing. an und hörten hartes wortkarges Schottisch. Wir erfuhren aber, daß das Schiff der Nato gehört, in La Spezia gebaut wurde, auch da stationiert ist und nur einen deutschen Kapitän, 1.Offz. und deutsche Flagge hat. Wie wir schon gehen wollten, kam zufällig der Erste auf die Back und da erfuhren wir mehr. Ganz gut wurde es wie gerade der Kapitän von Land zurück kam, sich vorstellte und uns zum Essen und zu einer Schiffsbesichtigung einlud. So hatten wir ein interessantes Halbtagsprogramm. Der wortkarge, geheimniskrämerische Schotte schaute sehr erstaunt wie er uns nach einigen Stunden unten in der Maschine zusammen mit dem Kapitän begegnete.

Das Schiff hat wechselnde Teams von Wissenschaftlern an Bord, je nach Aufgabe, und betreibt Unterwasserforschung für U-Boote. Jetzt wo die Sowjetflotte im Nordatlantik nicht mehr existent ist, verlagert sich das Einsatz- und Forschungsgebiet auch in andere Bereiche. Das Schiff ist speziell so leise mit Diesel/Gasturb.- elektr. Antrieb ausgestattet, daß sie auf 10 Meilen den Herzschlag eines Wales hören können.

Algarve,1.8.93

Dieser lange Brief ensteht in Etappen, denn mit ständigen Gästen an Bord und gedrängten Besichtigungsprogrammen komme ich nicht viel zum Schreiben.

In Ponta Delgada reiste mein alter Marinefreund Mike ab und seine Kinder und deren Vetter kamen an Bord. Sie waren alle von klein auf an Bord gesegelt, hatten aber noch nie eine große Seestrecke erlebt. So ließen wir es erst einmal ganz sanft mit 60 Sm bei Flaute angehen. Wir besuchten eine weitere Insel, Santa Maria, die südlichste und östlichste Insel der Azoren.

Santa Maria ist von den anderen Inseln völlig verschieden. Es gibt auf dieser ältesten und zuerst entdeckten Insel keinen tätigen Vulkanismus mehr und das flache westliche Plateau ist auch nicht vulkanischen Ursprungs, sondern eine aufgeworfene Sedimentplatte mit vielen Versteinerungen und schönem weißem Kalkstein. Dieser weiße Kalkstein wird zusammen mit schwarzem Basalt in den ganzen Azoren verwendet und selbst die Straßenpflaster kamen so zu hübschen abgesetzten Ornamenten oder Bildern.

Diese flache Kalk- und Sedimentplatte führte aber noch zu anderem jetzt auch vergangenem Reichtum der Insel. Auf der Höhe des U-Boot Krieges erinnerten sich die Engländer eines alten Vertrages mit Portugal und begannen mit dem Bau eines Großflugplatzes. Aus diesem Flugplatz wurde eine allierte, dann Nato-Militärbasis und schließlich die Drehscheibe der Transatlantikfliegerei. Die großen "Interkontinental"-Maschinen hatten ja noch nicht die heutigen Reichweiten. Mit der Einführung der Jets großer Reichweite verschwand die Bedeutung Santa Marias. Mit dem Bau der neuen Nato-Basis in Terceira mit Hafen und Flugplatz in Praia do Vittoria wurden Landungen in Santa Maria noch seltener und jetzt soll die Zentrale Luftleitstelle "Atlantik" auch noch nach Lissabon gelegt werden, denn beim heutigen Stand der Technik müssen die Lotsen nicht mehr vor Ort sein, eine Datenleitung genügt. So sahen wir viele aufgelassene Häuser und das Leben läuft auf dieser Insel noch langsamer als auf einigen der anderen Inseln. Es wird aber auch, wie auf den anderen Inseln sehr viel gebaut. Zum einen werden Tourismuseinrichtungen gebaut, zum anderen wird mit Hilfe des Strukturfonds der EG viel in die Infrastruktur investiert. Als Segler haben wir von diesem Fond schon oft profitiert. Kläranlagen ergeben saubere Häfen und neue Molen bieten sicheres Liegen. Zwischen Griechenland und den Azoren haben wir das Handbuch schon oft erfreut berichtigen dürfen. Die Amis mit ihrer Schrottinfrastruktur könnten sich da eine Scheibe davon abschneiden.

Wir besichtigten den verschlafenen Großflughafen mit drei Runways und wir sahen sogar einen Charterjet nach Boston starten. Viele Amerikaner stammen ja von den Azoren und haben die Bindung an die Heimat und/oder Großfamilie behalten.

Eine freundliche Polizistin geleitete mich bis zu den Meteoro"lügen" und dort hatte man Zeit für einen Segler. Mit Wetterkarten, Telexen und Rat versehen, legten wir das Auslaufen auf den nächsten Tag fest.

Das Azorenhoch lag weit im Süden, wanderte aber langsam und bescherte uns leichte günstige Winde. Wir versuchten zunächst Breite gut zu machen, um auch bei starken NO-Winden an der portugiesischen Küste noch genug Höhe für halben Wind zu haben. Wir hatten ständigen Funkkontakt mit anderen Yachten von Trans-Ocean und empfingen auch über KW-Fax Wetterinformationen. Das spanische Hitzetief beulte die Isobaren an der Küste ein. Der Gradientwind errechnete sich mit 35 bis 45 Kn. Wir waren froh bis auf 38° 44'N gegangen zu sein. Kap Sao Vicente mit seinem berüchtigten Kapeffekt ist bei solchem Wind kein guter Ort und wir wären auch noch nachts dort gewesen. So liefen wir Sesimbra hinter Cabo Espichel an. Dort ist es bis an die Küste tief und Cabo Roca bei Lissabon dämpft die großen Roller des Atlantik. Wir hatten zwar auch dort 9 Bft., aber wir kamen noch bei Tag an und hatten keinerlei Probleme. Die anderen standen schon zu weit südlich und mußten es eben aushalten. Fischer, Frachter, Verkehrstrennung, Strom und Grundseen bei 50 Kn Wind.

Unsere jungen Mitsegler bekamen wegen dieser Routenänderung auch noch etwas mehr von Portugal zu sehen und nicht nur die touristisch "versaute" und verbaute Algarve, wo man die noch vorhandenen Naturschönheiten nur mit geschickter Kameraführung und Objektivauswahl aufnehmen kann.

Wir machten Ausflüge per Bus und zu Fuß und hatten angenehme Tage. Von Sines segelten wir dann abends los und waren im Morgengrauen am Kap. Über Kap Sagres ging dann gerade glutrot die Sonne auf.

Dreitausenddreihundertdreiundachtzig Seemeilen über den Atlantik, fast 30.000Sm total mit der Arion lagen gut hinter uns.

Jetzt sind wir wieder beim gemütlichen Tages- und Küstensegeln gelandet. Seit gestern sind wir alleine an Bord und warten hier in Ferragudo auf meine Schwester mit Familie, die bis Malaga mitsegeln wollen. So habe ich endlich etwas mehr Zeit und schreibe nicht nur nebenbei am Kartentisch Postkarten, wie ich es unterwegs mit Gästen meist mache.

In Villamoura gingen unseren jungen Gäste von Bord und wir liefen gleich danach wieder aus, denn uns stand weder der Sinn nach dem Riesentouristengewühle noch nach teurem Liegeplatz. Wir segelten die 20 Meilen zurück nach Ferragudo bei Portimao. Die langen Molen des Außenhafens von Portimao ergeben zwischen den steilen Klippen und dem Ort einen herrlichen geschützten Ankerplatz vor einem langen Sandstrand. Teile des Strandes sind tagsüber zwar recht belebt, aber abends konnten wir gemütlich in der Strandkneipe unter der hohen Klippe die Sonne versinken lassen. Um Brigitte und Familie abzuholen, mieteten wir ein Auto, das wir am nächsten Tag noch für einen kleinen Ausflug nutzten. Nach zwei Tagen zum Eingewöhnen segelten wir zunächst nach Faro, in der riesigen Lagune von Faro und Olhao. Von dort segelten wir gleich weiter über den Golf von Cadiz nach Cadiz, wo wir nachts um zwei im Fischereihafen ankerten. Nach dem Einklarieren wurden wir von der Hafenverwaltung gebeten 400 Peseten x Länge x Breite x Tag zu bezahlen, was wir dankend ablehnten. So befürchteten wir bereits, in den teuren Porto Sherry auf der anderen Seite der Bucht zu müssen. Erst beim Auslaufen sahen wir den völlig neuen und noch fast leeren Yachthafen des Club Nautico, dessen alter Hafen überfüllt und nur für Boote bis 11m möglich ist. Im neuen Hafen liegen wir sehr gut, nahe an der Altstadt und billiger als in der Marina "Porto Sherry".

Seit ich mit der Gorch Fock hier war hat sich natürlich viel geändert, aber die Stadt ist immmer noch sehr schön und interessant. Die über die Jahrhunderte angehäuften Schätze der Kirche, die ich damals durch Beziehungen besichtigen konnte, sind jetzt in einer Art Museum unter der Kathedrale für jedermann zugänglich.

Für einen Tag fuhren wir mit dem Zug nach Sevilla, wo man natürlich leicht mehr als einen Tag verbringen könnte. Trotz der vielen Touristen haben wir den Tag bei 41° C im Schatten sehr genossen.

Die Kathedrale von Sevilla mit dem Grab des Kolumbus, der Alcazar mit seinen herrlichen Innenhöfen und Gärten, die ehemalige jüdische Altstadt und die Giralda mit dem angrenzenden Orangenhof der ehemaligen Moschee waren natürlich ein Muß. Beim Grab des Kolumbus verhält es sich so wie mit dem Grab des heiligen Nikolaus. Wir waren jeweils an drei weit voneinander entfernt liegenden Gräbern gewesen. Jeder Ort war richtig und falsch zugleich. Aus den verschiedensten Gründen wurde die Totenruhe damals gestört.

Gibraltar, 26.8.93

Zur Abwechslung habe ich einmal wieder einige Meilen an Land gemacht. Meine Schwester und Familie mußten wieder von Faro abfliegen und so fuhr ich sie mit einem Mietwagen dorthin. Wir fuhren wegen der Hitze erst am Nachmittag los und erreichter wegen zum Teil nagelneuer Autobahnen schon kurz nach dem Dunkelwerden Faro. Ein Hotel und ein nettes Lokal waren schnell gefunden und bei einigen Gläschen wurde das schnelle Ende des Urlaubs bedauert.

Ein Höhepunkt war der Besuch in Marokko gewesen. Sie waren vorher noch nie in einem so stark muslimisch geprägten Land gewesen. Für mich war es interessant, die Veränderungen seit 1968 und 1969 zu beobachten, damals war es auch für mich völliges Neuland.

Die Medina von Tanger ist ein Gewirr von Gassen und Menschen. Innerhalb der alten Stadtmauern gibt es 800 Gäßchen, in denen sich der Handel und Wandel der Stadt abspielen. Die Menschen sind zum Teil sehr traditionell gekleidet. Die Berber in ihren Trachten, sehr bunt mit viel Schmuck und Ornamenten, die Frauen nicht verschleiert, das Gesicht je nach Stamm tätowiert, fallen optisch am meisten auf. Die muslimischen übrigen Marokkaner entweder ganz europäisch modern gekleidet, aber nie mit kurzen Hosen oder Röcken, oder in traditionellen Jellabahs in verschiedenen Designs. Die Frauen mit Kopftuch und zum Teil sogar völlig verschleiert.

Die Stadtreinigung von Tanger kommt trotz der vielen Straßenkehrer mit dem Abfall nicht mehr zurecht und weil es schmutzig ist, wirft jeder noch seinen Abfall dazu.

Dagegen bildete das Städtchen Asilah einen starken Kontrast. Wir fuhren mit der unglaublich billigen und überfüllten Eisenbahn dorthin. Die Bahnfahrt zweiter Klasse war ein Erlebnis für sich. Von Tunesien waren wir das Prinzip "erst Einsteigen, dann Aussteigen" bereits gewöhnt. Eigentlich laufen diese beiden Vorgänge gleichzeitig gegeneinnader ab. Da die Türen, die nach innen öffnen, auch noch mit Kisten und Säcken verstellt waren, schafften wir es nur über den Rücken einiger einsteigender Weiber auf der anderen Seite auf das Nebengleis zu rutschen. In einem überquellenden Kleinbus ging es vom Bahnhof zur nahen Altstadt. Innerhalb der befestigten Stadtmauern gab es keine Autos und alles war blitzsauber. Man wurde auch nicht ständig wegen irgendwelcher Geschäftchen angemacht. Gemütlich schlenderten wir durch die kleine Stadt und kamen uns wie in einem Film aus "Tausend und einer Nacht" vor. Vor einem Festungsturm direkt am Meer schwammen einige Mädchen in voller Kleidung und ein Junge sprang vom hohen Turm über die Klippe hinaus ins tiefe Wasser hinter der Brandung. Eine mutige Meisterleistung.

Viele der mittelalterlichen Gebäude waren sehr schön restauriert und an einigen Türmen wurde noch gearbeitet. Die Verantwortlichen der Stadt haben wohl viel Verständnis für Geschichte und Kultur und eine Photoausstellung eines einheimischen Photographen öffnete uns die Augen für so einige Schönheiten.

Wie wir mit staubiger und durstiger Kehle dann in einem Straßencafe vor dem Hauptstadttor saßen, konnten wir noch den Besuch des Kulturministers erleben, der in einer Wagenkolonne zu einer Rede angebraust kam. Lustig für uns, wie schnell der Kellner angesichts der vielen Polizei das Bier einschenkte und die verräterischen Flaschen verschwinden ließ. Allah und die Polizei müssen schließlich nicht alles sehen.

Der nächste Tag bescherte uns stürmischen Levante, viel Sand und roten Staub an Deck und im Rigg und einen weiteren Tag in der ehemaligen Seeräuberhochburg Tanger.

Die Straße von Gibraltar mit ihren komplizierten Strömungen ist bei Wind aus der falschen Richtung für Yachten gefährlich. Wir hatten Zeit und segelten dann bei Poniente gemütlich und ohne Probleme nach Gibraltar.

Wir wollten eigentlich den Crewwechsel in Malaga machen, aber zeitlich war dann Gibraltar günstiger und auf dem "Affenfelsen" gab es genug zu besichtigen. Daß Gibraltar eine Festung war, weiß jeder und viele Bastionen aus alter und neuer Zeit sind überall zu sehen und teilweise auch zu besichtigen. Was wir aber nicht wußten, war, daß Gibraltar hohl wie ein Schweizer Käse ist. Riesige natürliche Höhlen mit Sälen voll von Stalaktiten und Stalagmiten waren Ausgrabungen zufolge bereits 3.000 v.C. bewohnt. Die größte Höhle ist zugänglich und sollte 1943 als Lazarett genützt werden. Andere "Höhlen" sind Produkte der verschiedenen Kriege und so gibt es auf Gibraltar 32 Meilen Tunnel und Kavernen. In unterirdischen Zisternen lassen sich Millionen Liter Wasser auffangen.

Die ersten Tunnel gruben die Engländer während der "Großen Belagerung" durch die Spaniern von 1779 - 83. Die größten Anlagen stammen aber aus dem 2.Weltkrieg. Der Aushub wurde dabei immer schon als Baumaterial verwendet. Die riesigen Hafenmolen und der zur Hälfte ins Meer hinausgebaute Flugplatz entlang der Grenze sind mit Aushub gebaut worden.

Der Name "The Rock" besteht wirklich zu Recht und schon die Griechen nannten den Felsen des Tarik (Dschebel el Tarik) und den gegenüberliegenden Berg Músa "Die Säulen des Herkules". Die Mauren, Spanier und Engländer stritten sich um den strategisch wichtigen Felsen und zuletzt wollten ihn die Deutschen in der Operation "Felix" erobern. Nur war Franco so klug, nicht an der Seite der Deutschen in den Krieg einzutreten, bzw. seine Forderungen waren den Deutschen zu viel.

Die heutigen Bewohner Gibraltars, die einen unverständlichen Mischdialekt sprechen, sind es aber wegen der Geschichte gewöhnt, jeden Vorteil zu nützen. So wird einem mit levantinischem Geschick das Geld trotz, oder wegen der Zollfreiheit reichlich abgenommen.

Der Schmuggel blüht ganz offen und da die Gesetze auf Gibraltar passend gemacht werden, können die Spanier trotz EG nur mit den Zähnen knirschen.

Im Hafen fallen einem überall die nachtblauen Sportboote mit 200 PS Außenborder und Minimalausrüstung auf. Wenn es Nacht wird, werden sie über Kanal 71 in Richtung Spanien und wohl auch Marokko gelenkt. Zigaretten und natürlich nicht so offen eingestanden Rauschgift, sind die lukrative Fracht. In Gibraltar wird nur eine Ordnungswidrigkeit begangen. Ausfuhr von Zigaretten ohne Lizenz. Deswegen wird immer ganz schnell aus einem Lieferwagen auf das Rennboot umgeladen. Dann geht die wilde Jagd los. Oft werden leere Boote auf Scheinziele angesetzt und die spanische Guardia Civil mit ihren paar Schnellbooten und einem Hubschrauber haben kaum eine Chance. Gefürchtet sind nur die Gummikugeln und manchmal auch scharfen Schüsse. Aus einem Motorblock wurde bei der Reparatur ein MG-Geschoß geholt.

Hat man dieses Treiben in Shepard's Marina einmal einige Zeit jede Nacht miterlebt, wundert es einen nicht mehr, wenn man junge Bürschchen mit Jaguar, Mercedes oder BMW spazierenfahren sieht.

Ansonsten ist Gibraltar natürlich sehr britisch und uns gefielen vor allem die vielen echt englischen Pubs mit gezapftem Bier.

Der Straßenverkehr läuft jedoch auf der richtigen Seite und so war es kein Problem ein Mietauto zu fahren.

Immer bei Crew-Wechsel haben wir ein Mietauto, das dann auch gleich zu Ausflügen genützt wird. Nur in diesem Fall kamen bereits soviele Kilometer zusammen, daß ich genug hatte und außer Stadtfahrten keine weiteren Ausflüge mehr machte.

Von Faro fuhr ich direkt nach Malaga zum Flughafen um Klaus, Traudl und Günther abzuholen. Entlang der Betonburgen ging es dann auf der belebten Küstenstraße nach Gibraltar zurück. Unsere neue Crew hatte noch einen Tag Zeit die Stadt zu besichtigen und dann segelten wir entlang der Küste Richtung Balearen.

Vom Meer aus, mit etwas Abstand sieht es nicht ganz so schlimm aus und wir fanden oft genug recht nette Häfen. Vielmals sind Fischereihafen und Marina hinter der gleichen Mole, was eine recht nette Atmosphäre ergibt und nicht so aalglatt nach Jet-Set aussieht.

Die Spanier haben über viele Jahre ungehindert betoniert und das erzeugte Überkapazitäten. Nie haben wir vorher soviele freie Liegeplätze gesehen und die Preise waren niedriger als wir befürchtet hatten. Eigentumswohnungen, mit und ohne Liegeplatz, überall "Se vende" (zu verkaufen).

Einmal starteten wir einen Nachttörn. Wir wollten etwas Meilen gut machen, aber um 3.00 morgens mußten wir wegen Gegenwind in einen Hafen. Zwei Tage blies der Wind aus der falschen Richtung, wir nützten aber die Zeit zu einem Ausflug mit einem Mietwagen nach Granada, einer herrlichen Stadt hoch in der Sierra Nevada. Die Alhambra war die Fahrt mehr als wert. Wir brauchten 4 1/2 Std., um die ganze Anlage zu besichtigen, die eigentlich aus fünf völlig unterschiedlichen Teilen besteht. Es sind soviele Besucher dort, daß man beim Kartenkauf ein halbstündiges "Fenster" zugeteilt bekommt, in dem man in die alten Paläste der Mauren hinein darf. Auf diese Weise werden "nur" 400 Personen alle halbe Stunde hineingelassen. Einmal darin, kann man solange bleiben wie man will.

Wir begannen mit dem Palast des Generalife mit seinen Gärten, Springbrunnen und Wasserspielen - laut Berlitz ein bescheidener Palast. Er ist aber sehr reizvoll und da er etwas abseits und durch ein kleines Tal von der restlichen Alhambra getrennt liegt, hat man von den Gartenanlagen einen schönen Blick auf die maurischen Anlagen der Alhambra selbst, sowie hinunter zur Stadt und zu den gegenüberliegenden Hängen von Sacromonte. Gerade dieser Ausblick zeigt einem wie unterschiedlich man wohnen kann. Hier diese Paläste mit prächtigen filigranen maurischen Decken und Wänden, von vielen feinen Säulen getragenen Bogengängen, kühle von plätschernden Wassern gekühlte Marmorinnenhöfe, schattige duftende Gärten und gegenüber an dem von der Sonne verbrannten Hang des Sacro Monte, die Höhlenwohnungen der Zigeuner.

Die Zigeuner haben ebenso wie die Mauren viel zur spanischen Kultur beigetragen und die Ergebnisse kann man vor allem bei der Architektur und Musik heute noch tagtäglich erleben.

Wir schlenderten durch die ausgiebigen Parkanlagen und schauten dann ganz kurz zum Palast von Carlos V hinein. Dieser Kaiser hat es gewagt, einen klotzigen Renaissance-Bau mitten in die herrliche Anlage bauen zu lassen, außen quadratisch, innen rund mit Säulen wie eine Stierkampfarena. Gleich um die Ecke des unschönen Palastes besichtigten wir die maurischen Paläste; herrliche Bauten, viele Innenhöfe mit zierlichen Säulen, Brunnen, Kacheln, Marmor, und Säle mit bemalten Holzdecken oder feingearbeiteten Alabasterdecken. Und immer wieder Brunnen in allen Formen und kleine Gärten. Durch den Besuch im Alcazar hatten wir bereits eine Vorstellung der Bauweise. Anschließend schauten wir die Festungsanlage und das kleine Museum für Spanisch-Maurische Kunst an. Damit hatten wir das Wesentliche gesehen und viereinhalb Stunden dort zugebracht.

Gestärkt nach dem verspäteten Mittagessen besuchten wir noch die Kathedrale und die Königskapelle (Mausoleum für Fernando und Isabel), bevor wir uns auf die Heimreise machten.

Einmal an Malaga vorbei, änderte sich die Küste. Steilküste, Gebirge, in glühender Hitze trocken, wenig Siedlungen, die Küstenstraße weiter im Hinterland. Oft segelten wir direkt unter fast überhängenden hohen Kaps durch. Bei Cabo de Gata erreichten wir dann zum ersten Mal wieder eine geschützte Ankerbucht, die schon in der Antike genutzt wurde, denn am Kap kann es ungemütlich sein, es scheidet oft den Wind.

Wie wir ankerten, fiel uns bereits ein englisches Nachbarboot auf, dessen Crew mit Ferngläsern herüberschaute und nach dem Ankern winkten sie heftig. Schnell war die Sache über Funk geklärt, wir hatten uns mehrmals in USA getroffen und waren zuletzt 1992 in Annapolis bei anderen Freunden zusammen an Bord gewesen. Von diesem Boot, der Kirtonia, die wir 1990 in den Kap Verden kennenlernten, hatten sie schlechte Nachrichten. Christl hatte einen schrecklichen Unfall an Bord und mußte per Hubschrauber von den Bahamas nach Miami geflogen werden, wo sie über 8 Stunden in einer neuen Spezialklinik operiert wurde. Die pneumatisch geschaltete Elektrowinsch erfaßte Christls rechte Hand, die böse verletzt wurde und dann noch den gesamten linken Arm, der bis zum Schulterblatt um die Winsch gewickelt wurde. 12 Tonnen Zugkraft schalteten nicht mehr ab, da in der Hitze die Pneumatik zuviel Druck hatte. Erst der Hauptschalter stoppte die verdammte Technik, aber da war es bereits zu spät. So wurde das freudige Zusammentreffen recht traurig durch diese Nachrichten überschattet.

Seit dem Winter hatten wir per Post mit der TO-Yacht "Joseph Haydn" Kontakt. Wir hatten schon 1989 im Mittelmmer Funkkontakt, kannten uns aber noch nicht persönlich. Wir wollten Kartenmaterial austauschen und waren schon unruhig, weil wir immer noch nicht am Funk einen Treffpunkt vereinbaren konnten. Da trieb plötzlich ein deutsches Boot vor uns im Meer. Ein treibendes altes Netz hatte sich in der Schraube verfangen. Wir fuhren hin..... und es war die "Joseph Haydn". Treffen muß man sich halt, sonst kommt man nicht zusammen, denn der Ocean ist so groß, könnte Karl Valentin gesagt haben!

Seit Maine hatten wir mit dem Fischfang Pech gehabt und wir erwarteten nicht, ausgerechnet im ausgefischten Mittelmeer etwas zu fangen, aber dennoch brachten Dianne und Klaus regelmäßig die Schleppangeln aus. Christian hatte zwar in Portugal eine ganze Reihe von Fischen von Bord aus mit der Harpune geschossen, aber wir wollten Thune oder Doraden. Zweimal hatten wir einen Biß und Drill bis an die Bordwand, dann verschwand der Braten angesichts des Kochtopfes in der Tiefe. Dann endlich hatten wir schnell hintereinander Glück. Ein Bluefish und eine Dorade gingen an den Haken und in die Kombüse.

Die spanische Südküste ist ganz schön verbaut. Von See aus gesehen, ist zwischen Gibraltar und Almunecar kein unbebauter Platz. Erst ab Cabo de Gata, bzw. schon ab Motril ist die Küste so steil mit vorspringenden Felsen, daß kein Hochhaus mehr paßt und die Marina del Este und die Ferienappartments dort sind ausgesprochen reizvoll gebaut. Bis Cartagena ragen dann die Kaps und Felswände fast völlig unbebaut über dem Meer auf. Nur einige alte Kasernenanlagen oder Stützpunkte der Guardia Civil sind zwischen den fast verfallen alten runden Wachtürmen vergangener Jahrhunderte zu sehen.

Die Lösung des Rätsels über das Grab von Kolumbus haben wir jetzt auch in einem unserer vielen Nachschlagwerke gelesen. Er wurde zuerst 1506 in Sevilla begraben, dann nahm seine Schwiegertochter im Jahre 1544 die Leiche nach Santo Domingo (dominikanische Rep.) mit. Als es zu Kämpfen mit den Franzosen um das heutige Haiti kam, wurde er nach Kuba gebracht. Als Kuba sich Ende des 19. Jh. von Spanien löste, wurden die Gebeine wieder nach Sevilla gebracht. Nur - in Santo Domingo wird behauptet, daß in der Eile die falsche Leiche mitgenommen wurde. So konnten wir uns damals schon an seiner Beerdigungsstätte wähnen!

Es waren aber nicht nur die kulturellen Genüsse an denen wir uns so häufig erfreuten. Meist reichte uns bereits eine nette Tapas-Bar, um uns das Ende eines schönen Segeltages zu verschönern. Meist waren die Wirte auch noch recht freundlich und übernahmen die Regie. Sie hatten immer schnell heraus, daß es uns nicht um viel Essen ging, sondern um möglichst viele verschiedene Gaumenfreuden und da sind Tapas, diese typisch spanischen kleinen Gerichte zum Getränk gerade richtig.

Doch dann verließen wir das Festland und segelten nach Ibiza hinüber. Im ersten Morgenlicht segelten wir los und ankerten früh in der Nacht unter den hohen, angestrahlten eindrucksvollen Mauern der Festung von Ibiza. Am nächsten Tag ging es dann erst einmal in eine einsame Bucht mit hohen Felswänden an drei Seiten. Das Wasser war warm und kristallklar. Die Gewässer der Balearen sind fast so klar wie das Wasser in den Bahamas und oft sahen wir den Grund bereits bei 15 m völlig klar. Über Sand hat das Wasser auch die gleiche leuchtende Türkisfarbe.

Am nächsten Tag trieb uns immer mehr auffrischender Wind bereits vor Sonnenaufgang zurück nach Ibiza, dem einzigen richtig geschützten Hafen. Zwei Tage später war der Wind wieder abgeflaut und wir hatten vom Touristenrummel am Hafen genug. Mit gutem Wind segelten wir schon in der Nacht los und kamen so noch bei Tag nach Puerto do Andraitx auf Mallorca. Im Hafen selbst liegt man sehr ruhig und geschützt, aber die Einfahrt zwischen senkrechten Felswänden war sehr rauh. Reflektierende Wellen erzeugten bei auflandigen 7 Windstärken ein chaotisches Wellenbild.

Wir versuchten die Adresse von Jochen und Ulli von der TO-Yacht Tagträumer herauszufinden. Wir hatten 1990 zuletzt mit ihnen am Funk gesprochen. Seit 1989 hatten wir oft Kontakt gehabt, uns aber nie persönlich kennengelernt. Sie hatten ihr Boot verkauft und sich auf Mallorca niedergelassen, das waren die letzten Nachrichten gewesen.

Am gleichen Abend werden wir von der Pier aus an Deck gerufen. Jochen und Ulli hatten plötzlich das Verlangen nach einem Hafenspaziergang und da sahen sie die "ARION". Einige Tage später, wir hatten inzwischen die Crew gewechselt und meine Nichte Marianne mit Freund Michael waren an Bord, besuchten wir die beiden Ex-Segler in ihrem schmucken renovierten Bauernhaus in einem kleinen Ort zwischen den Bergen hinter Andraitx.

Mit unseren neuen Gästen an Bord segelten wir rund Mallarco und zum Naturpark der Insel Cabrera.

Die Geschichte von Cabrera ist nicht nur eine Geschichte der Piraten und der gefangenen napoleonischen Truppen, sondern auch ein Stück spanisch-deutsche Geschichte.

Im ersten Weltkrieg kamen immer wieder heimlich deutsche U-Boote in die tiefe geschützte Bucht. Sie bunkerten Frischwasser und kauften bei den Fischern und Bauern Frischverpflegung ein. Das neutrale Spanien konnte das nicht dulden und mußte, schon um einer britischen Intervention vorzubeugen, etwas dagegen unternehmen.

Die Briten werden wohl Fraktur mit ihnen geredet haben, was Wirkung zeigte. Man war damals noch etwas direkter (aufrichtiger) als unsere heutigen "feinen" "rücksichtsvollen" "verständigen" Diplomaten, die ....

1916 nahm daher das spanische Militär die Insel in Besitz und die Bewohner wurden alle enteignet. Seit es keine Militärübungen mehr gibt, entwickelte sich die Natur noch ungestörter und so wurde ein Naturpark geschaffen, wohl der einzige besuchbare Naturpark in Militärbesitz.

Ein Jahr hatte es auf den Balearen nicht mehr geregnet, doch bereits an ihrem ersten Urlaubstag gab es den ersten Regen. Einige Tage später hatten wir richtige Unwetter mit Sturm, die aber endlich das Rigg von Sand und Dreck befreiten und die Leinen wieder "kuschelweich" machten.

Weiter Kapitel 15

 
 
Home Faszination des Segelns Unsere große Reise Urlaub auf der ARION Unsere Yacht Inseln der Adria Links