Ein Reisebericht
in Briefen
In unregelmäßigen
Zeitabständen wird hier ein Vorabdruck meines Buches für interessierte
Fahrtensegler, und solche die es werden wollen, zu lesen sein. Schauen
Sie bitte regelmäßig auf diese Seite und Sie können sich
ein reichlich illustriertes Buch selbst ausdrucken.
Für meinen ehemaligen Kommandanten
Fregattenkapitän Albrecht Schmackpfeffer,
der mir die wesentlichen Grundsätze der Schiffsführung beibrachte.
©
Karl Reichart 1997
V O R W O R T
Für Segler, die auszogen, die Welt zu umsegeln, kamen wir in all den Jahren nicht weit. Wir lebten nur unsere Träume! Wer fühlt sich nicht manchmal reif für die Insel, möchte aus dem Alltag ausbrechen und beginnt zu träumen ?
Wir zogen aus, die Erde zu umsegeln, aber wir fanden sie zu groß, zu schön und zu vielseitig, um nur um sie herumzuhuschen. Aber unsere Jugendträume gingen in Erfüllung, wir reisten jahrelang mit unserer Yacht über die Meere und besuchten ferne Länder. Wir lieben es beide, andere Menschen kennenzulernen und noch ursprüngliche, nicht überlaufene Orte zu besuchen. Wir sind der Ansicht, daß man dies am besten mit einer Fahrten-Segelyacht unternehmen kann. Statt Rekorde und gekaufte Souvenirs zu sammeln, sammelten wir Erfahrungen, Erinnerungen und Freunde. Doch wie fing alles an?
Wenn man von einem Bauernhof in den Allgäuer Alpen stammt, kann man von Seefahrt nur träumen. Aber auch Träume haben irgendwo ihren Ursprung.
Kann man Empfindungen, Sehnsüchte, Denkweisen erben? Man kann es scheinbar, und damit beginnt die Geschichte 1935 in Santander. Meine jetzt 92-jährige Mutter war als Au Pair 2 Jahre bei einer Familie in Spanien. Ich erinnere mich gut, was sie uns als Kinder von damals erzählte:
Sie stand auf der Hafenmole von Santander und schaute den Schiffen nach. "Wenn ich ein Junge wäre, würde ich auf einem dieser Schiffe zur See fahren", das waren ihre Gedanken.
Auf
dem elterlichen Hof, der seit 1432 im Besitz der Familie ist, also eine
sehr landgebundene Tradition, verwendete ich jede freie Zeit mit Lesen.
Ich versteckte mich auf dem Holzstoß unter dem Vordach des Schuppens
und las z.B. "Edgars große Reise", "Die Schatzinsel" und Felix Graf
Luckners "Seeteufels Reisen". Mit 10 Jahren baute ich meinen ersten Dreimaster,
alles aus Materialien, die auf einem Hof so vorhanden sind: 1 m Dachrinne
als Rumpf, Brettchen, Haselnußstäbe, ein altes Leinentuch usw.
Unser Hof liegt auf 1000 m Höhe, so schwamm das Schiff im Brunnen
vor dem Haus, von den mißtrauischen Kühen beobachtet.
Nach dem Abitur fuhr ich mit einem alten VW nach Marokko, meine erste Auslandsreise und zum ersten Mal sah ich das Meer. Die Verpflichtung für den Dienst in der Marine war allerdings schon lange vorher unterschrieben.
Mit dem Eintritt in die Marine, Crew X/68, begann die eigentliche Seefahrt.
Dieses
Boot wurde später verkauft und segelte in 5 Jahren um die Welt. Es
war bereits für lange Seereisen gebaut worden und bewährte sich,
aber wir hatten von Anfang an die Idee, ein zweites größeres
Boot zu bauen, träumten den Traum also immer weiter.
Im Juni 1988 begann endlich das große Abenteuer. Unsere Berufe als Exportleiterin und Rauschgiftfahnder waren aufgegeben worden, die Marine hatte mich als Korvettenkapitän d.R. aus der Alarmreserve entlassen und wir hatten ca. 5 Jahre Zeit (Geld) die Welt anzusehen.
E I N L E I T U N G
Wir segelten in unseren Urlauben mit der Sloop "Bellatrix II" in der Adria und suchten bereits nach einem nächsten Boot. Mehrere Werftbesuche verliefen nicht zufriedenstellend. Die Boote entsprachen nicht unseren Vorstellungen, oder sie waren als Kasko bereits viel zu teuer für uns. Mein Freund Wolfgang fand 1979 auf der Messe in Hamburg die Lösung: Ein Colin Archer Typ aus Stahl zu einem guten Preis.
Die Anlieferung des Rumpfes im Frühsommer 1980 mit Polizeibegleitung und Bußgeld für den Spediteur, war bereits ein Abenteuer für sich und über die folgenden 3 harten Jahre Schiffbau plus Beruf, ließe sich auch viel berichten.
Am 2.6.1983 war dann Schiffstaufe und Dianne hatte
mit folgendem Gedicht unsere Freunde dazu eingeladen.
Nach drei Jahren Arbeit ist's endlich soweit:
Unser Schiff ist jetzt fertig für die Reise
weltweit.
Drei Jahre lackiert, geschweißt und gestrichen,
Gesägt, Maß genommen, geklebt und geschnitten,
Entworfen, genäht, geflucht und geschwitzt,
Verkabelt, gerechnet, gekauft und stiebitzt,
Verzweifelt, gefreut, geträumt und genossen,
Mal hoch in den Masten, dann Bleibarren gegossen.
Ob Regen, ob Sturm, ob Schnee oder Sonne
Immer 'ran an die Arbeit, nicht immer mit Wonne.
Ohne Hilfe von Freunden wir wär'n noch nicht
klar,
Jeder hat uns geholfen, ob weit oder nah:
Geschäfte vermittelt, und Waren gefahren,
Post angenommen, geholfen in Scharen,
Mit Muskelkraft und Rat und Tat
stand jeder willig und gern parat.
Zum Dank laden wir Euch alle jetzt ein
Zum Bier und Limo, Würstle und Schwein,
Zur feierlichen Taufe wird 'ne Rede gehalten,
Champage zerschlagen und Sirenen geschalten.
Gefeiert kann werden bis spät in die Nacht,
Wenn Gewitter ausbleiben und das Wetter mitmacht.
Am zweiten Juno findet es statt
Beim Haas im Gelände um 11 Uhr glatt.
Wir freuen uns sehr wenn alle hinkommen
und Kinder und Gatten werden mitgenommen.
Bitte sagt uns Bescheid, ob ja oder nein,
Zur Ermittlung der Größe des zu grillenden
Schwein.
S-Bahn-Fahrer werden in Lochhausen geholt,
Damit kein Führerschein auf'm Heimweg sich
trollt.
Sollte das Wetter sich richtig austoben,
Wird dann die Feier auf den 4. verschoben.
Im Kreise von 78 Gästen wurde es ein rauschendes Fest bis in die Morgenstunden und oft wurden wir nach dem Ursprung des Schiffsnamens gefragt. Die Namensgebung eines Schiffes bedarf ja besonderer Sorgfalt und wir wollten da keine Fehler begehen.
Sohn des POSEIDON und der Nymphe Onea, war ein Meister des Leierspiels und erdachte das Versmaß des Dithyrambus zu Ehren des Dionysos. Eines Tages erteilte ihm sein Mäzen PERIANDER Herrscher von Korinth widerwillig die Erlaubnis, eine Einladung zu einem Musikwettbewerb in Sizilien anzunehmen.
ARION errang dort den ersten Preis und seine Bewunderer überschütteten ihn mit reichen Geschenken, die die Gier der Schiffsmannschaft bei der Heimreise nach Korinth erregten.
Ein Traum zeigte ARION die Gefahr, die Götter sagten ihm darin aber auch, daß er nicht verzagen solle, sie würden ihm ein rettendes Zeichen senden.
Wie ARION von der gierigen Mannschaft ergriffen wurde, bat er den Kapitän, noch einmal die Leier spielen zu dürfen. Zu den Klängen der Musik erschienen plötzlich springende Delphine um das Schiff, ARION erblickte darin das versprochene Zeichen und sprang in seinem Künstlergewand in die See.
Ein Delphin trug ihn auf seinem Rücken reitend bis nach Korinth und gab sein Leben für ihn, wie er ihn bis auf den Strand trug.
König Periander wurde das Geschehnis berichtet und er ließ über die Rettung ARIONs hocherfreut ein Denkmal für den Delphin errichten.
Als danach das Schiff ebenfalls eintraf, befragte der König den Kapitän nach dem Verbleib ARIONs und bekam ausweichende Antworten.
Der König befahl, daß die Besatzung beim Standbild des Delphins die Wahrheit ihrer Aussagen beschwören sollte. Als alle schwörten, Arion sei in Sizilien geblieben, trat dieser in seinem Künstlergewande hinter dem Denkmal hervor.
Erschrocken über seine unerwartete Erscheinung, gestanden sie ihre Schuld und erzürnt lies sie der König kreuzigen.
Daraufhin setzte APOLLO den DELPHIN und die LEIER als Sternbilder an den Himmel.
In San Giorgio stellten wir zum ersten Mal die Masten und ich atmete sichtlich auf, wie das Boot auf ebenem Kiel schwamm. Drei Jahre Arbeit waren vom Erfolg gekrönt.
Wir hatten beide in unseren Berufen gearbeitet und zusätzlich abends und an Wochenenden ebenfalls hart am Boot gearbeitet. Unzählige Stunden waren für das ferne Ziel geopfert worden. Die Jungfernreise wurde zum großen Spaß. Alle Anspannung löste sich in Erleichterung und Freude auf.
Unsere weiteren Pläne waren noch unbestimmt, aber nach Erreichung des Etappenzieles wurden wieder konkretere Pläne geschmiedet. Eine große Reise war immer in unseren Gedanken, aber jetzt planten wir eine Weltumsegelung, wollten dafür Geld sparen und in der Übergangszeit die ARION für Urlaube in der Adria nützen. Sehr vielen Freunden wuchsen während dieser Jahre die Seebeine auf der ARION und sie sind dem neuen Medium im Urlaub treu geblieben. So war unser Vorhaben von Anfang an immer in den engen vertrauten Kreis der Verwandten und Freunde integriert gewesen.
Jeder nahm intensiven Anteil am Vorhaben und das brachte mich auf die Idee, diese Verbindung zum Gegenstand eines Reiseberichts zu machen.
Die intensivste Verbindung waren während unserer Reise die Briefe an die Familie.
Um die Briefe an zu Hause verstehen zu können,
muß man zunächst die Beteiligten kennen, ich möchte sie
hier vorstellen:
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R E I S E B E R I C H T in Briefen an die Familie
Das folgende Buch entstand entlang des langen Weges
jeweils am Ort des Geschehens, Erlebens und Empfindens unmittelbar und
wurde nicht erst nach dem Ende der Reise für eine Zielgruppe zurechtgefeilt.
Es bietet daher dem Leser, vor allem den Seglern darunter einen detaillierten
und ehrlichen Einblick in den Alltag eines Fahrtenseglers.
Zum Aufbruch
Am elften Mai
ist Open House
(An Himmelfahrt
Da schläft man aus)
Die Tulbeckstraße
Fifty-Two
Ab achtzehn Uhr
Da geht's recht zu.
Wir bitten Euch
Wer kommen kann
Der greift zum Phone
und ruft kurz an