Kapitel 1
Vor dem großen Aufbruch

 Das Jahr 1988 begann für uns mit viel Unrast und Veränderungen. Die Auflösung der Arbeitsverhältnisse war selbst bei mir - als Beamten auf Lebenszeit - noch am einfachsten. Die Auflösung der Wohnung verlief dann plötzlich viel schneller als geplant, denn das Haus sollte verkauft und abgerissen werden. Alle Mieter waren einverstanden, eine Abfindung erleichterte den Entschluß, aber wir waren damit vorzeitig ohne Wohnung. Unsere Freunde ließen uns aber auch damit nicht im Stich und so wohnten wir erst einmal 6 Wochen im Haus meines Marinefreundes Friedel in München Waldperlach und dann 6 Wochen in der Wohnung des Segelfreundes Karl, der mit seiner Segelyacht "Koala" bereits in der Türkei segelte. Weil soviel Umbruch mich nicht auslastet, half ich erst beim Umbau des Hauses in Perlach und brachte dann die Altbauwohnung in der Tulbeckstraße auf moderneren Standard. Für die letzten 14 Tage hatte ich mir noch einige Arbeiten auf dem Hof meines Bruders im Allgäu vorgenommen. Dreißig Meter Gartenstützmauer sollten neu betoniert werden. Beim Einschlagen des letzten Pfahles der Verschalung passierte es. Ein Mißverständnis, noch ein weiterer Schlag mit dem 5 Kg Hammer, ich wollte gerade die linke Hand vom Pfahl wegnehmen, da war der Daumen schon breit. Es war nichts mehr zum Nähen, der Knochen gebrochen, steriler Verband, röntgen und einige Tage banges Warten, ob der Daumen entfernt werden muß, oder brauchbar abheilt. Mit der Hand in der Schlinge dirigiere ich danach oft ungehalten Dianne und meinen Bruder, die das Werk vollenden müssen. Einhand liegt mir in keinster Weise und doch muß ich die Reise "einhand" beginnen.

Dianne fährt uns an Bord, mein Schwager bringt das Auto zurück, wir sind an Bord und vom gewohnten Leben abgenabelt.

Das große Abenteuer, ein selbstbestimmtes Leben mit ganz unmittelbarer Verantwortung für das eigene Tun beginnt.

Die jetzt folgenden Kapitel sind kein normales Buch. Sie sind kein normaler Reisebericht, der entweder bereits von vornherein als solcher geschrieben wurde, oder aber erst lange nach den Erlebnissen entstand. Der nun folgende Bericht ist eine Sammlung von Briefen und Postkarten, die jeweils unter dem oft mächtigen Eindruck der Erlebnisse unmittelbar vor Ort entstanden sind.

Für den interessierten Segler bietet sich ein detaillierter ehrlicher Einblick in den Alltag des Fahrtenseglers.

Yugoslawien

 Ein Opfer für RasmusZwischen Umag und Piran, 1.7.88

Liebe Brigitte, lieber Sepp,

Vielen Dank für Eure Besorgungen und für die Erledigung der ganzen Post- und Geldangelegenheiten. Gerade jetzt zu Beginn unserer Reise ist so vieles noch nicht Routine und somit echte Mehrarbeit für Euch und unendliche Erleichterung für uns. Wir wissen diese rückwärtige Unterstützung sehr zu schätzen, denn vor Ort gibt es auch noch viel zu regeln. Aber wir sind glücklich, daß das große Abenteuer nach so viel Vorbereitung jetzt begonnen hat.

Die Kühlanlage lief endlich am Freitag abend. Donnerstag nachmittag hat der Mechaniker 3 Stunden gearbeitet, Freitag vormittag wieder 4 Stunden. Der Elektrokompressor wurde ausprobiert und lief, der Mechaniker fuhr daraufhin weg. Dann probierten wir den mechanischen Kompressor und der lief nicht. Nach 3 Anrufen kam der Mechaniker wieder und hat nochmals mehrere Stunden gebraucht, aber der Fehler lag bei ihm.

Der berühmte Gemüsehobel von Franziska schneidet wie der Teufel. Ich habe prompt den Finger hineingebracht, so daß auch ich zeitweilig zu den Einhandseglern gehörte. Im Hafen haben sich alle köstlich amüsiert, wie wir zu zweit daherkamen, jeder mit Verband. Aber jetzt haben wir beide keinen Verband mehr. Ich gehe wieder baden und Karls Daumen verheilt auch gut. Jetzt geht der Nagel langsam ab. Er kann wieder zupacken.

Gestern haben wir einer Motoryacht geholfen. Sie haben den Anker nicht aus dem Grund bekommen. Wir gingen längsseits, nahmen die Kette über unsere Winsch, aber der Bug tauchte ins Wasser anstatt daß der Anker hoch kam. Ich ging also ins Wasser, kam aber bei 8m nicht ganz 'runter, weil ich den Druckausgleich in den Ohren nicht geschafft habe. Ich konnte jedoch den Anker sehen und es war kein Grund erkennbar, wieso er nicht hochkam. Letztendlich kam er hoch, eine Fluke total verbogen: Da war wohl der große grüne Steinbeißer unten!

Von Novigrad nach Rovinj segelten wir eine Nacht durch. wir liefen nach dem späten Essen an Land aus. Es war wirklich schön. Fast Vollmond und 4 Knoten Fahrt unter Segeln. Nach und nach verschwand die Crew in den Kojen, bis nur wir beide auf waren. Nach Sonnenaufgang ließ der Wind dann nach und drehte wieder wie tags zuvor auf Süd.

In Porec waren wir wieder beim Maler Rafael. Paul hat ein Bild gekauft. Die Wahl war wieder so schwer, weil so viele schöne Bilder da waren. Insgesamt waren mehr Maler da, als im Vorjahr. Einer hat Rafaels Motive (z.B. den Sonnenschirm am Strand) nach gemalt, aber nicht halb so gut.

Sind gestern (2.7.) mittags eingelaufen und warten jetzt auf Inge und die Kinder. Mike kommt wegen der Firma erst später nach. Die Füssener sind gestern nicht mehr gefahren und haben geholfen, das Faß Bier von Wolfgang zu trinken. Wolfgang und Biggi kamen überraschend mit dem Wohnmobil um uns zu verabschieden. Jetzt sind wir alle etwas wackelig, auch meine Schrift, aber die ist ja auch sonst nicht gut.

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(Postkarte von Rab) 13.7.88

Liebe Mutti,

Wir sind z.Zt in Iz Veli auf der Insel Iz. Alles an Bord läuft gut und die Zeit vergeht im Fluge. Wir hatten bis jetzt immer herrlichen Segelwind und seit Italien kein Gewitter mehr. Am letzten Tag in Grado gab es allerdings noch ein sehr heftiges Gewitter mit viel Sturm. Wir hatten aber einen guten Liegeplatz im Hafen. Heute segeln wir in die Kornaten. Vorgestern segelten wir bei leichtem Wind von Susak aus bis in die Nacht hinein. Es gab einen wunderbaren Sonnenuntergang bei völlig klarem Horizont. Eine glühende Scheibe versank richtig im Wasser. Bei 8 Personen an Bord gibt es auch immer zu tun, daher noch kein Brief.

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Rogoznica, 18.7.88

Liebe Eisenberger!

Wir sind gestern am späten Nachmittag bei sehr viel Wind und Seegang hier angekommen. Wir waren vorher in Murter und Skradin gewesen. Die ganze Fahrt ist bis jetzt für uns sehr gut verlaufen, aber wir haben in den letzten Tagen bei anderen Hilfe leisten müssen. In Murter trafen wir den Österreicher Michel, der dort arbeitet und kein eigenes Boot mehr hat. Wir ankerten die zweite Nacht dort hinter einigen Inseln und grillten und tranken Faßbier. Michel kam mit einem Boot seiner Firma nach Feierabend längsseits. Wie wir ihn nach Mitternacht mit "Front nach Bb pfeifen" verabschiedeten, schauten unsere Bootsnachbarn - es ankerten außer uns noch 2 Deutsche dort - noch raus und redeten mit uns. Wir tranken dann noch etwas vor dem Schlafengehen und wie es meine Gewohnheit ist, schaute ich noch eine Runde an Deck. Ich merkte, daß beide Boote bei dem jetzt stärkeren ablandigen Wind abtrieben. Zuerst geschah auf beiden Booten nichts. Wir zogen das Nebelhorn und einer machte daraufhin Licht und fuhr zurück. Das andere Boot trieb weiter auf die gegenüberliegende Felsküste, bzw. an der Kante vorbei aufs offene Meer. Wir schossen eine Blitzknall Patrone direkt über das Boot - keine Reaktion. Im tieferen Wasser trieb es schneller, da der Anker nicht mehr über dem Grund schleifte. Im Radar sah ich dann, daß das Boot genau auf die Felsen einer Insel zutrieb. Es war ein Ehepaar mit Kindern (10 und 13). Wir gingen also sofort Anker auf und fuhren schnell hinter dem Boot her, das unbeleuchtet bei Neumond trieb, ich konnte es aber im Radar gut sehen. Es war bereits so nahe an den Felsen, daß wir es rückwärts an unserem Bugkorb hängend abschleppen mußten, bis wir frei waren. Mike war auf das andere Boot gegangen, hievte den zu kurz gesteckten Anker hoch und es war von den Leuten immer noch nichts zu sehen. Ich hatte schon den Gedanken an eine Gasvergiftung an Bord, wie ich Mike unter Deck schickte. Er dachte das gleiche und war froh wie er die fest schlafenden Eltern wecken konnte. Er war ein Rechtsanwalt aus Groningen, der trotz geringster seemännischer Erfahrung ein Boot gechartert hatte. Es wäre wahrscheinlich in der Brandung ein Totalverlust geworden, bei 40 m Tiefe direkt an den Felsen.

Gestern haben wir vor Rogoznica bei schwerem Seegang 2 Buben mit einem Schlauchboot geborgen und in die Bucht geschleppt. Sie hatten kein Benzin, keine Paddel und eine völlig defekte Benzinzuleitung. Mit Limonade, Benzin, Plastik und Klebeband wurde dann alles wieder in Ordnung gebracht. Ein anderes Boot war direkt vor uns vorbeigefahren.

In Skradin darf man nicht mehr in den Wasserfällen baden. Bei der Brücke hinter dem Ort sperrt ein Ponton den Fluß und die 15m breite Durchfahrt darf ab übermorgen nicht mehr von Privatbooten durchfahren werden. Der Nationalpark als neue Geldquelle macht also Fortschritte. Das Alu- und Stahlwerk oberhalb der Fälle arbeitet aber immer noch ohne Filter. Wir sind wieder mit einem Leihboot von Mate, dem Hafenwirt, gefahren, zum Abschied schenkte er uns eine Flasche Schnaps und meinte wir sollen an ihn denken, wenn wir sie trinken. Sonst gibt es nichts zu berichten, an Bord läuft alles ganz normal und das Wetter ist gut wie immer, blauer Himmel und bei nördlichen Winden angenehme Temperaturen.

Gestern abend fuhr ich mit Mike per Schlauchboot in den Ort. Bei einem Fischer kauften wir für ca. 14 DM (18000 Dinar) 2 Kg Scampi. Heute mittag gibt es Scampi Buzara.

Bei Gelegenheit werden wir auch noch mal telefonieren. Ihr könntet auch mal einen Amateurfunker "Arno" anrufen. (Tel. Nr. liegt bei). Sagt ihm, daß wir oft um 12 Uhr sein Funknetz hören mit den guten Wetterberichten von "Heinz", dem wir für seine nette Art am Funk danken möchten. Da wir eine Seefunkstelle haben, können wir auf der Amateurfrequenz 14313 KHz nicht senden. Wir haben aber die letzten Tage oft mit einem anderen "Transocean"-Segler bei Bornholm über Funk gesprochen; auch schon mit Frachtern bei Island. Unsere neue Kurzwellenstation ist eine feine Sache.

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(Postkarte von Erika aus Hvar), Marina Palmizana, 26.7.88

Liebe Tante Liesel,

In Hvar hat eine tückische Welle (Bugwelle eines großen Dampfers) beim an der Pier liegenden Schiff den Heckspriet abgeknickt. Hier in 3-stündiger Arbeit von Karl mit Hilfe Diannes geschweißt. Nun fehlt nur noch Farbe. Im übrigen Meer, Pinien, Zikaden, Wonne, Sonne...

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 Italien
An Bord, 27.8.88

Liebe Oberdeuscher und Eisenberger!

Der Einfachheit halber schreiben wir einen Brief an Euch alle zusammen. Das spart Wiederholungen und Porto. Heute sind wir in Manfredonia angekommen, einer sehr alten Stadt, die von König Manfred von Sizilien, Sohn Friedrichs II., gegründet wurde. Wir segelten bei blauem Himmel und gutem achterlichen Wind langsam entlang der herrlichen Küste des Gargano. Zuerst nur mit Großsegel, dann die längere Strecke unter Blister. Jetzt liegen wir im Handelshafen an einem Kümo festgemacht.

 

In den Wanten wird Tausendbein befestigtIn Split wurde es nach der Abreise von Otto, Erika, Anju, Cornel und Martin, unserer letzten Sommerferien-Crew sehr ruhig und fast einsam nach den geselligen Wochen mit den verschiedenen Familien. Das gute Wetter kam dann auch noch abhanden und am Sonntag abend wurde ich klatschnaß wie ich bei einem Nachbarboot die Rollfock in der Gewitterbö festmachte. Am Montag regnete es fast durchgehend in Strömen. Wir gingen in Ölzeug zum Einkaufen, mit Sandalen, damit das Wasser gleich wieder ablief. Auf der Fahrt von Split nach Hvar hatten wir dann mehr Wind als notwendig, wir wurden kräftig bei den Manövern mit Seewasser geduscht. Das ganze Schiff war voller dicker Salzkristalle. Am nächsten Tag segelten wir nach Vela Luka auf West-Korcula. Unterwegs trafen wir noch Peter von der Trans-Ocean-Yacht "Pegepewi", wir hatten zuvor Funkkontakt. Wir trieben nebeneinander für ein Schwätzchen von Bord zu Bord. Jetzt hören wir uns immer am Funk auf Kurzwelle. Peter ist heute bereits in Ist. In Vela Luka gingen wir anläßlich unseres 14. Hochzeitstages zum Scampi-Essen in ein nettes Lokal, das einen völlig von Weinstöcken überwachsenen Garten hatte. Am nächsten Morgen standen wir um 4 Uhr auf und liefen noch bei Dunkelheit aus. Wir segelten, bzw. motorten an zwei unbesiedelten Inseln vorbei, die jeweils große bemannte Leuchttürme haben. Diese Inseln Susac und Palagruza sind sehr schroff, nur Fels und selbst in den Buchten über 100m Wasser. Während der Überfahrt, die ausgesprochen windschwach war, sahen wir bereits an den Wolken und dem fallenden Barometer, daß wieder etwas im Anzug war. Wir waren daher froh, daß der Hafen von Vieste neu ausgebaut wurde und zwei neue riesige Molen hat. So lagen wir absolut geschützt am Steg des Yachtclubs. Morgens um 4 Uhr stieg dann das Barometer schlagartig an (am Barographen eine senkrechte Linie) und eine Gewitterfront ging mit 8 Bft und viel Regen über

uns weg. Der Vorteil war, daß so das ganze Salz wieder abgewaschen wurde. Am gestrigen Tag stürmte es morgens und so blieben wir im Hafen. Wir nutzten den Tag zur Stadtbesichtigung von Vieste. Dabei sahen wir in einem Geschäft ein zerlegbares Tandemfahrrad für 540 DM und kauften es. So sind wir jetzt für Landausflüge mobil. Das Ding faszinierte uns durch seine Stabilität und Zerlegbarkeit. Zerlegt ist es nur noch 80 x 68 x 35 cm groß, Dianne wird eine Tasche aus der alten Plastikpersenning nähen.

Der Clubhafen in Vieste war so flach, daß wir bei Niedrigwasser und Schwell von Motorbooten ganz leicht auf dem weichen Sandboden aufsaßen. Der zweite Nachteil des Hafens wurde uns bei der Abfahrt klar. 60.000 Lire für 2 Nächte, das ist Seeräuberei, was ich denen auch sagte. Da wurde auch klar warum sie uns so freundlich an die Pier winkten und halfen. Wir wollten eigentlich im tieferen Teil des Hafens ankern. Allerdings hielt der feine Sand für den Anker schlecht und dort an der Yachtclubpier hatten wir eine Tonne zusätzlich. Aber 60.000 in einem Club ist zuviel. Die Bootsnachbarn waren allerdings sehr freundlich und nett. Die Italiener sind hier alle wieder nett und freundlich, warum sind sie in Jugoslawien als Urlauber solche Deppen? Heute suchten wir erst lt. Handbuch einen Platz in der Ecke des großen Hafens, wo der Yachtclub ist, dort wollten sie allerdings gleich 40.000 Lira / Nacht. Da zogen wir gleich rückwärts aus dem engen Hafeneck wieder heraus. Der Kapitän eines Kümos war dann so freundlich, daß er uns sogar mit seinem Auto in die Stadt mitnehmen wollte, die Pier ist sehr lang - alles Freihafengebiet - und der Weg in die Stadt recht weit.

Von Manfredonia aus gingen einige Kreuzzüge ab und die Stadt ist völlig regelmäßig angelegt. z.Zt. ist alles geschmückt und viel Volk auf den Beinen, denn es ist eine Festwoche zum Patroziniumsfest der Kathedrale. Die Stadt liegt unmittelbar am Abhang des Gargano und über der Stadt auf dem Berg liegt die Stadt Monte San Angelo, wo sich eine riesige frühchristliche Höhlenkirche befindet - dort in der Höhle soll bereits im 4. Jh. einem Hirten der Erzengel Michael erschienen sein. Da es der hiesige Bischof nicht gleich kapierte, soll auch ihm noch dreimal der Erzengel erschienen sein. Nachdem die Erscheinungen richtig begriffen worden waren, wurden sie zu einer wirtschaftlichen Goldgrube. Letztlich leitet sich sogar der Deutsche Michel angeblich vom Erzengel ab. Gargargano und Apulien sind eine geschichtliche Fundgrube. Wir wollen auch noch Castel del Monte von Friedrich II besuchen. Das hiesige Kastell ist von seinem Sohn und auch noch gut erhalten.

Ihr habt den in Split gekauften Führer über Dalmatien vergessen. Wir schicken ihn zusammen mit dem von Ston. Er war sehr interessant zu lesen und so war es ganz gut, daß Ihr ihn vergessen hattet. Eure Fahrt nach Deutschland verlief hoffentlich problemlos. Wir haben die Tage in Split zu Arbeiten benutzt und die Passatbäume endlich an den Mast montiert, die zwei Stück Tausendbein am Besan festgemacht und am Großbaum endlich die extra Reffwinsch unter den Baum genietet. Am nächsten Tag wurde sie gleich gebraucht. Bei wenig Händen braucht man gute Winschen! Ölwechsel und Bilgenreinigung standen auch noch auf dem Programm, aber alles im "italienischen Schnellgang".

Jetzt haben wir gut zu Abend gegessen, Dianne kochte an Bord und wir sitzen im Salon, hören Musik und während ich schreibe liest Dianne im Dumont-Führer über Gargano und Apulien. Dieser Staufferburg Friedrichs II.Führer geht sehr stark auf Geschichte und Kunst der Gegend ein. Im Moment studiert sie die Grundrisse der Staufferburgen.

Wie wir heute ganz dicht entlang der Küste segelten, sahen wir nicht nur die steilen Kalksteinklippen mit den tief ausgewaschenen Höhlen, sondern leider auch viele Waldbrände. Offensichtlich löscht daran auch niemand, solange es nicht eine Siedlung bedroht. Der Umgang mit der Natur ist gerade hier im Süden oft erschreckend gleichgültig. Oberhalb der Stadt auf den ersten Hängen des Gargano sahen wir heute schon beim Näherkommen Rauch, und nach Sonnenuntergang auch das Feuer selbst. Aber keinerlei Löscharbeiten. Da paßt es dazu, daß eigentlich wildlebende Singvögel in der Stadt in winzigen Käfigen auf den Balkonen pfeifen müssen.

Letzte Nachrichten für den Fish-Mac (Spitzname für meinen Neffen und Fischliebhaber Christian) - gestern haben wir Marmorbrassen gegessen, selbst gebraten aber nicht gefangen und in einem Fischgeschäft hatten sie Schwertfisch. Die Steaks davon sind wie Haisteaks ohne Gräten, nur teurer.

 

Die Kathedrale von TraniTrani 28.8.88

Heute gleich 2 ausländische Flaggen am Steg - CH und D - in Trani. Wir wollten eigentlich nur bis Barletta, aber dann war der Wind so schön, daß wir weitersegeln wollten. Eigentlich noch weiter, aber dann schlief der Wind doch wieder ein und so schauten wir nach Trani rein. Laut Handbuch kein besonders sicherer Hafen, aber wir hatten bereits von See aus gesehen, daß die Molen verlängert worden waren. Wie wir durch die neuen Molen, durch den Außenhafen in den Innenhafen kamen, stellten wir fest, daß ein Gemeindehafen mit Schwimmstegen ins alte Hafenbecken gebaut worden war. Drei Tage Liegen mit Wasser und Strom gratis, dazu alles abgesperrt und 24 Stunden bewaffnet bewacht. Die neue Mole sehr massiv gebaut, für Italien alles ungewöhnlich gut gemacht und organisiert. Aber Trani ist überhaupt eine ganz besondere Stadt. Erste Kirchenbauten um 600 n. Ch., dann ständige Bautätigkeit bis ins späte Mittelalter. Die Kathedrale steht über einer früheren Unterkirche, die wiederum über einer Krypta steht. Die Kathedrale wurde 1160 begonnen und erst ca. 250 Jahre später fertiggestellt. Wir haben heute nur einen schnellen Abendrundgang gemacht nach dem Einlaufen und vor der Dunkelheit. Das was wir da gesehen haben war einfach überwältigend. Gleich hinter der Kathedrale steht auch noch ein großes Kastell von Friedrich II.. Die Plätze, Kirchen, Klöster, Paläste bzw. Patrizierhäuser sind alle sehr gut erhalten und mangels Luftverschmutzung am Meer sehr sauber, d.h. der Stein ist hell und nicht schwarz wie bei uns der Kölner Dom. Wir sind von der Stadt ganz begeistert. Nachdem uns der Gargano mit seiner Natur faszinierte, beeindruckte Manfredonia durch sein Stadtbild am Fuß des Gargano, aber Trani ist einfach herrlich. In der abendlich roten Sonne waren die Steinbauten natürlich auch noch besonders gut beleuchtet. Morgen werden wir dann in hellem Tageslicht noch einmal zum Filmen gehen und das aufnehmen, was heute zu dunkel war.

Die kommenden Städte werden zwar auch sehr interessant sein, aber das Schweizer Paar von dem Boot gegenüber hat vor Dieben in den großen Städten gewarnt. Sie sind jetzt gerade von Griechenland gekommen und wurden auch schon bestohlen. Italien ist ein Land von großen Gegensätzen: Nord-Süd, arm-reich, ehrlich-diebisch, freundlich, nett, hilfsbereit - blasiert, affig. Beim Einlaufen kam z.B. ein Motorboot extra zu uns ran und deutete auf die Schwimmstege und sagte "Porto comunale, tre giorni gratis!" Warum stehlen dann die Leute nur 20 Sm weiter alles was nicht festgerostet ist? Gut daß ich so faul bin und nicht jede Schraube an Oberdeck immer gefettet habe.

Wegen der vielen Dinge, die es hier und in der Umgebung zu sehen gibt (wir wollen auch von hier nach Castel del Monte), werden wir morgen hier in diesem vortrefflichen sauberen Hafen bleiben. Die Szenerie, wenn man an Oberdeck geht und in die Runde schaut, ist sehr beeindruckend. Unsere heutigen Architekten scheinen nie in so einer Stadt gewesen zu sein, oder sie haben kein Empfinden für Ästhetik.

Nach einem guten Abendessen haben wir das heiße Wasser der Maschine genutzt und gleich gespült, aber das hat Dianne ermüdet und jetzt liegt sie auf dem Sofa gegenüber und schläft bereits. Bei nur 2 Mann (Frau) Besatzung gibt es beim Segeln ständig was zu tun und das macht auch müde. Wir haben uns jetzt einen etwas anderen Tagesrhythmus angewöhnt und gehen etwas früher schlafen, stehen um 6.30 - 7 Uhr auf und laufen zwischen 8 und 9 Uhr aus, falls Wind ist, aber der ist hier besser als in Jugoslawien.

Heute hatte ich über Funk Kontakt mit Peter vor Mali Losinj und Christian am Peloponnes (Golf von Patras, Eingang). Die hatten beide Flaute und motorten. Arno hörte ich auch wieder am Funk. Das ist alles sehr unterhaltsam, wenn man per Kurzwelle die Entfernungen schrumpfen lassen kann.

29.8.88

Heute wieder blauer Himmel, aber kein Wind und auch keiner in Aussicht. Allerdings kommt schon wieder eine Front zur nördlichen Adria, d.h. hier erst mal Wind aus SO, das ist gegen unsere Richtung. So müssen wir spätestens heute mittag entscheiden, ob wir hier bleiben und in Kultur machen oder heute nachmittag Strecke motoren.

Jetzt gehen wir erst mal in die Stadt zum Filmen und Fotografieren. Und die Post müssen wir auch finden.

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An Bord, Brindisi, 2.9.88

Liebe Allgäuer, alle zusammen!

Wir sind heute in Brindisi eingelaufen. Nachdem wir in Italien zunächst günstige Winde hatten, wurde es jetzt zusehends schwächer und vor allem das Wetter war nicht mehr so stabil. Für Gottfried vielleicht ein Trost. Der italienische Wetterbericht ist noch ungenauer als der vom Bayerischen Rundfunk. Heute lagen z. B. alle Wetterprognosen, außer der eigenen Voraussicht, daneben. Zum Teil beim Wind gleich um 180 Grad, und das ist schon wesentlich. Aber was soll's, wir kamen gut an. Allerdings war der Außenhafen eine einzige Baustelle, so daß wir bei der Einfahrt Schwierigkeiten hatten, die Einfahrt im Dunst genau zu identifizieren. Das ist hier ein riesiger Hafen, aber nach italienischer Art nichts genau befeuert oder ausgetonnt. Ansonsten haben wir mit den Italienern hier bessere Erfahrungen gemacht, als mit den italienischen Urlaubern in YU.

Vorgestern brach der Träger der 24 V-Lichtmaschine. Wir waren gerade vor Bari und so liefen wir dort ein und fanden gleich in der Nähe einen Yachthafen des Uni-Segelclubs. Es war die Sporthochschule mit einem Riesengelände. Wir bekamen vom Vize- Präsidenten, dem Bootsnachbarn, den Stromkasten aufgesperrt und wurden noch dem Präsidenten als Gäste aus Deutschland vorgestellt. Das heißt hier etwas. Der Vize war allerdings vom Club in der Stadt und organisierte uns noch einen Platz im Club dort, weil das Unigelände in der Nacht zumacht und ganz draußen im Hafen liegt.

Im Eilgang besuchten wir dann noch die Sehenswürdigkeiten der Stadt und am nächsten Morgen liefen wir bereits früh aus. Nach etwas Motoren kam Wind auf und wir segelten bis nach Monopoli, wo uns der Wind wieder verließ. Zum Weiterlaufen bis Brindisi war es ungünstig, denn zwischendrin gibt es keine Häfen und die ganze Nacht motoren ist witzlos.

So liefen wir heute in der Früh gleich nach hierher aus. Gestern abend sahen wir das Anlanden von weißem Thun und von Schwertfischen. Das waren riesige Tiere (siehe Postkarte an den Fish-Mac).

Hier ist ab morgen irgend ein Stadtfest im Gange. Wir müssen bis morgen auslaufen, oder an eine andere Mole verholen, wo jetzt noch eine große Fähre liegt. Neben uns liegt die "Tigresse" von dem Schweizer, der in Novigrad neben uns lag, wie ich mit Sepp den Blister montierte. Jetzt ist aber der Bruder an Bord, den ich bis jetzt noch nicht kannte. Er ist Schriftsteller und arbeitet an Bord. Ein günstiger Beruf.

Wir gehen hier nicht beide gleichzeitig von Bord, da wir so viele Warnungen hörten. Es sind allerdings noch andere Yachten da und so fühlen wir uns nicht bedroht. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste im Lande der Mafiosi auf dem Breitengrad von Napoli!

Wie Dianne gerade erzählte, ist mein letzter Brief bereits angekommen. Das ging ja schnell. Ich habe allerdings bereits vor dem Telefonat mit der Schreibmaschine angefangen, nicht erst nach den telefonischen Klagen, wo ich doch eigentlich gut leserlich schreibe und nur den Platz gut ausnütze. Schließlich ist das Porto so teuer, Haha.. .

Über Funk haben wir täglich Kontakt mit Helmut in Apprilia (Lignano) und mit Christian in Griechenland. Diesen werden wir in der Gegend von Athen treffen. Er ist auch Mitglied bei TO. Ein anderes TO-Mitglied hatten wir diese Woche auch schon am Funk. Es war ein Boot in Hamburg und die Verständigung war prima. Am Amateurfunk hören wir auch immer wieder von bekannten Booten. Das sind so richtige Küstenklatschrunden. Helmut gibt uns immer die neuesten Wetterkarten durch. Er hat ein Faxgerät (Faxsimile-Drucker) an Bord. So hilft ein Funker dem anderen mit Informationen. Die letzten Tage hat Dianne gefunkt.

Wenn die Front über Italien heute Nacht durchgeht (die Warmfront ging heute früh um 5.00 Uhr in Apprilia durch) und der Druck wieder steigt, laufen wir morgen nach Otranto und von dort nach Korfu. Im Moment, d. h., seit gestern um 12.00 Uhr ist der Barograph ständig stark gefallen. So tief war er noch nie. In der Nordadria sogar unter 1000 mb = Hectopascal. Am liebsten wäre mir heute Nacht ein Regen. Erstens, damit es kühler wird, wir haben 40 Grad und zweitens, damit das Salz vom Deck und den Aufbauten runtergeht.

In Vieste ging der Wunsch in Erfüllung und es hatte gegossen. Gestern lagen wir auch an einer hohen Handelsschiffspier und der Wind hat uns viel Dreck an Bord geblasen, bis wir längsseits an einen Fischer verholten, weil überraschend noch ein Frachter in den Hafen kam. Wir hatten vorher bei der Capitaneria di Porto noch wegen des Liegeplatzes gefragt, aber am Spätnachmittag kam ein Matrose von der Capitaneria und sagte uns, daß wir verlegen müßten.

Es kam dann ein richtiger Seelenverkäufer rein. Die früher ordentlich aufgeschweißten Buchstaben konnte man noch lesen, ein Pole offensichtlich. Jetzt völlig unpassend "Graziella" mit Heimat-hafen Kingstown/Jamaica - offensichtlich ein ausgeflaggter Italiener mit einer echten Kaschubenbesatzung an Bord - die auch ziemlich blind beim Anlegen war (3. Klasse).

Hier liegen wohl auch wegen des Festes die größten und nobelsten Yachten mit Berufsbesatzung in Weiß mit Schulterstücken usw., ganz arme Amerikaner und Engländer. Neben uns noch ein großer Franzose, der uns sofort beim Anlegen half.

Damit genug für heute, Jetzt räume ich die Schreibmaschine weg und werde vom Schriftsteller zum Koch. Zum Trinker kann ich nicht werden, weil Dianne erst das Bier holt. Habe heute Mittag von einer frisch eingeschenkten Maß "geträumt" - trinkt eine auf mein Wohl!

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Griechenland
Korfu, 06.09.1988
Liebe Eisenberger,

Heute haben wir einen Hafentag in Korfu in der Marina Guvia. Unter Marina muß man sich aber nicht so etwas wie in Italien oder YU vorstellen. Wir haben eine Pier mit Wasser und bezahlen für den Liegeplatz. Sonst sind in Griechenland die Häfen frei. Aber es ist eine schöne, sichere Bucht, gleich bei Korfu, und in Korfu selbst kann man nur zum Einklarieren und Tanken liegen, es sei denn, man ginge in den dreckigen Stadthafen.

Heute haben wir die erste große Fahrt mit unserem Tandem nach Korfu gemacht. Es sind ca. 10 km und da wäre man mit Schuster`s Rappen ganz schön aufgeschmissen. In der Post gab es dann die erste kalte Dusche. Es war keine Post da - ich traue den Brüdern allerdings nicht ganz, ob sie die Buchstaben ins richtige Fach ordnen. Schließlich sind die ihre komischen Buchstaben gewöhnt und beim Durchschauen der Post hat die Frau einen Brief in ein anderes Fach geworfen. Zumindest der war also falsch. Aber sie ließ sich nicht erweichen alle Briefe durchzusehen. Die zweite Dusche waren dann die Seekarten. Nur englische Seekarten für den doppelten Preis der in England verlangt wird. Die billigen griechischen die hätten sie nicht, die seien nicht gut! Also 50,00 DM das Stück. Doch nicht genug damit. Wir hatten gestern einen Scheck eingelöst und nach dem Kurswert gerechnet. Doch wie so oft, wenn es so ungefähr aufgeht, haben wir umgekehrt gerechnet und gedacht, alles wäre herrlich billig. Beim Eintauschen von Bargeld merkten wir dann den Irrtum und alles wurde sozusagen 30 % teurer. Aber das geht immer noch. Gestern sind wir jedenfalls zur Feier des neuen Landes zu Takis in die Taverne gegangen und haben Schwertfisch gegessen. Für uns beide eine Premiere. Mit Salat, gutem Wein und Dessert inklusive Beilagen ca. 27,00 DM. Das geht für einen Touristenort. Hier ist alles englisch und es gibt sehr viele Engländer an Land und auf den Booten.

In Brindisi sind wir erst am Sonntag ausgelaufen. Am Samstag war es recht windig und vor allem stand noch eine starke Dünung. Da wir von der Stadtmole an eine Fährmole gegenüber verholt hatten, hatten wir für das Fest einen richtigen Logenplatz. Zuerst gab es eine farbenfrohe und quirrlig laute Prozession mit Booten, wo der hl. Theodoro von einer Kirche außerhalb des Hafens nach Brindisi gebracht wurde. Die Behördenfahrzeuge fuhren mit Sirenen und Blaulicht, alle Fährschiffe im Hafen zogen ihre Nebelhörner und der Rest von hundert Kleinbooten und Fischern war auch nicht ruhig. Ein echt südländisches Spektakel. Nachdem der Heilige an der großen Freitreppe, dem Ende der altrömischen Via Appia an Land gebracht war, gab es ein riesiges Feuerwerk. Wir haben dabei an Deck zu Abend gegessen und das Lichterspiel genossen. Es gibt auch einen Videofilm darüber.

Am Sonntag liefen wir schon um 6.00 Uhr aus und segelten dann in der aufgehenden Sonne entlang der Küste nach Südosten. Der Kurs nach Otranto und nach Othoni (GR) ist für die ersten 30 Sm fast gleich. Da es so gut lief, entschieden wir, gleich weiter zu laufen in Richtung Griechenland. Der Wind wurde dann noch besser und wir brausten mit 6 - 7 Konten bei rauhem Wind und höher werdender See dahin. Wir hatten blauen Himmel und sehr gute Sicht. Vor Sonnenuntergang kam auf 30 Sm Entfernung bereits Othoni in Sicht. Als es dunkel wurde, refften wir zur Sicherheit und nahmen den Besan weg. Mit richtiger Sausefahrt ging es dann unter einem unwirklich klaren Abend- und Sternenhimmel dahin, nur ab und zu klatschte eine Welle aufs Schiff. Wir waren aber trocken im Steuerhaus. Um 24.00 Uhr ankerten wir dann in der Südbucht der Insel, wo das Wasser zwar wieder ruhig war, aber es gingen ständig Fallböen mit 7 Windstärken in die Bucht. Die Insel ist zwar klein, aber 450 m hoch. Mit Schlaf und Ankerwache vertrieben wir uns den Rest der Nacht. Morgens schlief der Wind ein und wir mußten gestern bis Korfu motoren. Das Einklarieren geht hier nicht so schnell wie in YU, aber mit 1 1/2 Stunden ging es für hier sehr schnell. Hier sind nur die Wirte und Kaufleute fix. Alle anderen sind die Erfinder der Arbeitseinteilung, damit sie möglichst lange reicht. Ich frage mich, wieso die da immer noch Arbeitslosigkeit haben. Aber das ist der Süden.

Jetzt schreibt Dianne weiter. Ich habe dem Karl eine Arbeit angeschafft, auf die Art und Weise ist die Schreibmaschine frei geworden.

Wir treffen immer mehr Leute, die ständig an Bord leben und um so weiter wir nach Süden kommen, um so größer werden die Boote. Man merkt einfach, daß die Leute, die ein trailerbares Boot an irgendeinem See haben und nur im Urlaub ans Meer fahren, doch nicht so weit kommen. Außerdem ist die Saison zu Ende - die Italiener haben immer nur im August frei und bei den Deutschen und Österreichern sind die Schulferien jetzt auch vorbei. Korfu ist fest in britischer Hand, sowohl die Boote, als auch die Pauschaltouristen sind fast durchwegs Engländer. Das hat den Vorteil, daß die Einheimischen alle englisch können, denn das Neugriechisch ist sehr schwer. Wir haben zwar ein Buch mit Kassette zum Erlernen der Sprache, aber über das 1. Kapitel sind wir noch nicht hinausgekommen. Es reicht also nur für Bitte und Danke - und Bier.

Hier scheinen jedenfalls die Leute ehrlicher zu sein, als am Stiefel Italiens. Es ist einfach nicht schön, wenn man immer Angst haben muß, beraubt zu werden. Wir hörten dort wirklich Schauermärchen. Schweizer erzählten uns, daß sie den Hund nur kurz Gassi führten und merkten, daß einer mitging und ganz auffällig neben ihnen stehen blieb, während der Hund am Brunnen trank und ganz laut pfiff, wie sie wieder Richtung Schiff gingen. Inzwischen war der Geldbeutel weg. Bei einem anderen Boot sahen sie, wie einer an Deck etwas abschraubte und sprachen ihn an. Er ging aber erst weg, als der Eigner selbst dazukam. Bei soviel Frechheit kann man nicht genug aufpassen. Andere dagegen waren in Italien riesig nett. Während Karl in Bari den Lichtmaschinenträger ausbaute, habe ich versucht, Keilriemen einzukaufen. In dem Universitätsklub hatten wir einen englischsprachigen Ansprechpartner. Als ich ihn fragte, wo ich Keilriemen kaufen könne, ging er gleich mit. Das einzige -Geschäft, das zu Fuß erreichbar war, hatte Sommerferien. Da sprach er einfach einen anderen an, ob er mich nicht schnell in die Stadt fahren würde. Der klapperte dann mit mir vier Geschäfte ab, bis wir die richtigen Teile hatten. So fühlt man sich als Gast und nicht als Tourist.

Übrigens, die Mode in Italien sieht für den Sommer ein Gewand vor, das wie ein Schlafanzug aussieht - karierte kurze Hose mit Gummibund und kurzärmeliges Hemd aus dem gleichen Stoff. Und das in den poppigsten Farben. Das wäre wirklich nichts für Gottfried oder Sepp ...

Unser Tandem-Fahrrad wird überall bewundert. Andere Segler erkennen sofort den Vorteil, aber auch Nichtsegler haben uns heute in der Stadt angesprochen. Es fällt allerdings sehr auf, denn es ist ratzig-rot und silber und glänzt vor Neuigkeit.

Heute tätigten wir unseren Lebensmitteleinkauf im Ort bei einem sogenannten Supermark - ein Stück größer als Euer Tante Emma Laden, die Sophie, aber bei weitem kein Feneberg - aber sie liefern frei Haus. Soeben kam die Lieferung längsseits. Keine Zusatzkosten und auch noch zwei englische Zeitungen gratis dazu, allerdings vergleichbar mit der Bildzeitung.

Jetzt habe ich meine Arbeit fertig gemacht. Meine Finger kleben nicht mehr und ich darf weiterschreiben. Wenn Dianne von der mangelnden "Ehrlichkeit" der Italiener schreibt, so ist es hier wirklich ganz anders. Ich wollte heute 24 V-Birnchen kaufen und ging in ein Geschäft am Hafen von Korfu. Ich stand in einem Warenlager von technischen teuren Dingen und kein Mensch kam. Ich versuchte es dann in einem anderen Geschäft, der hatte sie nicht und ich ging wieder zurück, zwei Türen weiter. Es war immer noch niemand im Geschäft. Ich rief, wartete und dann kam der Inhaber, aber er kam die Straße herunter. In Italien hätten sie ihm den Laden in der langen Zeit leergeräumt. Das ist hier richtig angenehm. Man muß nicht immer in jedem Fremden erst einen Dieb sehen. Obwohl wir persönlich in Italien nur gute Erfahrungen gemacht haben, haben wir uns doch immer sehr vorgesehen. Aber von einem anderen Boot wollten sie Schutzgeld erpressen. Der Eigner zahlte nicht, da haben sie ihm die Schiffsschraube abmontiert, ohne daß er es nachts gemerkt hat.

Durch die Stadt Korfu sind wir heute nur mit dem Fahrrad durchgefahren. Wir haben nichts extra angeschaut, aber das war wir gesehen haben, war sehr schön. Korfu hat riesige alte Festungsanlagen, zum Teil aus venezianischer Zeit, mit dem venezianischen Löwen an den Außenmauern. Die Venezianer waren scheinbar überall. Der Autoverkehr ist für unsere Verhältnisse völlig chaotisch, zum Glück können wir unser Rad zur Not bei einem großen Platz, diagonal durch den Park in der Mitte schieben.

In Brindisi haben wir 2 mal eine Süddeutsche Zeitung vom gleichen Tag bekommen. Hier gibt es nur englische Revolverblättchen für die Touristen. So sind wir immer ganz gut informiert, was in der Heimat vor sich geht. Wir hören auch viel Bayerischen Rundfunk auf Kurzwelle und Deutsche Welle. Der bayrische Rundfunk bringt ein Mischprogramm aus dem 1. und dem 3. Da ist es immer lustig die Verkehrsstauungen zu hören, wenn man kein Auto mehr hat.

Ich muß jetzt, bevor es dunkel wird, noch das Tandem zerlegen, damit es in die "Garage" paßt. Dianne hat in Trani, wo wir Landstrom hatten, aus der alten Sonnenpersenning eine Spezialtasche genäht. Das Rad ist dann nur noch 80 x 60 cm, man könnte es sogar noch kleiner zerlegen, aber dann ist es so umständlich zum Aufbauen. Das Rad ist wirklich ein tolles Ding. Wir stauen es zur Zeit wo niemand im Vorschiff ist, in der Koje, wo Martina immer schlief. Mit der Zeit haben wir uns daran gewöhnt, daß niemand mehr aus der Vorderkajüte kommt. Einmal habe ich selbst dort geschlafen, allerdings nicht weil wir getrennte Schlafzimmer brauchen, sondern weil es mir achtern zu heiß war und dort vorn war es luftiger.

Dianne funkt im Moment mit Helmut und wird dann zu kochen anfangen. Es wird heute Tiroler G'röstl geben. Manchmal hat man richtig Lust etwas Bodenständiges zu essen. So gibt es auch manchmal Bratkartoffel. Gestern hatte Dianne Heimweh nach Oberdeusch, sie meinte es ist schon komisch, ich habe Heimweh nach Oberdeusch und nicht nach England. Ich habe zwar nicht Heimweh aber die 2 Bilder im Salon sind schon recht gut zum Anschauen und daran Denken!

Dianne ist gerade ganz aufgeregt am Funk. Sie hat wieder das Boot in Hamburg an die Strippe bekommen. Er hörte das Gespräch mit und meldete sich in den Kreis. Dianne hat mit ihm ausgemacht, daß er bei Brigitte anruft. Wir können aber erst am Freitag wieder Rückantwort über Funk haben. Ihr müßtet direkt einen Schwarzsender haben. Wenn man mit dem Auto rumfährt, kann einen die Post ja nicht peilen (Verbotene Gedanken!). Dieses Funkgerät fasziniert uns immer wieder. Vor einigen Tagen war Sturm in der Biskaya und ein Clubkamerad von TO hielt den Hörer aus dem Bullauge. Das war schon ein häßliches Geräusch, was da aus dem Lautsprecher kam.

- So, jetzt ist das Radl wieder in der Koje, die Fender sind auch verstärkt und wir können gleich essen.

Über die Berge im Nordwesten schieben sich einige dunkle Wolken, es sieht aus als ob sie über den Berg fließen würden. Der Luftdruck ist auch gefallen, es wird also heute nacht irgendwo noch was geben, aber bis morgen ist das weg. Heute abend werden wir auch wieder Shogun spielen. Bei Shogun ist Dianne immer der Sieger und beim Schach habe ich zumindest zur Zeit die besseren "Karten". Wir werden uns heute abend auch noch die bis jetzt gedrehten Videos anschauen.

Dianne geht jetzt mit dem Bus noch mal nach Korfu auf die Post und ich habe 200 l Diesel bestellt, die per Lastwagen auf der Pier angeliefert werden, danach wollen wir auslaufen und noch ein Stückchen südwärts gehen. Bis in die Türkei haben wir noch 500 Sm, d.h. wir müssen im Schnitt 16 - 20 Sm pro Tag zurücklegen. In den letzten Tagen haben wir allerdings immer 30 - 80 Sm pro Tag zurückgelegt. Da ist dann wieder Zeit für ein Hafentag, um Dinge zu organisieren oder etwas anzuschauen.

Weiter geht es mit unseren Abenteuern in .......

Kapitel 2 (Griechenland)