Kapitel 7
Irland, Spanien, Portugal, Madeira, Teneriffa und Gomera
(Postkarte vom Lifeboat), Arklow, 8.7.90
Liebe Mutti!

Vielen Dank für Deinen Brief. Obwohl seit Tagen im Hafen haben wir wenig Zeit zum Schreiben. Wir sind gerne und viel mit den Iren zusammen. In einem Lokal wurde ich umarmt, weil ich Deutscher bin. Wenn die Lokale zumachen, spielen die Musiker zuletzt die Nationalhymne, alle stehen auf und singen mit. Singen tun sie alle gerne und oft singen mehr die Gäste und das sogar als Solo ins Mikrofon. Das musikalische Potential dieses Landes ist riesig. Bald wieder mehr.

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(Postkarte Castles of Ireland) Arklow, 8.7.90
Liebe Salzbuckel!

Vielen Dank für die viele Post und die ganzen Erledigungen. Einige böse Tiefs halten uns hier fest, aber eine Festwoche verkürzt die Zeit und abgesehen vom Wind ist das Wetter fast gut. Einige Kapellen und Tanzgruppen üben auf der Pier vor dem Boot, so gibt es Musik und Show mit Logenplatz auf der ARION. Wir unternahmen auch Ausflüge ins Land, schönste Landschaften im wechselnden Licht unter den jagenden Wolken. Ein Ausflug endete aber im totalen Regen, so sahen wir nicht viel mehr als ein Pub in Wexford, aber die Landschaft war dennoch schön, wenn auch grau verhangen. Wenn all die Wolken, die hier vorbeikommen, bei Euch an den Alpen hängenbleiben, habt Ihr keinen guten Sommer. Wir haben aber viel Zeit zum Reden mit den irischen Nachbarn, sie sind einfach ein besonderes Volk.

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Dunmore, Waterford Bay, 15.7.90
Liebe Allgäuer!

Hafen von DunmoreHeute noch mal schnell einen Brief, den Christl gleich mitnehmen kann. Wir haben in den 14 Tagen, wo Christl hier war, nicht viel gesegelt, oder genauer gar nicht gesegelt, denn die Fahrt hierher mußten wir motoren und erst um Mitternacht kam etwas Wind auf, um dann um 1 Uhr pottendickem, tropffeuchtem Nebel zu weichen. Wir konnten erst auf eine halbe Seemeile Abstand einen Lichtschein der Stadt wahrnehmen und dann kam auch das Leuchtfeuer trübe in Sicht. Radar ist da eine feine Sache, sonst wäre es nervenaufreibend, so einen Hafen zu finden. Solange aber alle Elektronik arbeitet, bewegt man sich wie ein Flugzeug auf einem Leitstrahl, fährt vor den Hafen und mit Radar hinein.

Ja Christl hat es mit ihrem Urlaub nicht gut getroffen. Die erste Woche verging mit Warten und Wetterbericht hören. Sturmtief nach Sturmtief und die Südostecke Irlands ist berüchtigt für absolut chaotischen Seegang im Zusammenspiel von Wind und Tide. Gestern bei totaler Flaute wurden wir streckenweise von sich brechenden Wellen über unreinem Grund bei 3 Kn Strom gebeutelt. Jetzt haben wir diese Ecke und die irische See hinter uns. Wir hatten beim Warten allerdings nette Bootsnachbarn und machten auch sonst viele Bekanntschaften. Eine deutsche Familie machte vor Jahren eine Bäckerei in Arklow auf. Er war vorher Studienrat, aber jetzt gefällt ihm das irische Leben besser.

Ein deutscher Ex-spion, der während des Krieges mit dem Fallschirm absprang, lebt auch noch da. Er begegnete damals ausgerechnet dem Dorfpolizisten, nachdem er den Fallschirm vergraben hatte. Der Polizist bemerkte, daß der andere fremd in der Gegend war und brachte ihn erst mal in den Pub, wo man alle Leute treffen kann, die einem weiterhelfen können. Zurück auf der Polizeiwache hörte er, daß ein Spion gesucht wird, so ging er wieder ins Pub, wo der Spion mit seinen neuen Freunden fröhlich zechte. Er verhaftete ihn, entschuldigte sich und der Spion lebte bis Kriegsende so zwischen Gefängnis, Freigang unter Ehrenwort und dem Pub. Kein Wunder, daß er blieb.

Vergangenen Montag war dann der Wetterbericht endlich so in etwa passend und wir wollten abends um 22.00 Uhr zu dem 70 Sm Stück um die Ecke aufbrechen. Beim Ablegen gab es aber einen Schlag und wir hatten keinen Schub mehr auf dem Propeller. Der Wind war auflandig, so ließen wir uns einfach wieder an die Pier treiben und machten fest. Es war gerade noch hell genug und Dianne fühlte beim Tauchen mit Erstaunen den blanken Wellenschaft. Wir konnten die Stelle sehr genau markieren und so fand der Taucher an nächsten Tag den Propeller, wegen verschiedener Mutterngrößen konnte der Prop aber unter Wasser nicht wieder montiert werden. So mußten wir auf das Trockendock warten, wo noch ein großer Trawler eingedockt war. Gestern kamen wir endlich zu einem Sonderpreis aus dem Wasser und ich konnte alles wieder montieren und besser sichern.

Unser TaucherWir hatten eben mal wieder Glück mit den netten Iren gehabt. Morgens spazierte immer ein Bäcker mit seinem Hund am Hafen entlang und er sprach Dianne an. Sie erzählte von unserem Mißgeschick und er meinte sein Freund sei Taucher und er würde ihn gleich vorbeischicken. Der Taucher hatte an diesem Tag Urlaub, weil seine Frau zu einer letzten Untersuchung 4 Wochen vor der Niederkunft nach Dublin mußte. So kam der Taucher mit der ganzen Familie auf dem Weg zum Krankenhaus kurz vorbei, ließ sich die Lage schildern und versprach später wieder zu kommen. Um 17.00 Uhr war er dann da, fand bald den Propeller an der markierten Stelle, aber leider nicht die Mutter. Wir tranken danach noch recht lustig mit ihm und dem Bäcker einige Bierchen und auch seine munteren Kinder kamen noch an Bord. Lustig und auch für die Iren bezeichnend, erzählten sie, daß 1917 ein deutsches U-Boot nach Arklow kam und die englische Munitionsfabrik sprengte. Sie waren heute noch ganz begeistert davon, reckten die Daumen empor und meinten: "... und bum, sprengten sie die Fabrik!" Leider ist das U-Boot auf der Flucht vor zwei englischen Zerstörern auf der ohnehin gefährlichen und flachen Arklow Bank mit der ganzen Besatzung gesunken.

Wir brauchten also jetzt ein Dock, um aus dem Wasser zu gehen. Glücklicherweise hat die bekannte Tyrell Werft in Arklow ein 600t Hubdock. Wir hatten Tage vorher die Bekanntschaft von einem der Lifeboat-Männer gemacht. Jimmy Tyrell, der Werftchef ist auch einer von den Lifeboat-Männern und wir hatten schon von dem deutschen Bäcker gehört, daß er ein absolut hilfsbereiter, netter Mann sei. Der Tyrell Clan ist eine Familie, die für Arklow bestimmend war und ist. Größte Küstenschiffahrtsreederei, berühmte alte Werft (gegründet 1864), Jimmys Vater konstruierte u.a. die Gipsy Moth von Chichester und die Asgard II, das irische Segelschulschiff. Jimmy nahm die Sache mit der ARION selbst in die Hand, er fuhr mich mit dem Auto zu einer Metallbaufirma und Stahlwerft seines Vetters, wo eine Wellenmutter gefertigt wurde, schleppte uns mit einem Tug persönlich zur Werft und hatte immer Zeit zu einem lustigen Jimmy Tyrell und wir im Dockund/oder informativen Schwatz. Der Mechaniker, der die Mutter machte, war während seines Wehrdienstes zu einem Fallschirmlehrgang in Altenstadt gewesen und schwärmte von Deutschland. Der Firmenchef ließ mich durch einen Fahrer wieder zum Hafen bringen und lauter solche Freundlichkeiten mehr. Für all das verlangte Jimmy dann 100 Pfund, obwohl wir am Samstag rauskamen und er und seine Leute erst in der Nacht den Trawler bei Spring-Hochwasser zu Wasser gelassen hatten. Der Hafenkapitän, ein Bruder von Jimmy, half mit den Leinen wie wir ins Dock gezogen wurden. Auch er hat dauernd einen Funkrufempfänger vom Lifeboat am Gürtel hängen. Jimmy ist mit Booten verheiratet, und er und seine Freunde hängen dauernd auf der Werft herum. Schreibtische haßt er. Seine Frau fragt ihn, warum er überhaupt ein Bett zu Hause habe, erzählte er mir. Trotz des Pechs hatten wir also eine nette Zeit. Man kommt sich hier in Irland einfach nicht fremd vor. Das soziale Gefüge der Bevölkerung ist hier noch intakt. Man sollte einige "gestörte Deutsche" hierher auf Lehrgang schicken.

GlendaloughAm Tag bevor Christl kam, machten wir einen Ausflug zum Glendalough in den Wicklow Mountains und außer uns war noch eine deutsche Familie im Kleinbus. Ich bekam aber einfach keinen Kontakt zu dem einsilbigen Schullehrertyp. Da habe ich heute früh mit dem Tankwart, der uns den Diesel per Kanister ans Boot brachte (ohne Aufschlag) wesentlich mehr geredet und gescherzt.

Zusammen mit Christl unternahmen wir auch einen Ausflug nach Wexford, einer der ältesten Siedlungen in Irland und dann auch Wikingerniederlassung. Dieser Ausflug ist aber total ins Wasser gefallen und im wesentlichen haben wir nur einen Pub von innen gesehen, die Fahrt dorthin war aber recht schön und Christl hat die Fahrt noch mal alleine gemacht, wie wir aufs Docken warteten, was sich dann wegen technischer Probleme mit dem Trawler doch noch verzögerte. Vor einigen Tagen waren wir dann noch in einem Gartenpark in Ashford. Riesige Bäume, Palmen und schönste Blumen und Blüten in allen Farben. Es war eine richtige Augenweide. Ich habe auch viel gefilmt. Leider kann ich Christl noch keinen fertigen Film mitgeben, weil wir immer im Päckchen mit anderen Booten lagen oder mit Fischern den Platz tauschten, und trampelnde Füße an Deck stören mein Salon-Tonstudio. Eventuell wird Mike einen Film mitbekommen. Wir hoffen jetzt nur, daß das Wetter mitspielt für die Biskaya. Letzten Freitag ist ein Boot von Arklow los und kurz vorher auch das eines Schotten und wir werden beide wohl dort unten wieder treffen. Vorgestern kam auch noch die "ALK", auch ein TO-Schiff, nach Arklow mit gleichem Ziel in Spanien und da sie KW-Funk haben, können wir in Kontakt bleiben. Sie sind heute früh in Kinsale westlich Cork eingelaufen. Es stellte sich heraus, daß Heike auch das Allgäugymnasium besuchte - allerdings lange nach mir. Wir haben heute früh schon miteinander "telefoniert" und auch mit Mallorca, wo es gerade in Strömen regnete. Hier tröpfelt es schon ganz hell und der Nebel ist bereits weg. Der Hafen wurde recht hübsch unterhalb der Klippen künstlich angelegt. Er ist voller Fischer und Möwengeschrei, weil direkt am Hafen in den Klippen unter den Häusern Hunderte von Dreizehenmöwen brüten. Das ist zwar recht laut aber mit dem Fernglas schön zu beobachten.

Wegen der ganzen wettermäßigen und sonstigen saumäßigen Verzögerungen werden nach Schottland auch noch die Buchten im Südwesten Irlands gestrichen. Es ist zwar sehr schön und nett hier, aber der Süden ist wegen des Wetters einfach unschlagbar. Wer hier badet, muß Masochist sein! Bin jetzt gespannt, ob wir mit dem deutschen Boot "zusammen" nach Süden gehen. In Sicht kann man bei den riesigen Wasserflächen nicht bleiben, aber Funkkontakt ist auch nett. Wir wollen uns vom Met.- Office in Dublin dann eine 6 Tage Vorhersage holen, damit wir den Wind von der richtigen Seite haben. Heute ist seltener Südwind angesagt, der paßt natürlich gar nicht. Mal sehen - wir haben ja noch 10 Tage und haben Mike bereits ein Telefax geschickt, damit er grob über die Lage informiert ist. Soviel für heute, für mehr Details müßt Ihr Christl ausfragen. Sie hat zwar Pech gehabt, aber ich glaube, sie hat sich doch gut erholt und wurde so nur einmal seekrank und hatte zwar nicht den längsten, dafür aber den höchsten Törn - im Trockendock!

P.S. Als wir Christl schon im Flugzeug vermuteten, stand sie plötzlich wieder auf der Pier! Das Taxi, das sie zur Bahnstation bringen sollte, hatte zwei Platte, und sie verpaßte den Zug und somit das Flugzeug. Aber die Rezeption eines nahegelegenen Hotels half mit Fax und Telefon selbstverständlich bei der Umbuchung. Man braucht viel Humor bei so viel Pech in einem Urlaub, um diesen noch genießen zu können.

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(Postkarte von La Coruña) La Coruña, 22.7.90
Liebe Mutti!

Nach nur 4 Tagen Überfahrt kamen wir gestern gut hier an - 574 Sm. Wir hatten eine ruhige, eher windarme Überfahrt, aber viel guten Wind aus der richtigen Richtung. Nur am Freitag um Mitternacht frischte es auf und wir mußten reffen. Morgens dann dichter Nebel vor der Küste. Auch zwischen Irland und der Biskaya war viel Nebel. Wir hatten "Begleitung" von einer anderen TO-Yacht, 50 - 100 Sm weiter westlich; unterhielten uns viel über Funk. Wir hatten uns in Arklow kennengelernt. Jetzt ankert eine weitere TO-Yacht neben uns, Hamburger. Haben heute nacht 12 Std. geschlafen. Es ist herrlich warm hier, wir sind aber an Hitze heuer noch nicht gewöhnt. Bald ein ausführlicher Brief.

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La Coruña, 24.7.90
Liebe Eisenberger!

Die südliche Hitze mit 28° C im Schatten hat uns erfaßt und das lähmt etwas die Tatkraft und somit auch die Feder, aber ich will mich dennoch zu einem Brief aufraffen, damit ich dann, wenn Eure Post mit Mike ankommt nur noch schnell die Antwort fertig zu schreiben brauche. Wir sind einfach die Hitze im Gegensatz zu letztem Jahr noch nicht gewöhnt und die Breitengrade von 54 N bis 43 N wurden halt recht schnell durchfahren. Bis zur Abfahrt von Christl und ihrem Pech mit dem Taxi seid Ihr wohl inzwischen bestens informiert, ich kann mich also auf die Zeit danach beschränken. - Schwitz -, schon wieder 1000 Anschläge gespart! - Ich sitze hier unten im Salon bei einem Glas kühlem Vino. Dianne erledigt die letzten Aufräumarbeiten nach dem Waschen und ich höre nebenbei Radio Luxemburg.

Zur Überfahrt Irland - Spanien:

Nachdem Christl morgens abgefahren war, machte ich das Boot auslaufklar, ließ mir noch mal 100 l billigen Diesel in alten 25 l Ölkanistern anliefern und staute so insgesamt 140 l Diesel in Kanistern als Decksladung. Dazu kam noch eine 25 l Trommel mit Castrol Marine Öl SAE 30. Dianne meinte da, wir würden einem französischen Schiff immer ähnlicher, aber ich liebe nun mal Kanister und jetzt haben wir schöne gelbe Shell Kanister. Wir hatten somit 550 l Diesel an Bord. Bei den steuerfreien Preisen rentiert sich das. Dianne erledigte noch die letzten Frischverpflegungseinkäufe und telefonierte mit dem Met.-Office in Dublin. Wir hatten am Vortag bereits eine grobe Gratis-Vorhersage am Telefon erhalten und wollten jetzt eine genaue Vorhersage über Fax haben. Ein sicheres Wetter für die Biskaya war uns locker 20 Pfund wert. Das Hotel, wo wir schon Christls Umbuchungen etc. per Telefon erledigten, sagte uns, daß eine Fischerei-Cooperative am Hafen ein Fax-Gerät habe und die Dame in der Reception rief auch gleich die Sekretärin dort an und fragte, ob wir ihre Tel. Nr. dem Met.-Office geben könnten. Das ging natürlich selbstverständlich, wir waren ja schließlich in Irland. Kurz danach hatten wir das 6 Seiten Fax an Bord. Eine genau Vorhersage mit Computer - Vorhersagewetterkarten extra ausgearbeitet für die "Dt. Segelyacht ARION, Dunmore - La Coruna, 7 Tage Vorhersage für Captain Richard".
Überfahrt Biskaya
Die Vorhersage stimmte auch sehr genau. Jedenfalls entschlossen wir uns, gleich mittags auszulaufen, bevor der Wind südlich Irland von Flaute auf Süd drehte. Eine Stunde vor uns war die "ALK" von Kinsale aus ausgelaufen, wir blieben dann immer in Funkkontakt und es war interessant, die Unterschiede in der aktuellen Wettersituation festzustellen, wir waren ja nur 60 bis 110 sm auseinander. Unsere Wettereinschätzung stellte sich dann auch als richtig heraus, denn wir waren einen Tag schneller. Wir motorten gleich am Anfang kräftig durch die Flaute hindurch, brachten so den Nebel auch bald hinter uns und erwischten dann den schönen Ostwind. Dieser Nebel erwischte uns gleich vor der Hafenausfahrt und wir durchfuhren zweimal ein Nebelgebiet. Die erste Nacht war allerdings bereits klar und die See war so glatt, daß sich die Sterne im Wasser spiegelten. Es stand zwar eine leichte lange Dünung aus West, aber das gab der Sache erst noch einen tollen Reiz, weil das von keinem Streulicht gestörte Spiegelbild der Sterne sich leicht schwingend verzerrte. In den Morgenstunden kam Wind auf und wir segelten dann mit fast unveränderter Segelstellung aber bei relativ viel Seegang herrlich unter wolkenlos blauem Himmel dahin.

Wir hatten in Irland "Gustav" eingeschaltet und er steuerte brav die ARION bis nach La Coruna, wo er erst im Hafen ausgeschaltet wurde. Mutti wird jetzt wieder ein ungutes Gefühl haben, wegen der "Roboter", aber es ist schon ungemein entlastend, diese Mikroprozessor-Sklaven an Bord zu haben. Man spaziert im Deckshaus umher, liest, hört Musik oder Radioprogramme, unterhält sich und beaufsichtigt nur seine Sklaven bei der Arbeit, damit man gleich eingreifen kann, wenn einer mal ausflippen sollte. Der alte Captain Cook, der Meisternavigator, wird neidisch heruntergeschaut haben, wie wir scheinbar mühelos mit Autopilot, Radar, Sat.Nav. und Loran C dahinschipperten und zu jeder Sekunde ein völlig exaktes Lagebild hatten.

Wir sind zuerst sehr wenigen Schiffen begegnet. Zunächst nur einigen Fischern, dann einmal früh morgens, noch bei Dunkelheit westlich der Scilly-Islands ein Passagierschiff, dann nachts einmal zwei Segler, aber ca. 60 Sm vor La Coruna Frachter in beide Richtungen wie auf einer Perlenschnur.

Am Freitag gegen Mitternacht briste es dann auf meiner Wache auf. Ich mußte Dianne zum Reffen wecken und wir trugen beide zum ersten Mal, seit ich weiß nicht wann, Schwimmwesten und Lifebelts. Bei nur zwei Personen an Bord kann man sich ein Mann über Bord einfach nicht leisten. Deshalb halten wir auch diese ganzen blöden "Mann über Bord" Manöver für die Prüfungen für baren Unsinn. Das ist nur Prüfungsstoff ohne praktischen Wert. Es muß geübt werden, diesen Fall zu vermeiden.  Nachts auf Wache ist auch striktes Verbot, das Steuerhaus zu verlassen, wenn man alleine ist! Auch bei Tage muß der andere immer informiert werden.
Torre herculesDer frische Wind entwickelte sich dann aber nicht so heftig weiter wie er angefangen hatte und wir machten nur mit gerefftem Groß und der Genua bei halbem Wind gute Fahrt. Kurz vor Sonnenaufgang kamen wir dann unter der Küste in pottendicken Nebel, die Sonne schien erst später bläßlich von etwas höherer Warte durch den Nebel, verwandelte diesen zu Dunst und die grandiose Küste kam erst ganz dicht davor schwach in Sicht. Vor La Coruna tauchte dann als erstes der von den Römern !!! im 2.Jhrh. gebaute und heute noch leuchtende Leuchtturm "Torre Hercules" in Sicht.

Wir liegen jetzt hinter der großen Mole vor dem Yachtclub auf 14 m WT vor Anker. Gleich neben uns ankert die TO Yacht "Talofa Lee" aus Hamburg und die Hamburger Yacht "Orion". Gestern kam auch die "Awelon" aus Schottland, die in Arklow bei uns längseits gelegen hatte, wieder nach La Coruna zurück, sie waren schon vor einer Woche hier gewesen und sie ankerten zwischen uns und der Mole. Gestern abend waren wir bei Derrik und Maria und John an Bord und es wurde 2.30 Uhr. Maria ist Italienerin, Derrik normaler Schotte und John ist Vollschotte und hat immer einen Tam 0'Shanter auf. Alles Klar? Nein? Kennt Ihr nicht? - ich auch nicht bis vor 5 Sekunden, aber Dianne: (Schottischer Urgroßvater). Es handelt sich um eine schottische Baskenmütze. Hoffentlich hört diesen Vergleich nie ein Schotte. Ein Gamsbart ist ja auch kein Rasierpinsel, auch wenn er hundert Mal so aussieht.

Gestern hatten wir nach vielen Wochen ohne Waschmöglichkeit Großwaschtag. Für die Kochwäsche gab es eine fast völlig funktionierende Waschmaschine im Club und ich war die Waschfrau an der Bordwaschmaschine. Das Wasser zum Spülen, 1. bis 3. Spülgang wurde einfach in das Schlauchboot am Yachtclub eingefüllt und dann zur Arion gefahren. Die Wäsche haben wir dann gleich im Schlauchboot gespült. Am Nachmittag war dann alles gewaschen und wir hatten 40 m Wäsche im Rigg hängen. Unsere Waschmaschine wird immer wieder bestaunt.

Gestern früh unterhielt ich mich mal wieder mit den Freunden im Mittelmeer. Fünf Yachten organisierten ein Grillen in einer einsamen Bucht auf Menorca. Das inspirierte uns und heute abend wird auch bei uns gegrillt. Awelon und Talofa Lee kommen auch. Wir sind dann wieder einmal international, europäisch. Fast Rathaus La Corunaalle Franzosen hier haben die Europaflagge wehen!! In GB habe ich nicht eine einzige gesehen! Aber hier am großen Platz vor dem Rathaus wehen überall Dreiergruppen spanischer, europäischer und galicischer Flaggen. Europa wird schon, wir brauchen nur einwenig Geduld, schließlich haben unsere Väter noch auf einander geschosssen.

Heute Vormittag machten wir Einkauf mit unserem "Lastwagen". Morgen ist hier Feiertag des Heiligen von Santiago de Compostella. Eine Woche wird gefeiert. Hier in der Altstadt, und gut zu Fuß zu erreichen, gibt es eine große neu gebaute Markthalle mit einer breiten Galerie im ersten Stock und einem Supermarkt im Tiefgeschoß. Frischfisch und etwas Frischfleisch gibt es auf der Galerie und Fleisch und Gemüse in der Haupthalle. Ein tolles Fischangebot!! Konnte nicht widerstehen und so gab es heute mittag Gambas (=Garneelen). Wenn am Donnerstag Mike kommt, mache ich Fischsuppe, die braucht nur warmgemacht zu werden, wenn sie eintreffen. Es gibt alle Fischsorten, die man sich nur wünschen kann. Lebensmittel sind hier wieder viel billiger als in England oder gar Irland. Vor allem Bier ist auch wieder billiger und erst recht Fundador!! So langsam gewöhnen wir uns auch an das Spanisch und graben alten Wortschatz aus.

Die Zeit fliegt und es wird Zeit, daß ich den Grill vorbereite.

26.7.90
Ich warte nicht aufs Christkind, nur auf Dianne, aber ich kann die Wartezeit gut zum Schreiben nützen. Heute früh waren wir zusammen in der Stadt und jetzt am Nachmittag kam so ein südlicher Wind auf und da wir nahe der Mole ankern, blieb ich zur Sicherheit an Bord. Drei andere Boote in der Nachbarschaft haben schon verlegt, aber wir liegen okay, es geht eben nur um die zusätzliche Sicherheit! Ich bin da stur.

Wir haben am Vorstag für die Genua die Halterung etwas kürzen lassen. Das ist eine sehr wichtige Niro-Naht und die wollte ich nicht unbedingt selbst machen. Schließlich lernen Schweißer nicht deswegen so lange, weil sie ungeschickt sind. Jetzt ist das Ding gemacht, aber wir haben viel Zeit gebraucht, eine Firma zu finden und dann dorthin zu gelangen. Im Süden, oder besser außerhalb Deutschlands braucht alles seine Zeit. So gab es erst ein spätes Mittagessen, obwohl ich schon um 6.30 Uhr aufgestanden war und das Vorstag löste. Jetzt sucht Dianne die Boschvertretung auf, um einen Dieselfiltereinsatz zu kaufen. Der alte war total zugesetzt, da sieht man wie sich meine vielen Vor- und Nachfilter rentieren. Der Motorfilter hat da fast keine Funktion mehr und die Einspritzpumpe bekommt nur saubersten Sprit. Wo die Firma ist, haben wir bereits auf unserer Morgenrunde ausfindig gemacht. Dabei fiel uns mal wieder auf, daß die Südländer alle keine Karten lesen können, oder einen Ort in einem Stadtplan finden und einzeichnen können. Das ist uns jetzt auch schon oft im Mittelmeer aufgefallen.

Unser Grillfest mit unseren Bootsnachbarn ist übrigens ein voller Erfolg gewesen und wir haben uns noch bis in die frühen Morgenstunden erst an Deck und dann unter Deck gut unterhalten. Hildegard ist Richterin am Landgericht in Hamburg und vertritt eine nördliche "weiche" Linie, die prallte natürlich auf den härteren bayrischen Limes, besonders bei Drogendelikten. Wir haben natürlich nicht nur die Drogenwelt "verbessert".

Inzwischen sind noch mehr deutsche Yachten und auch Transoceaner hier eingetroffen. Wir haben aber noch keine weiteren Kontakte geknüpft, da sie relativ weit von uns weg ankern. Nur einem Berliner habe ich gerade vorhin zugewunken, wie er mit dem Beiboot passierte.

Jetzt haben wir uns so auf den Süden gefreut. Es ist ja auch herrlich warm, aber jetzt haben wir schon den zweiten Regen in La Coruna. Der erste war beim Waschen, das ist gut zum Trocknen der Wäsche und jetzt soll Mike nicht zu trocken empfangen werden, dabei wüßte ich da ganz andere Mittel, die schon im Kühlschrank lagern.

Gestern abend haben wir einen langen Spaziergang zum Leuchtturm "Torre Hercules" gemacht. Er stammt ja aus dem 2.Jhrh. und wurde z.Zt. Karls III. renoviert. Er leuchtet also schon 1800 Jahre.

Heute muß er besonders hell leuchten, denn wie ich gerade rausschaute, bin ich erschrocken; alles grau in grau und Regen. Es ist jetzt 19.00 Uhr und somit wird Mike gerade landen. Bin gespannt, wie lange er braucht, um hierher zu kommen. Dianne sollte eigentlich noch vor ihm eintreffen. Ich mache jedenfalls jetzt erst mal Schluß und klare den Dampfer noch ein wenig auf. Im Hafen reißt immer so schnell der Schlendrian ein. Gewisse Kinder würden dieses wenig vorbildliche Verhalten wohl sehr angenehm finden, oder?

28.7.90
BuchtenEs hat etwas länger gedauert, bis Mike eintraf, denn Jochen, der auch mitkam, erhielt ein Gepäckstück nicht. Wir haben bis gestern abend noch auf das Gepäckstück gewartet, aber vergeblich. Es ist auf dem Weg von Frankfurt über Madrid nach La Coruna verschollen.
Jochen war schon mal mit Mike und Familie 3 Wochen in YU dabeigewesen.

Wie wir heute ausliefen, war erst gar kein Wind und jetzt nachmittags weht etwas Seebrise in die Bucht herein. Wir sind aus La Coruna nur 10 Sm in eine weitere Bucht dieser buchtenreichen Küste gefahren. Es gibt hier einen kleinen Fischereihafen, hinter dessen Mole wir ankern und durch den Fluß Lambre gibt es hier zwischen der Felsenküste schöne Sandstrände und guten Ankergrund auf 4-5 m. In La Coruna hatten wir 15m über Schlick. Da war das Ankerauf-Manöver schwere Arbeit und dreckig.

Jetzt liegen alle faul an Deck und ich schreibe im Steuerhaus. Wir haben strahlendes Wetter und sehr gute Sicht,Typische jamoneria mit Schinken unter der Decke da kommt die tolle Gegend erst so richtig zur Geltung und darüber schweben einige weiße Cumuli (Schäfchenwolken). Heute abend gibt es Seeteufel, denn Mike und ich waren heute schon früh auf dem Markt. Das ist der Fisch mit dem großen Maul. Das Fleisch schmeckt fast so fein wie Skampi, kostet allerdings auch 16,- DM/kg. Gestern abend besuchten wir noch eine typische "Jamoneria", dort hängen die Schinken (=Jamon) von der Decke. Nur Claudia war nicht begeistert.

Eure Post ist gut angekommen. Vielen herzlichen Dank für das ganze Postpaket. Vielen Dank auch an Mutti für ihre Briefe. Die Briefe in den Damals-Heften sind natürlich auch angekommen, sie schreibt so, als ob ich nicht geantwortet hätte. Es gibt aber oft soviel zu schreiben und zu erzählen, daß ich dann nicht auf jeden Brief einzeln eingehe, denn bis ich dazu komme, ist schon wieder ein Blatt voll und ich schicke dann oft einfach den Brief ab. Ich werde aber bald mal wieder einen Brief extra an Mutti schreiben. Ich schreibe schon viel, aber es gibt auch so viele Briefe zu beantworten und einigen Freunden muß ich jetzt vordringlich erst mal schreiben. Ich mache also erst mal Schreibpause und schicke diese Zeilen ab.

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(Postkarte von Islas Cies) Cangas, 12.8.90
Islas CiesLiebe Brigitte!

Vor diesem Strand haben wir an Deinem Geburtstag geankert und konnten deshalb nicht anrufen. Diese Inseln liegen als natürlicher Wellenbrecher vor dem Ria Vigo, der fast 30 km langen Bucht von Vigo. Wir waren zweimal bei den Inseln zum Baden. Auf der Fahrt dorthin wurden wir von Delphinen begleitet. Gernot und Claudia waren ganz begeistert und aufgeregt, sie sahen zum ersten Mal Delphine direkt am Boot. Im Verlauf der Woche werden wir zusammen mit der "Alk" nach Portugal segeln. Das Wetter ist z.Zt. recht ruhig und stabil, am Tag Seebrisen, nachts Flaute, also halben Wind zum Segeln.

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Cangas, gegenüber Vigo, 12.8.90
Liebe Eisenberger!

Um das Porto besser auszunützen, schreibe ich schnell noch einen Brief zum Video. Während Mike mit Familie an Bord war, kamen wir nicht zum Schreiben und dann in Vigo in der Marina haben wir erst einmal gewaschen und Video geschnitten. Die zwei Wochen mit Mike gingen wie im Flug vorbei und es waren zwei herrliche Wochen. Wir hatten mit dem Wetter viel Glück, nur einige Mal keinen Wind, keinen richtig dicken Nebel, aber viel Sonne ohne brütende Hitze, herrliche Sandstrände in den Ankerbuchten und die Kinder waren vom Schwimmen, Surfen und Segeln ganz begeistert. Bei Claudia hat die Enzymbehandlung so gut angeschlagen, daß sie ein ganz anderer Mensch wurde. Sie ist kräftig gewachsen und freut sich geradezu des Lebens. Gernot ist eine Wasserratte und zog natürlich seinen Vater und dessen Freund, die gleiche Ansichten über äußere Anwendungen kalter Flüssigkeiten haben, recht auf. An einem Traumstrand einer Insel, wo wir Deinen (Brigitte) Geburtstag verbrachten, haben uns die Kinder unter großem Gelächter ins Wasser gejagt und naß gespritzt. Mike hat leider wieder kein Glück beim Fischen gehabt, aber zum Glück gab es überall gute Fischmärkte und Inge meinte schon, "muß ich schon wieder Fisch essen?", aber Mike und ich mögen eben sowohl den Einkauf auf dem Markt, als auch das Essen von Fisch usw. So kauften wir von einem Fischer im Ruderboot in der Bucht von Porto Novo sieben Seespinnen, z.T. bis 1 kg/Stück, und 2 kg Brassen.

DelphineDie Seespinnen gab es zum Frühschoppen, Inge und Claudia flüchteten solange an Deck. Abends fanden wir in Porto Novo abseits der vielen spanischen Touristen einen "Buschen-Ausschank", auch "Besenwirtschaft" genannt. Wir wären beinahe vorbeigelaufen, aber dann sah Dianne den "Buschen" über der Türe (mehrere Laubzweige) und bald saßen wir an einen einfachen Tisch in einem einfachen Raum vor 5 großen Holzfässern mit Wein. Wir tranken (viel) vino tinto aus Porzellanschüsseln - wie Nachttöpfe - und aßen empañadas, gefüllt mit Thunfisch. Der "Wirt" sprach sehr deutlich und langsam und so kamen wir in eine schöne Unterhaltung mit ihm und einem urigen einheimischen Fischer.

In Porto Novo kam auch noch ein Ehepaar mit ihrem Boot herein, die schon in Dunmore in Irland waren, und Mike und ich gingen gleich zu ihnen an Bord. In fast allen Häfen hier liegen wir vor Anker hinter den z.T. großen Molen. Liegeplätze an einer Pier sind hier rar, denn meist sind die Molen nur auf kurzen Strecken mit senkrechten Wänden zum Anlanden vom Fisch, die langen Molen sind nur aus Felsen aufgeschichtet. Spanien hat die größte Fischereiflotte in der EG. Fisch kostet daher hier etwa soviel wie Schweinefleisch (ca. 500 Ptas). Man kann hier viel besser und billiger als in England und insbesondere Irland einkaufen. Nur Diesel gibt es nicht zollfrei wie dort, aber wir haben noch viele hundert Liter, denn wir sind ja in Irland mit 550 l losgefahren.

ARION und ALKWir planen zusammen mit "Alk", die gleich 10m neben uns liegt, am Dienstag nach Bayona zu gehen und dann in 2 Etappen nach Porto, wo wir einige Tage bleiben wollen. Manfred und Heike sind nette Leute und mit Heike habe ich gestern (Allgäuer Heimatabend) Weißbier getrunken und Guggemoos-Geschichten gehört, sie war auch auf dem Allgäu-Gymnasium in Kempten, allerdings viel später als ich (alter Hund). Manfred ist älter als ich, war auch bei der Marine und dann bei der Hamburger Kripo. Wie wir von Vigo hierher kamen, wurden wir gleich zum selbstgefangenen Aal eingeladen - manche fangen eben etwas - und gestern abend aßen wir hier an Bord Lamm und es wurde wieder spät. So sind wir erst um 10 Uhr früh aufgestanden und haben um 15.00 Uhr Mittag gegessen. Morgen abend wollen wir auf der Pier grillen. Ich freue mich schon auf den Fischeinkauf in der großen gedeckten Markthalle. Es gibt hier viel Seeteufel oder Anglerfische. Hier werden in den vielen tiefen Rias auch viele Muscheln gezüchtet. Sie schmecken viel besser als im Mittelmeer, das Atlantikwasser ist ideal und sauber. Auf schwimmenden verankerten Tonnen sind riesige Grätings aus dicken Balken, von denen Schnüre ins Wasser hinunterhängen, daran wachsen die Muscheln in ganz kurzer Zeit (3 Monate) zur Größe von 10 cm heran. Diese schwimmenden Plattformen werden viveros genannt und wenn man nachts irgendwo einläuft, muß man aufpassen, denn die Ankerkabel sind sehr stabil.

In Bayern sind ja inzwischen wohl auch Ferien, aber es werden ja immer weniger Schüler in der Familie. Christian hätte wohl einen Schuß vor den Bug nötig! Ich habe ihn auch in dem Alter bekommen - wenn so ein "Schocker" nützt, ist der Schaden nicht zu groß. Manche Dinge gehen eben nicht auf der linken Arschbacke, man braucht den ganzen Hosenboden, um sich hinter die Bücher zu setzen. Den Oberdeuscher Schulabgängern werde ich noch extra schreiben, sie haben ja diese erste wichtige Vorbereitung auf das spätere Leben gut hinter sich gebracht.

Die nächste Post könnt Ihr Omar nach Lissabon mitgeben. Weitere Anschriften werden wir noch schreiben. Postlagernd nach Vigo hat für die Post von Mum gut geklappt. Die spanische Post ist aber schneller als die englische.

Mit großer Spannung und Besorgnis verfolgen wir zur Zeit die Lage am Golf. Es wird Zeit, daß Deutschland sein Grundgesetz ändert, damit die Bundeswehr auch im Ausland außerhalb des NATO-Bereichs eingesetzt werden kann. Wir können nicht immer andere die Kastanien aus dem Feuer holen lassen, und daß der große Traum vom Frieden ohne Militär nicht möglich ist, wird jetzt ja deutlich. Es ist vielleicht gut, daß das gerade jetzt passiert, sonst hätten unsere "Friedenstauben" gleich die Abschaffung allen Militärs gefordert und dann wären wir eventuell einmal böse vor dem Bajonett eines Soldaten aus der Dritten Welt aufgewacht. Aber unsere Industrie muß auch sensibler und vorsichtiger werden, Auftrag ist nicht gleich Auftrag und nur nach dem Geld zu schielen geht nicht. Der Staat muß die Strafen für illegalen Transfer 'raufsetzen und die Sachen auch echt verfolgen. Wie lächerlich das gehandhabt wurde, habe ich ja bei der Zollfahndung oft genug erlebt. Aber genug der Politik.

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(Postkarte von römischer Brücke) Cangas/Vigo 12.8.90
Liebe Mutti!

Da es doch noch einige Tage dauern wird, bis wieder ein größerer Brief fertig ist, erst mal schnell eine Karte. Mike und Familie haben uns am Donnerstag mittags wieder verlassen. Wir hatten schöne 14 Tage zusammen in den schönsten Städtchen und Ankerbuchten, die man sich denken kann. Es gibt hier außer wilden Felsküsten herrliche weiße Sandstrände aus Quarzsand und Muschelkalk. Oft sind die Muscheln noch recht komplett und nicht ganz von der Brandung zermalen. An Brigittes Geburtstag waren wir auf einer Insel an einem Strand mit Südseeflair. Hier in Cangas, gegenüber von Vigo liegen wir zusammen mit "Alk" (TO-Yacht aus Hamburg, Heike aus Kempten) vor Anker und langen Leinen zum Wellenbrecher (Außenmole). Wir brauchen zwar immer das Beiboot, aber wir sind ungestört und brauchen uns nicht um die Gezeiten kümmern. An einer Pier längsseits hat man immer Arbeit mit den Festmachern.

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(Postkarte von Bayona) Bayona, 18.8.96
BoyonaLiebe Mutti!

Die Tage fliegen nur so dahin und obwohl es uns vorkommt, als ob Mike erst von Bord wäre, haben wir bereits schon den 18. August. Bayona ist eine sehr schöne alte Kleinstadt mit großer Geschichte. Von hier sind viele Schiffe über den Atlantik gefahren und die berühmte "Pinta" kam hier am 1.3.1493 an. Inzwischen ist natürlich der Ort mächtig gewachsen, aber von der Altstadt ist viel erhalten geblieben und vor allem steht noch die ganze Festungsanlage auf dem Monte Real. In den ehemaligen Kasernen ist jetzt ein schönes Hotel untergebracht, dadurch ist die ganze Anlage in sehr gepflegtem Zustand und alles ist erhalten geblieben. Weitere Bauten wurden nicht zugelassen. Es ist ein wunderschöner Spaziergang, auf den Festungsmauern um die ganze Halbinsel zu laufen. Auf einer der anderen Karten ist das gut erkennbar. Von den nordwestlichen Türmen hat man einen sehr schönen Blick auf den Eingang zum Rio de Vigo und zu den Inseln Cies. Die letzten Tage hatten wir außerordentlich gute Sicht und so war die gestrige Busfahrt nach Vigo eine Augenweide. Unser Aufenthalt in diesen einmaligen Rias geht nun aber langsam dem Ende zu. Die "Alk" liegt auch hier vor Anker und so ist es recht kurzweilig mit gegenseitigen Besuchen. Gestern waren wir zum Frühstück eingeladen und Heike hatte frische Vollkornbrötchen gebacken. Frühstück ist immer erst nach 9 Uhr, denn abends bleibt man lange auf, es ist ja so lange hell und schlafen kann man am besten in den kühlen Stunden, das geht bis etwa 10 Uhr, dann fängt die Sonne an zu brennen. Es gibt hier zwar herrliche Sandstrände, aber der Atlantik ist mir auf dieser Breite fast noch zu kühl, so gehe ich nur zur Not ins Wasser. Es gibt hier nur wenige ausländische Touristen, außer mit Yachten, aber viele Spanier kommen hierher, um der Hitze im Zentrum Spaniens zu entfliehen. Unser Spanisch macht wieder Fortschritte und wir kommen ganz gut zurecht.

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(Postkarte von Vigo aus der Luft) Bayona, 18.8.96
Lieber Christian!

Jetzt ist unser Aufenthalt in Bayona ungewollt etwas länger geworden, weil wir Probleme mit der Maschine hatten. Die Stehbolzen, die die Einspritzdüsen halten, hatten sich gelockert und so fing eine Düse an, an der Dichtung zu blasen. Zuerst befürchtete ich einen Ventilschaden, aber so konnte alles recht schnell an Bord repariert werden, die Teile hatte ich ja alle an Bord und der Mechaniker mußte nur die Düsen wechseln und neu einstellen (Abspritzdruck). Die Düseneinsätze haben jetzt ca. 2500 Stunden gehalten. Ich werde in Zukunft noch öfter alle Schrauben nachschauen und nachziehen müssen.

Aber Bayona ist so schön, daß uns der Aufenthalt nichts ausmacht. Dianne und Heike haben vorgestern einen ganzen Topf voll kleine Garneelen mit dem Käscher gefangen. Sie sind im Tang an den Stegen verborgen. Dann in Öl mit Knoblauch gebraten kann man sie einfach hinter dem Kopf abbeißen und ganz essen. Manfred hat gestern mit dem Speer eine Meeräsche gefangen, die ich heute zum Frühstück verspeist habe. Die Festung hier würde Dir gefallen. 3 Km Festungsmauern umschließen 18 ha Gelände, überwiegend Wald. Mit dem Bau ist schon im 12 Jh. begonnen worden.

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(Postkarte von Islas Cies) Bayona 18.8.90
Liebe Martina!

Der deutsche Wetterbericht gestern hat uns heute vom Auslaufen abgehalten, aber jetzt ist doch alles ruhig geblieben und die 8 Bft sind ausgeblieben. Aber das ist nicht schade, denn es gefällt uns hier gut. Von der Festung aus hat man einen guten Blick zu den Inseln hinaus. Es gibt auch einige schöne Strände direkt hier in der Bucht. Der Yachtclub befindet sich in einem Teil der alten Festung und ist recht schön angelegt. Die Spanier hier sind auch sehr freundlich und haben uns gleich einen Mechaniker für den Motor organisiert. Das war nicht einfach, denn es gibt hier z.Zt. viele lokale Feiertage für alle möglichen Heiligen. Die Fischer schießen zu Ehren ihres Heiligen ständig Blitz-Knall-Raketen in den Himmel. Manchmal kracht es eine halbe Stunde lang und die kleinen weißen Sprengwölkchen stehen über einem Kap gut sichtbar am Himmel. Das hört sich manchmal an wie Artillerieschießen mit verschiedenen Kalibern. In Galicien gibt es überhaupt noch sehr viel Brauchtum und sie haben auch eine eigene Sprache (Dialekt). Hier wird viel mit "X" geschrieben, z.B. statt Caja (= Kasse/Bank) "Caixo", oder statt Jose "Xose". Auf Straßenschildern ist oft das "J" mit "X" übersprüht. Nationalismus überall. Da haben's wir Bayern einfacher, wir sind schon Freistaat. Auf der "Alk" ist Manfred Hamburger und Heike ist aus Kempten, das gibt oft lustige Späße.

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Porto, 27.8.90
Eiffelbrücke PortoLiebe Mutti!

Endlich habe ich die Maschine herausgenommen, um zu schreiben. Jetzt seit wir im Süden sind, hat das Leben wieder einen ganz anderen Rhythmus bekommen. Wir sind viel mehr an Deck und unternehmen auch mehr, obendrein haben wir dauernd Gesellschaft. Da fliegt die Zeit nur so dahin und bald wird auch schon Omar da sein, wo doch Mike "kaum" weg ist.

Eine ganze Reihe von Informationen habe ich ja bereits in Karten oder Briefen bzw. per Telefon mitgeteilt, aber ich glaube es bleibt doch noch genug zum Schreiben für diesen Brief übrig. Wir sind ja inzwischen schon wieder in einem anderen Land und haben dazwischen viel gesehen und erlebt.

Mit Mike und Familie haben wir eine schöne Zeit in den galizischen Rias verbracht, diese Gegend ist auch wirklich sehr schön. Die Berge sind dort so etwa 500 bis 1000 m hoch und die Rias sind ganz tief eingeschnittene und verästelte Buchten. In alle diese Rias münden auch Flüsse und so gibt es wenigstens eine, meist flache Bucht. Die Ufer sind sonst meist steil und felsig und oft sind gefährliche Klippen und Riffe vorgelagert, so daß man bei einigen Ein- oder Durchfahrten besonders genau navigieren muß. Wenn sich die z.T. hohe und lange Atlantikdünung auf diesen Riffen bricht, sind diese zu sehen und es ist ein toller Anblick daran vorbeizufahren. In all den kleinen Städtchen gibt es gedeckte und offene Märkte für Gemüse, Fisch und Fleisch. Da macht das Einkaufen besonders viel Spaß und da Mike wieder kein Glück mit dem Angeln hatte, gingen wir immer gerne zum Fischmarkt, wo wir uns den "Fang" sogar aussuchen konnten. In fast allen Häfen lagen wir innerhalb der großen Hafenbecken vor Anker. Zum Teil war sogar innerhalb der Molen Sandstrand zum Baden, was die Kinder besonders geschätzt haben. Der schönste Badeaufenthalt war jedoch an Brigittes Geburtstag auf der Insel Cies. Du wirst ja inzwischen die Postkarten davon gesehen haben. Jedenfalls sind die zwei Wochen mit Mike sehr schnell vorbeigegangen und die konnten es kaum glauben wie wir in Vigo lagen und es Zeit zum Abflug war. Claudia mußte zurück, da am nächsten Tag schon ihr Flug nach Amerika ging, wo sie wieder zur Behandlung mußte, aber die anderen haben es sich schwer überlegt, noch eine Woche zu bleiben. Inge wollte vor allem Mike dazu überreden, denn er hatte mal wieder Urlaub notwendig und er gönnt sich einfach zu wenig. Die neue Behandlung seit etwa einem Jahr hat Claudia völlig verändert. Die durch die Krankheit verursachte Wachstumsrückstände hat sie schnell aufgeholt und für Mike und Inge ist das auch eine ungeheuere Erleichterung, denn diese seltene Krankheit, Morbus Gaucher, war bis vor kurzem nicht behandelbar. Gernot und Claudia kamen in La Coruna auf die Mole nahe zu unserem Ankerplatz gesprungen, ich ruderte die kurze Strecke hinüber, und da kam ein hübsches, nettes, lebenslustiges Mädchen über die großen Felsen zum Boot heruntergeturnt, das war ein wirklich erfreulicher und überraschender Anblick, obwohl mir Mike in Paris und auch schon in Eisenberg von diesem medizinischen Durchbruch erzählt hatte.

Gernot ist eine richtige Wasserratte und ihm machte es Spaß, seinen Vater mitsamt seinem wasserscheuen Freund als solche zu brandmarken bzw. eher anzuspritzen. Wir hatten es also immer recht lustig und unterhaltsam an Bord und mit dem Wetter hatten wir sehr viel Glück. Wir mußten zwar einige Male motoren, oder ein Stückchen motoren, aber dafür hatten wir keinerlei wetterbedingten Aufenthalte und statt Nebel hatten wir zum Teil sogar brilliante Sicht, was hier eigentlich selten ist. Jedenfalls braucht sich unser Radar nicht über Arbeitslosigkeit zu beklagen. Vorgestern segelten wir bei zwar guten Wind zusammen mit Alk die 35 Sm nach Leixoes, aber obwohl wir dicht nebeneinander segelten, sahen wir uns erst wieder im Hafen. 8-Stunden Radar/Nebelfahrt entlang einer befahrene Küste, das ist anstrengend,Blauhai aber wir hatten eine aufregende Unterbrechung. Dianne angelte einen 77 cm langen Blauhai, der gehört zu den Menschenhaien und hatte auch ganz schöne Beißerchen.

Da ich wegen der achterlichen See selbst steuerte, konnte ich Dianne nur die Machete reichen und ein Messer. Wie Dianne dann später die Kühltruhe öffnete, schlug der Hai trotz durchschnittenem Genick noch einmal mit dem Schwanz. Abends vor Anker haben wir ihn dann gegessen, nachdem ich ihn mühsam gehäutet hatte.

Nachdem Mike in Vigo von Bord gegangen war, gab es erst mal großen Waschtag und dann schauten wir uns auch noch etwas die Stadt an. Von Vigo aus sind wir dann für einige Tage nach Cangas, wo wir hinter der großen Mole sicher ankern konnten und ein naher Supermarkt uns mit allem versorgte. Alk lag dicht neben uns und wir hatten gesellige Tage zusammen und grillten auch zusammen auf der Mole. Von Cangas aus fuhren wir dann nach Bayona, dem letzten Hafen in den Rias und auch der letzte spanische Hafen. Beim Einlaufen machte dann plötzlich der Motor komische Geräusche. Wir lagen zuerst noch vor Anker. Mit dem Beiboot fuhren wir zum Yachtclub, der auch eine Steganlage hat. Nachdem alles klar war, verholten wir die ARION mit dem Beiboot an die Pier. Ich schleppte zuerst voraus und dann stoppte ich das Boot ab und bugsierte es rückwärts an den Steg. Wir lagen dann vor Mooring und Heckleinen. Bootsnachbarn, zufällig lauter Deutsche halfen uns beim Festmachen und das lustigste war, daß das Boot am Steg gegenüber ein Schwesterschiff der ARION war.

Ich hatte zunächst Befürchtungen, daß wir einen Schaden am Ventil hätten und sah mich schon den Zylinderkopf demontieren. Wir bekamen dann am nächsten Tag durch Vermittlung des Clubs einen Mechaniker und der riet zunächst nur den Auspuffkrümmer und die Einspritzdüsen zu demontieren. Dabei stellte ich fest, daß die Düse "eins" geblasen hatte. Der Halter hatte sich gelockert und da zischte es heraus, also kein Ventil. Wie nachmittags der Mechaniker wieder kam, gab ich ihm alle Düsen mit, zusammen mit meinen neuen Ersatzdüseneinsätzen, die er in der Werkstatt montierte und einstellte. Abends brachte er sie mir wieder und nachdem ich alles wieder zusammengebaut hatte, lief der Motor wieder hervorragend. Am nächsten Tag fuhren wir dann nach Vigo mit dem Bus und besorgten in der dortigen Perkins-Vetretung, glücklicherweise gerade dort, alle Ersatzteile, die ich aufgebraucht hatte, wieder neu. Besonders schön war die Busfahrt nach Vigo, denn wir fuhren hoch oben am Hang entlang und hatten herrliche Ausblicke auf das Meer, die Inseln Cies und den Ria de Vigo. Wir blieben dann noch einige Tage in Bayona, denn wir hatten einen schönen Ankerplatz gleich unterhalb der Festung. Wir erlebten dann noch zweimal abends ein Gewitter und am nächsten Tag gab es leichten Wind. Also Auslaufen, aber schon nach 3 Sm Flaute und wir mußten 6 Std. bis nach Viano do Castello motoren. Dort gab es dann abends ein besonders heftiges Gewitter und viel Regen. Das war endlich mal notwendig, denn überall waren bereits Waldbrände und die Löschflugzeuge schöpften immer vor dem Hafen von Bayona. Viano do Castello war unser erster Hafen in Portugal und wir mußten erst einmal einklarieren. Das ging nicht so einfach formlos wie in Spanien, sondern war richtig mit Papierkrieg bei mehreren Behörden verbunden. Aber sie waren alle sehr freundlich. Das Städtchen, in dessen Zentrum wir im alten Hafen sehr geschützt lagen, gefiel uns sehr gut und besonders schön war ein Ausflug mit einem alten Bähnchen auf Schienen mit umlaufendem Seil auf den Berg über der Stadt, wo eine Nachbildung von Sacre Coeur steht. Ein Wägelchen ist immer oben, eines unten; in der Mitte, wo sie sich begegnen, wird es zweigleisig. Wie viele Dinge hier wurde es von Eiffel gebaut, wie auch die Brücke über den Rio Lima in Viano und die Ponte Luiz I hier in Porto, wo wir jetzt direkt davor liegen. Leixoes ist der heutige neue gute Hafen von Porto aber dort riecht die Ölraffinerie und wir liefen dort nur wegen des Nebels ein, denn die Mündung des Rio Douro 2 Sm südlicher hat Sandbänke und wir wollten das bei einigermaßen Sicht und günstiger Tide machen. So liefen wir erst gestern hier in Porto ein und machten nach 3 Sm im Fluß gegenüber den ganzen berühmten Portweinfirmen an einer hohen Mole vor der Brücke fest. Wir sind hier direkt in der unbeschreiblichen Altstadt von Porto. Das müßt Ihr demnächst im Video ansehen. Die Altstadt ist an den steilen Abhang des Flußufers gebaut. Herrliche Bauten, die nach dem Erdbeben im Mittelalter, das auch Lissabon zerstörte, im barocken Stil renoviert wurden, wechseln sich mit hohen Mietshäusern ab, welche die enge steile Gassen überragen. Zwischen den Häusern trocknet die Wäsche 5 - 6 Stockwerke hoch und unten starrt alles vor Schmutz und riecht auch so. Ein unbeschreiblicher Eindruck für alle Sinnesorgane. Diese Mischung aus prächtigen Straßen und Armenvierteln ist wirklich reizvoll, vor allem wenn man davor mit einem ordentlichen Schiff am Fluß liegt. Wir liegen an der "ALK" längsseits und das Gelände hier wird von der Guardia Fiscal bewacht, ist also nicht frei zugänglich. So liegen wir hier nicht nur schön, sondern auch sicher. Morgen werden wir die Fa. Sandemann Portweinkellerei besichtigen. Jetzt will ich zusehen, daß der Brief gleich noch weggeht und etwas filmen möchte ich auch noch.

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(Postkarte von Porto aus der Luft) 29.8.96
Liebe Mutti!

Vorgestern haben wir unsere große Stadtrundwanderung gemacht. Das ist hier bei den steilen Gassen und Treppen der Altstadt recht anstrengend. Das große Gebäude auf dem Bild ist die Kathedrale aus dem 12./14./18. Jh. Dort gibt es einen Kreuzgang aus dem 12. Jh. und einen barocken Kapitelsaal mit herrlichem Blick auf das tiefe Flußtal. De Brücke ist von Eiffel gebaut worden. Eine imposante Konstruktion und man hat einen guten Blick auf den Fluß herunter. Die nahe Eisenbahnbrücke sieht fast gleich aus und ist auch von ihm entworfen. Die Autobahnbrücke ist auch so eine Bogenbrücke, aber aus Beton. Wir sind länger hier als geplant und morgen wollen wir zusammen mit "Alk" mit der Bahn das Douro-Tal hinauffahren, um etwas vom Inland zu sehen. So werden wir Omar nicht in Lissabon an Bord nehmen, sondern ihn mit der Bahn nach Aveiro kommen lassen. Die Bahn ist hier sehr billig. Porto - Lissabon z.B. ca. 11 DM. Gestern haben wir eine Portweinkellerei besucht und abends saßen wir alle bei neuem Wein auf der "Alk", zusammen mit 4 Österreichern von einem Katamaran.

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(Postkarte von der Brücke in Porto) 29.8.96
Stadtmole PortoLieber Gottfried mit Familie,

Wir haben hier am bewachten Zollkai vor dem Markt einen guten Liegeplatz gefunden. Am Flußufer gegenüber sind die ganzen berühmten Portweinfirmen. Die Trauben dafür wachsen an den sehr steilen Hängen des Douro in der Provinz Alta Douro. Der Boden mit Schiefer darf nur von Hand bearbeitet werden und auch nicht gedüngt werden. Portwein ist eine geschützte Bezeichnung, und die geschützte Bezeichnung für dieses Weinbaugebiet gibt es schon seit dem 17. Jh. Die alten Firmen sind alle auf Gegengeschäftsbasis aufgebaut worden, z.B. englische Textilien gegen Portwein, oder brasilianische Hölzer gegen Portwein. Zwischen den nahen Marktständen laufen Hühner frei herum und so werden wir morgens von den Hähnen geweckt, die aber hier im Süden auch nicht so früh aufstehen.

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(Postkarte von Häusern in Porto) 29.8.90
Liebe Martina!

Morgen hast Du ja Geburtstag - wie wir gehört haben ist das Päckchen schon angekommen. Wir werden auf Dein Wohl ein Gläschen (oder 2) guten Portweins trinken. Das Haus auf dem Foto ist ein typisches Haus der Altstadt, nur daß sie in den engen Gassen doppelt so hoch sind. Das sieht unbeschreiblich aus. Die neue Oberstadt ist dagegen modern mit weiten Straßen und Platzen und vielen schönen Grünanlagen. Auch die Menschen sind schon rein optisch zweierlei - in der Altstadt und der Oberstadt.

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(Postkarte vom Portweinboot) 29.8.90
Liebe Eisenberger!

Dianne ist am Waschen, ich erledige etwas Post und werde dann zum Bahnhof gehen, um den morgigen Ausflug auszukundschaften. Wir liegen hier mitten vor der Altstadt und am Ufer gegenüber sind lauter solcher alten Frachtsegler unter Segeln verankert. Heute dienen sie nur noch der Reklame, aber früher brachten sie den ganzen Rebensaft zur Verarbeitung in die Portweinkellereien. Unser Liegeplatz ist direkt hinter dem Boot zu sehen. Der Kai wird von der Guardia Fiscal bewacht und kostet etwa DM 1,10 pro Tag. Deshalb wollen wir auch von hier aus den Ausflug ins Land machen, da das Boot hier völlig sicher ist. Sonst liegen wir in den meisten Häfen vor Anker, das ist wegen der Tide praktischer. An den Molen müßten man außerdem ständig zwischen den Fischern hin und her jonglieren. Aber vor Anker kann man das Boot nicht einfach liegen lassen und so können wir je nach Wind nur immer stundenweise an Land.

Gestern abend haben wir mit anderen Booten zusammen kräftig gebechert. Das war recht lustig. Die Österreicher, die schon in Viano do Castello bei uns längsseits lagen, waren auch mit von der Partie. Der Vater mit Sohn sowie ein Freund und Freundin des Sohns stammen aus der Steiermark. Sieht aus wie Louis Trenker mit Familie und reden auch fast so, aber echt gemütlich.

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(Postkarte vom arabischem Raum in der Börse Porto) 8.9.90
Liebe Mutti!

Vielen herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Brief. Als Sofortantwort will ich gleich einmal wieder einen Postkartenbrief an Euch alle schicken. Omar ist mit Ursula am Dienstag gut in Porto angekommen. Wir sind dann am nächsten Tag mit dem Hochwasser ausgelaufen, aber nur bis Leixoes, damit wir dann am nächsten Tag tidenunabhängig auslaufen konnten, um Aveiro mit der richtigen Tide zu erreichen. Wir haben gestern Springtide gehabt, d.h. 3,5 m Tidenhub, da muß man schon damit rechnen. Am letzten Tag in Porto haben wir noch die Börse besichtigt. Dort sahen wir unter anderem diesen prunkvollen Raum. Die Börse ist so aufwendig wie ein Schloß gebaut. Gestern besichtigten wir Aveiro, das auch "Klein Venedig" genannt wird.

(Postkarte von der Bibliothek der Uni Coimbra)

In dieser herrlichen Bibliothek stehen 1 Million Bücher. Es gibt drei prächtige Räume, den roten, gelben (chinesischen) und schwarzen Saal. Die Farben waren aber nicht deutlich vorherrschend und chinesische Ornamente waren in den Ausschmückungen überall vorhanden. Die anderen Räume werdet Ihr auf dem nächsten Video sehen. Solange Omar und Ursula da sind, werde ich aber nicht dazu kommen.

Heute haben wir nicht nur totale Flaute sondern auch absolut glattes Wasser. Das ist für den Atlantik sehr ungewöhnlich, denn sonst ist immer Dünung mit 1 - 2 m da. Es ist sonnig und warm, werde jetzt (nach 11 Uhr) ein Bier einschenken. Sind jetzt gerade 6 Sm ( von 35) unterwegs.

(Postkarte vom Treppenhaus)

Das Treppenhaus in der Börse von Porto:

Die Ornamente sind alle aus Granit geschnitten. Die Börse wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gebaut. 1910 wurde sie ganz fertiggestellt.

Heute ist die eigentliche Börse nur noch ein Raum mit 4 Schreibtischen und einigen Computern. Es gibt auch noch eine Schatzkammer mit ganz wertvollen Schmuckstücken, Tafelsilber und -gold und Filigranarbeiten aus Silber und Gold.

(Postkarte vom Gerichtssaal)

Auch dieser Raum ist in der Börse/Handelskammer. Wegen Geldmangel sind nur die unteren 1½ m der Wände aus geschnitztem Holz, oben ist es eine Gipsstuckimitation, aber die vergoldeten Teile sind echt. Holzschnitzer waren teuer, Gold aus den Kolonien war billig. In einem Raum waren 18 kg Gold an der Decke. Einige Deckenleuchter waren aus einer Tonne Bronze.

Wir haben gerade noch am letzten Tag Zeit gefunden, die Börse zu besuchen, obwohl sie nur 400 m vom Boot weg war.

12.9.90
Sind gestern gleich hinter dem neuen Hafen Nazaré an den Strand zum Baden. Herrlich klares Wasser, grober Sand, nur Möwen und keine Menschen außer uns. Heute früh ein leichter Sprühregen, wir motoren gerade bei glattem Wasser und 5 Kn Wind aus SW (unser Kurs) nach Peniche, einer Gründung der Phönizier.

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(Postkarte von Aveiro) Figuera da Foz 9.9.90
Liebe Brigitte, lieber Sepp!

Vielen Dank für Euren Brief und die viele Post. Wir sind gestern hier im neu gebauten Hafen an der Mündung des Flusses Mondego. Foz heißt Mündung. Der Hafen ist ebenso neu wie der von Aveiro auf dem Photo. Hier wurde viel gebaut und im Sand gebaggert. Die Küste hier ist bis auf die felsigen Kaps kilometerlanger Sandstrand. Immer etwa 50 Km am Stück und nur bei den Städten belebt. Heute haben wir zu Fuß Figuera und den Fischerort Buarcos erkundet und morgen früh fahren wir mit der Bahn nach Coimbra. 1320 wurde die Universität von Lissabon dorthin verlegt. Das hat die sonst kleine Stadt natürlich sehr geprägt. Übermorgen wollen wir dann weiter nach Nazaré und dann nach Peniche. In Porto hatten wir eine Einladung von José Luis, Diannes Brieffreund vor langer Zeit. Er war einmal in England, aber da war Dianne nicht da, so kannte er nur Mum, Dad und Chris und sah Dianne hier das erste Mal. Er ist sehr nett und auch seine Familie (2 Buben 13, 11) ist auch sehr nett. Er hat eine Knopffabrik mit z.Zt. 47 Arbeitern, die wir natürlich besichtigten. Ich hätte nie gedacht, daß es technologisch soviel interessante Dinge rund um Knöpfe gibt, ich habe Knöpfe immer für simpel gehalten.

Vergangenen Sonntag kam dann die Familie an Bord und wir fuhren für einige Stunden bei strahlendem Wetter aus dem Douro hinaus. Das hat den Buben, mit denen wir uns gut verstanden, riesigen Spaß gemacht. Sie hatten erst 4 bzw. 2 Jahre Englisch aber das ging recht gut.

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(Postkarte von Segelschiffen) Figueira da Foz, 10.9.90
Lieber Sepp, liebe Brigitte!

Wir sind gerade ganz begeistert aus Coimbra zurück gekommen. Wir fuhren heute früh mit dem Zug los und leider lag in den fruchtbaren Flußniederungen noch Nebel. Aber jetzt bei der Rückfahrt sahen wir die riesigen Reisfelder in der Ebene zwischen den hügeligen Seiten. Auf zwei Anhöhen nahe bei Figueira da Foz stehen noch mittelalterliche Festungen mit völlig erhaltener Stadt innerhalb der Mauern von ursprünglich 716 bzw. 1087. Wir sahen sie kurz vom Zug aus. Coimbra wurde durch die 1320 dorthin verlegte Universität von Lissabon geprägt. Es existieren noch die alten Gebäude, die z.T. wirklich prächtig sind, und die Bauten der "neuen" Universität im klassizistischen Stil. Alle Gebäude der Altstadt sind hoch oben auf einem Hügel über dem Fluß Mandego gelegen. Wir haben heute so viel gesehen (und geschwitzt), daß uns fast der Kopf schwirrt. Besonders schön war auch die Kathedrale mit gotischem Kreuzgang. Die Kirche selbst im romanischem Stil ist fast wie eine Festung gebaut.

Arion und die SAGRESDiese Karte habe ich deswegen ausgesucht, weil wir beim Auslaufen aus Porto von der Hafenpolizei zurückgeschickt wurden, da die "SAGRES" einlief und das ganze enge Fahrwasser brauchte. Das war ein herrlicher Anblick; da wurden Erinnerungen an die "GORCH FOCK" wach! Leider gibt es hier auch viel Nebel vor der Küste und so ein Auslaufen wie aus Aveiro, nur mit Radar, möchte ich nicht immer haben (Blindflug!).

Euer Straßenfest war sicher recht gelungen, da wären wir auch gerne dabei gewesen. Die nächste Postadresse ist in Vilamoura, aber das gebe ich per Telefon durch.

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(Postkarte von der Börse, Porto) In See südlich Figueira, 11.9.90
Liebe Mutti!

Ich habe zwar bereits einen Brief an Dich angefangen, aber ich schreibe erst mal noch eine Karte, das geht in See besser denn man wird für einen Brief doch zu oft abgelenkt. Von Coimbra habe ich in der Karte an Brigitte bereits erzählt. Wir waren einfach begeistert von so vielen schönen Bauten. Auf der Rückfahrt filmte ich die Reisfelder in dem weiten Flußtal, das werde ich im nächsten Video an Gottfried verwenden. Die Landwirtschaft in den einzelnen Ländern ist so verschieden und auch die Hofgrößen sind so verschieden, daß man Verständnis für so manchen faulen Kompromiß in Brüssel haben muß. Man kann nicht alles nur von der eigenen Lage aus sehen. Verteilen ist nicht schwer, aber woher nehmen? Hier, wie in vielen anderen Ländern mit Kleinbauern versucht man Kooperativen, das ist vernünftig, geht aber oft gegen die Unabhängigkeit der Bauern, und das wollen diese nicht. (Wie im Allgäu, jeder will selbst der Größte sein. Dabei ginge es ihnen in einer Kooperative mit niedrigeren Kosten und günstigerer Anlagennutzung besser).

(Postkarte Kathedrale Coimbra)
Am privaten Besitz wird ja nichts geändert, nur gemeinsam investiert und gewirtschaftet. Die Struktur der Landwirte hier geht weit ins Mittelalter zurück und die Fehler von damals wurden auch nach 1974 nie richtig korrigiert.

Wie ich vor einer Woche Omar und Ursula am Bahnhof erwartete hatte ich ein lustiges Erlebnis. Ein nettes kleines Mädchen mit etwa 7 Jahren sah mein Handwägelchen fürs Gepäck und sprach mich an. Sie durfte sich auf dieser Art Sackkarre stellen und ich fuhr einige Runden im Bahnhof. Fröhlich und strahlend ging sie dann weiter. Omar kam aber nicht mit diesem Zug und so wollte ich die Halle verlassen. Da kam sie wieder und durfte halt noch mal fahren. Dabei plapperte sie munter in portugiesisch und störte sich nicht an meinen wenigen Worten "No comprende, parlo aleman". Da redeten wir halt in zwei Sprachen, aber sie wollte nicht mehr gehen und sah mich immer nur mit strahlenden schwarzen Augen an. Erst ein Polizist, der etwas französisch konnte, befreite mich aus meiner Adoptivrolle und ich konnte mit meinem Wägelchen an Bord zurück.

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(Postkarte Universität Coimbra) Peniche, 14.9.90
Liebe Mutti!

Heute früh wollten wir eigentlich weiter nach Süden, aber der blaue Himmel war dann plötzlich im dichten Morgennebel, der vom Meer hereinzog, verschwunden. So werden wir heute noch hier bleiben. Jetzt ist es aber wieder sonnig und schön warm (12 Uhr). Gestern waren wir in der Festung und dem darin befindlichen Heimatmuseum. Das Museum war nicht gerade überwältigend und befindet sich noch im Aufbau. Es gab Funde aus der Steinzeit und Exponate aus der jüngeren Fischereigeschichte. Bedrückend war dann die Besichtigung des aufgelassenen Gefängnisses in der Festung. Seit 1935 wurden da bis 1974 politische Gefangene in Einzelhaft gehalten. Eines der berüchtigten 3 Gefängnisse der PIDE (=portug. Stasi). Von unserem Ankerplatz haben wir einen guten Blick auf die Festung am Hafen. Die Stadt entwickelt sich erst jetzt wieder nach dem Bau des neuen großen Fischereihafens mit Fischindustrie. Früher wollte man wegen des Gefängnisses hier nicht viele Menschen haben.

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(Postkarte mit Standbild von Vasco da Gama, Sines) Cabo de Sao Vicente, 20.9.90
Lieber Sepp, liebe Brigitte!

Diesem älteren ehrwürdigen Herrn bin ich gestern früh beim Semmelholen begegnet, er hat aber nicht gegrüßt. Ich werde ihm halt als Seefahrer zu unbedeutend gewesen sein. Jetzt haben wir gerade Ponta de Sagres voraus und dahinter werden wir im Hafen von Baleeira ankern. Seit heute früh um 4 Uhr haben wir dann 62 Sm zurückgelegt. Auf Ponta de Sagres ist auch eine Festung und so werden wir morgen etwas zu besichtigen haben. Da wir uns jetzt Vilamoura nähern, werden es plötzlich mehr Yachten. Dort ist die einzige Marina von Portugal und somit gibt es jetzt wieder Charteryachten in den Häfen. Wir haben sie die ganze Zeit wirklich nicht vermißt. Jetzt muß ich schnell wieder raus zum Filmen, große ausgewaschene Höhlen in den Klippen!

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(Postkarte vom gefangenen Haien), Cabo de Sao Vicente, 20.9.90
Lieber Christian,

Wir runden gerade dieses berühmte Kap mit der Burg vom Heinrich dem Seefahrer. Direkt vor dem Kap steht noch eine riesige Felssäule im Wasser, der "Gigante". Die Küste um dieses Kap sieht wild aus. Ca. 200m hohe senkrechte Klippen aus z.T. schwarzglänzender Schiefer, von den Winterstürmen glatt poliert. Während über Schottland ein Orkan tobt mit sagenhaften Druckunterschieden, haben wir hier kaum Isobaren und somit nur schwachen Wind. Seebrise. 6 Sm hinter uns segelt die "RASMUS" aus Hamburg, mit der wir Funkkontakt haben. Die "ALK" dürfte heute in Madeira ankommen, wir haben aber noch keine Meldung über Funk. Wir segeln jetzt noch etwas an der Algarve, bis wir auch nach Madeira starten.

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(Postkarte von Sines), Cabo de Sao Vicente, 20.9.90
SträndeLiebe Martina!

Direkt vor diesem Sandstrand haben wir jetzt 2 Tage geankert, da schwimmt man zum Schwimmen an den Strand. Dianne hat's so gemacht, ich fuhr mit dem Schlauchboot und schwamm vom Ufer aus. Das Bild zeigt den alten Hafen, jetzt wird die ganze Bucht durch eine riesige Mole geschützt. In Sines gibt es auch noch eine ganz lange Außenmole nach Westen und einen Handelshafen. Es können Tanker bis 500 000 t einlaufen. Sines ist der einzige so tiefe Hafen in Portugal.

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(Postkarte von Sines), Cabo de Sao Vicente, 20.9.90
Liebe Mutti!

Nachdem wir zwei Tage vor dem Denkmal von Vasco da Gama in Sines seinem Geburtsort geankert haben, runden wir heute Kap S. Vicente mit der Burg von Heinrich dem Seefahrer. Das ist alles bedeutender Boden bzw. besser Wasser. Wir haben Traumwetter. Um 4 Uhr heute früh liefen wir bereits aus und gegen 7 Uhr ging dann die Sonne als riesige rote Scheibe über der Küste auf. Unser Ankerplatz war direkt vor dem Strand und wir waren gestern viel schwimmen. Am Strand gab es eine Wasserrutsche mit Süßwasserbecken. 10mal rutschen für DM 2,50. Da sind wir alle mit viel Spaß gerutscht. Abends gab es dann gebratene Brassen vom Fischmarkt, wo wir ein schönes Angebot hatten. Die Markthalle war ganz neu und sauber gebaut, eine Hälfte Fisch, in der anderen Hälfte Gemüse und Metzgereien. Der Fischereihafen wird von einer neuen Mole geschützt, aber wir sahen alte Fotos vom alten Hafen bei SW-Sturm. Die Mole war nötig! Viele Hafenbauten wurden auch hier von der EG finanziert.

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Figueira da Foz, 9.9.90
Liebe Mutti!

Der Brief kommt wahrscheinlich fast zusammen mit der Postkarte an, aber ich schreibe immer lieber gleich ein paar Postkarten, denn mit Schreibmaschine das dauert immer länger. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, daß die Zeitmaschine etwas Gas gegeben hat und ich komme kaum noch zum Schreiben. Aber wir haben es mit anderen Booten und jetzt mit Omar und Ursula so gesellig, daß immer wieder etwas anderes los ist. Ich glaube am besten komme ich zum Schreiben, wenn wir auf See sind, denn in den Häfen gibt es zuviel zum Anschauen und Erleben.

So kann ich diesen lange begonnenen Brief erst jetzt, fast drei Wochen später weiterschreiben.

Vilamoura, 28.9.90
So, Omar und Ursula sind wieder von Bord, alle Wäsche ist gewaschen, wir warten auf Winddrehung und so habe ich endlich Zeit, einen richtigen Brief zu schreiben, bzw. diesen fragmentarischen Anfang zu vollenden. Aber so komisch es bei uns Dauerurlaubern klingt, wir haben zuwenig Zeit, wenn wir nicht alleine sind. Mit Gästen, die nur einige Wochen Zeit haben, muß man halt immer etwas mehr Programm machen. Auch das Kochen, die Einkäufe und all die Dinge, die in immer wieder neuen Orten natürlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als in einem festgefügten Landhaushalt, sind bei mehr Leuten an Bord zeitaufwendiger. Aber durch unsere Postkartenbriefe wart Ihr ja immer auf dem Laufenden. Wir hatten fast die ganze Zeit in Portugal sehr wenig Wind und oft so glatte See, daß zumindest wir die Dünung gar nicht mehr bemerkten. Omar und Ursula waren jedoch nicht so seefest wie sie es sich wünschten und da sie auch nicht so sportlich sind, legten wir immer wieder Tage vor Anker oder in der Nähe eines Badestrandes ein! Wenn die beiden am Strand lagen, gingen Dianne und ich oft alleine zu Fuß los. Hier ist ja entlang der ganzen Küste nicht nur sehr geschichtsträchtiger Boden und es gab auch allgemein immer viel anzuschauen.
An den Postkarten konntet Ihr auch sehen wie unterschiedlich die Küste hier ist. Die optisch spektakulärste Küste hat natürlich die Algarve, die ist einmalig. Das weiche Sedimentgestein aus Ton und Muscheln, wurde zu hohen Klippen aufgefaltet, die dann vom Meer zu freistehenden Türmen, Überhängen und Höhlen ausgewaschen wurden. Das Wasser dazwischen ist kristallklar. Ganz anders dagegen die Fluß- und Lagunengegenden von Aveiro und Figuera da Foz. Aveiro war einmal ein bedeutender Atlantikhafen, wurde aber im Mittelalter durch eine Sandbank nach einer Sturmflut abgeschnitten und bekam erst im 19. Jh. wieder einen Zugang gebaggert. Es liegt 7 Seemeilen landeinwärts und davor ist ein riesiges Lagunengebiet mit Salzpfannen, Fischerei, Tanggewinnung für Dünger und Vogelschutzgebieten. In diese einmalige Landschaft hinein wurden in jüngerer Zeit gewaltige Wasserbauten gesetzt, die das Wasser leiten und kanalisieren und auch Hafenbauten für die Großschiffahrt ermöglichten. Wegen der starken Gezeiten und des Sandes sind diese Leitdämme und Molen notwendig. Figuera da Foz sah ganz anders aus. Nach 30 Sm Sandstrand mit riesigen Pinienwäldern erhob sich plötzlich Kap Mandego mit seinen hohen Felsen aus dem Meer und gleich südlich davon war der neu gebaute Hafen in der Mündung des Mandego. Der Mandego ist durch Stauwerke inzwischen gezähmt aber in dem weiten Tal zwischen den seitlichen Hängen und den Hügeln bei Coimbra ist es feucht genug, daß dort viel Reis angebaut wird. Mit deutscher Hilfe wird aber gerade dort die Landwirtschaft umstrukturiert, weil das alte Bewässerungssystem und die Anbauweise in der EG nicht mehr konkurrenzfähig sind.
Während wir da waren, liefen auch zwei deutsche Frachter den Hafen an. Wir lagen in einem kleinen Yachtbecken seitlich vom Flußhafen direkt vor der großen Markthalle. Es macht immer wieder Spaß auf diesen offenen Märkten ohne Verpackungsmüll frisch einzukaufen. Da kann man den Käse probieren und die Marktfrauen über die Sorten befragen. Den Fisch bekommt man gleich ausgenommen und das Fleisch wird einem so abgeschnitten, wie man es will. Nur etwas mehr Zeit dauert der Einkauf, weil man prüft, vergleicht und schaut.
Nach diesem Leben mit den Einheimischen ist jetzt diese moderne Marina Vilamoura fast wie ein Zivilisationsschock für uns. Lauter Beton und Glas, herumlaufende Schickeria oder was sich selbst dafür hält. Boutiquen en masse, die Preise hoch und alles unpersönlich. Es gibt besonders viele Engländer hier und die übertreffen noch die Neckermänner. Wir genießen aber den Luxus von Wasser und Stromanschluß am Schiff und der Liegeplatzpreis ist zwar hoch, aber im Vergleich zu den englischen Häfen, wo wir ohne Strom und Wasser im Päckchen mit anderen mehr bezahlten, recht tragbar. Wir sind nur von den ganzen Gratishäfen in Irland, Spanien und Portugal inzwischen verwöhnt. Hier haben wir auch den Service von Wetterkarten, was für unsere Planung nach Madeira wichtig ist. Bis Montag soll sich das Tief vor Portugal fast völlig aufgelöst haben, dann wird es wieder Nordwind geben. Die moderne Telekommunikation macht vieles einfacher. Wir spielen mit dem Gedanken an einen Fax-Decoder mit Drucker, dann könnten wir per Fax Wetterkarten selbst aufnehmen, die Geräte werden immer billiger und wir könnten auch Briefe per Fax aufnehmen. Mal sehen was die Firma Sommerkamp in Las Palmas so hat. Die Post von Brigitte ist hier beim TO Stützpunkt im Hafen, einem Reisebüro, das einem Deutschen gehört, gut angekommen. Aber keine Post von Dir? Hat Brigitte Dir nicht rechtzeitig die Adresse gegeben? Die Post braucht etwa 5 Tage. Wir haben jetzt über Funk von Freunden aus Rhodos erfahren, daß dort noch ein Brief an uns ist! Er schickt ihn jetzt an Brigitte. Wir haben heute Post für einen anderen Segler angenommen und nach Monastir/Tunesien geschickt. Gut, daß man immer in Funkverbindung mit der Segelgemeinde steht. So jetzt hat die Post wieder geöffnet und wir müssen los.

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Vilamoura, 29.9.1990
Liebe Eisenberger,

kaum hatte ich den Hörer aufgelegt, fielen mir wie immer tausend Sachen ein, dabei hätte ich mich als Anrufer besser vorbereiten können. Vom Urlaub für Dich, Brigitte, ist auf den Kanaren wohl keine Rede mehr, dafür gibst Du ja schon feste Daten für die USA an, die ich schon im Tagebuch vermerkt habe. Daß Heinz und Ulli vier Wochen planen, ist ja sehr schön. Wir werden wohl unsere Karibikplanung erst auf der Überfahrt machen, da haben wir Zeit, die Bücher zu wälzen und in Gran Canaria kriegen wir erst die Seekarten. William wollte in der Karibik heiraten. Wir nehmen an, daß es nicht mehr klappt wegen seiner Ernennung zum Intendanten des Hessischen Landestheaters, aber vielleicht gibt es trotzdem einen kurzen Hochzeitsurlaub.

Wir haben noch nicht einmal unsere Fahrt durch die Kanaren richtig geplant. Wir würden gerne mit Lanzarote anfangen, aber der Wind auf der Überfahrt von Madeira könnte uns unter Umständen schon weit westlich versetzen. William hat geschrieben, daß er mit Anna vom 8.-15.11. eine Woche auf Lanzarote verbringt und anschließend nach Gran Canaria kommt, um bei uns einzusteigen. Wir haben ihn gebeten, die Telefonnummer seines Urlaubsortes bekanntzugeben, falls irgend etwas bei uns dazwischenkommt. Jürgen hatte ich geschrieben, daß wir ihn und Werner dann auch um den 17. auch in Las Palmas erwarten. Dann können wir gemeinsam zuerst über Teneriffa nach Gomera, bevor wir den großen Schnitt machen. Da haben Werner und William die Chance, das Boot kennenzulernen, bevor es richtig losgeht. William ist zum Stellvertretenden Intendanten vom Hessischen Landes Theater ernannt worden - eigentlich schon zum 1.10., was ihm ja einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Er hat die Ernennung auf den 1.1. hinausschieben lassen können.

Der Film Nummer 40 wird fast leer gewesen sein, das ist der, den ich nicht richtig eingelegt hatte und wieder herausnahm. Sollten allerdings die Bilder weiter hinten am Film auch nicht richtig transportiert sein, müßte ich das gleich wissen, denn dann liegt es doch an einem Fehler im Apparat. Gib bitte den Film Jürgen mit. An diesem Apparat geht das Bildzählwerk nicht, leider schon seit ca. 4 Filmen.

Die Rückzahlung Debeka entspricht vier Monatsbeiträgen. Das ist ein warmer Regen und wesentlich kulanter als die Rückzahlungen der Vereinten. Aber das wußten wir ja vorher.

Vielleicht fährt noch eine Finnin mit bis zu den Kanaren. Es hängt eine Notiz am Marina-Rezeptions-Schwarzen-Brett aus, daß sie eine Mitfahrgelegenheit sucht, und unser Bootsnachbar kennt sie und hat sie als fleißig und ehrlich bezeichnet. Montag früh wissen wir mehr. Diese Marina ist eine der künstlichsten, die wir je kennengelernt haben. Hier war vorher gar kein Ort. Rundherum sind nur Hotels, Restaurants, Souvenirläden. Kemer und Monastir waren zuvor auch Touristenghettos aber immerhin an einen Ort angeschlossen, wo das Leben wirklich gelebt wird. Hier wird nur vorgelebt, Hauptsache Lacoste, Benetton, Rolex... Omar und Ursula hatten nicht nur Glück mit dem Wetter. Sie haben auch wegen des Nebels Anoraks gekauft. Der Atlantische Schwell machte obendrein auch beiden zu schaffen, Omar sogar mehr als Ursula. Die ersten Fahrten verbrachten sie daher in der Koje und hatten vom Segeln als solches eigentlich erst hier an der Algarve Freude. Die Küste hier ist auch spektakulär. Es ist nicht umsonst zu einem Touristenziel geworden. Steile rötliche Felsklippen mit vorgelagerten Nadeln und tiefen Höhlen wechseln mit breiten Sandstränden ab. Nur die Touristenburgen sind größtenteils kastenförmige unansehnliche Bauten, daß es auch anders geht, haben wir bei Portimao gesehen. Da durften wir in der Stadt nicht liegen und gingen vor dem gegenüberliegenden Dorf vor Anker. Das Dorf hieß Ferragudo und hatte seinen ursprünglichen Reiz überhaupt nicht eingebüßt, obwohl es noch vom Tourismus profitiert. Wir hatten zu Mittag in einem kleinen Lokal gesessen, nur 50 Schinken....., ein Holzkohlengrill daneben. Direkt davor wurden die Fischernetze geflickt, die Fischer kamen auch mittags ins Lokal. Da waren wir mitten im Leben. Kein Schickimicki-getue wie hier!

Unsere Funkkontakte sind in letzter Zeit recht erfreulich. Wir reden häufig mit einem Schiff namens TAGTRÄUMER auf Mallorca. Er will sich dort seßhaft machen, das Schiff steht seit gestern zum Verkauf. BUMBLE BEE und PEER GYNT nähern sich uns langsam von Osten her. Noch sind sie östlich von Gibraltar, aber auf den Kanaren müßten wir uns noch treffen. PEGEPEWI und PENELOPE, die Ihr damals in Split kennenlerntet, sind auch oft zu hören, auch wenn sie nur urlaubsweise segeln. Fritz von der PENELOPE ist jetzt in der Ägäis, geht aber nach Aquilea in Italien, weil er in Österreich im Winter Zuhause sein will, er wird dann Großvater. Christian von der "C'est si bon", die wir in Athen kennenlernten, fand einen Brief an uns in Rhodos und schickte ihn Dir zur Weiterleitung. Wir haben dafür Post an Joseph Haydn in Monastir weitergeleitet. Es sind natürlich alles alte Hüte aber besser als verlorengegangen. Bei verlorengegangen fällt mir der Brief von Manfred Melcher ein. Ihm habe ich geschrieben, daß wir wohl jetzt nicht zusammenkommen, da er nach Venezuela will und wir ja Richtung USA gehen. Wir können jedoch in Kontakt bleiben, falls er eine andere Etappe mitmachen möchte. Viele Leute gehen heuer eher Richtung Venezuela, - Karibik ist scheinbar nicht mehr in. Es hat uns unheimlich gefreut, daß Gottfried sich jetzt auch wegen unserer Filme einen Recorder gekauft hat, ich glaube, es war schön, daß Ihr immer zum Videoschauen zusammengekommen seid, aber Gottfried und Franziska hatten weniger davon, wenn sie nach einer Weile einschliefen. Sie haben nun mal einen anderen Lebensrythmus und jetzt können sie ganz in Ruhe schauen. Ich möchte wetten, daß in Oberdeusch Monika als erste die Bedienung des Gerätes heraushatte. Stimmt’s? Ist eigentlich der Ägyptenfilm je wieder aufgetaucht?

Schön, daß Ihr Wanderungen und eine Radtour im Urlaub gemacht habt. Etwas radeln könnten Omar und Ursula brauchen, denn sie haben zu wenig Bewegung und immer Gründe, warum sie keine Zeit zum Sport haben. Dabei ist es so wichtig, sich in jungen Jahren fit zu halten. Meine Schwester hat jetzt ein eigenes Rad. Sie hat genauso wie ich als Kind keines gehabt, weil es bei uns so verkehrsreich war. Jeremy und Oliver haben gerade eine Tour zugunsten irgendeines wohltätigen Zwecks absolviert und schafften 33 Meilen und klapperten dabei 14 Kirchen ab! Unser Tandem ist seit Lymington in der Vorpiek gut verstaut. Ein einfach zusammengestelltes Klapprad würden wir vielleicht mehr benutzen, aber vermißt haben wir das Rad nicht. Hier brauchen wir das Beiboot mehr. Die Marina ist groß und die Rezeption mit Wetterkarte, Duschen und so weiter ist ein Zollbereich, der nur über Wasser zugänglich ist. Hier sausen also ständig die Beiboote hin und her. Das ist eine drollige Art, eine Marina zu konstruieren. Heute nacht werden die Uhren zurückgestellt, da wird es auf einen Schlag herbstlich, obwohl, wenn Ihr vom Schnee in den Bergen schreibt, dann ist es nicht mehr lange hin bis zum Winter. Fürs Oktoberfest ist aber meist Sonne angesagt. Der neue Feiertag fällt mitten in die "Wies'n", da wird doch nicht die CSU was gedreht haben? Wir denken recht viel an Euch, mit freundlichen Grüßen an alle Dianne und Karl

Planung

Januar Grenadinen

Februar San Lucia Martinique und Guadeloupe

März Virgin Islands Bahamas, zur Hurrikansaison sollten wir dann nordwärts gehen

15. Mai Cape Hattaras USA, wegen der Versicherung.

Die Grenadinen sind, nach dem die Amerikaner "aufräumten", okay. Viele Buchten. Virgin Islands ("British virgins are the best") sind auch sehr schön und sicher, britisch bzw. US-amerikanisch. Dazwischen ist es wechselhaft! Inge und Mike wollen auch in die Karibik, sonst keine Termine.

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Algarve, 1. 10. 1990
Lieber Christian,

hier mal wieder einige Informationen aus dem Fischerleben. Auf der Postkarte siehst Du die Fischer beim Herrichten ihres Fanggeschirrs. Mit diesen Legangeln werden Conger und Muränen gefangen. Dazu muß an der kilometerlangen Leine jeder Angelhaken mit einem Köder bestückt werden. Außerdem werden hier auch Riesenmengen von Sardinen und Octopussen (Kraken) gefangen. Die Sardinen werden mit Netzen gefangen. Für den Fang der Kraken gibt es Körbe mit jeweils einer Sardine als Köder darin. Wenn er in den Korb hineinklettert, findet er durch das enge Loch nicht mehr heraus. Eine zweite Methode, die wir zuvor noch nie gesehen hatten, ist der Fang in Tonkrügen. Die etwa 30 - 40 cm großen Krüge haben am Bodenrand eine Öffnung für die Leine. Sie werden dann wie Perlen an einer Schnur auf dem Grund abgelegt. Kraken sind nicht nur neugierig, sondern auch faul und schlafen gerne in Höhlen. Nach einiger Zeit kann man dann die ganzen Krüge wieder hochziehen, der Anfang der Leine ist an einer Boje festgemacht und die Kraken bleiben in den Krügen, weil sie sich bei Gefahr in eine Höhle "zurückziehen".

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Cabo Sao Vincente

Capo Sao Vincente bis Porto Santo Madeira, 5.10.1990
Liebe Mutti,

heute nachmittag hat uns der Wind verlassen und inzwischen ist es so ruhig, daß ich hier im Salon schreiben kann. Da die Maschine läuft, ist auch der Strom für die große Beleuchtung kein Problem, denn ich schreibe auf Nachtwache. In der letzten Nacht wäre Briefeschreiben nicht möglich gewesen, denn wir hatten den ganzen Tag und die Nacht viel Wind und noch mehr Seegang. So mußten wir sogar nachts von Hand steuern, weil der Winkel von Wind, See und Kurs nicht ideal für Gustav war. Seit heute 15 Uhr arbeitet wieder Gustav und ich bin nur Sklavenaufseher. Heute gleich nach Sonnenaufgang haben wir unerwartet einen Fischer passiert, ansonsten sind wir schon seit Cap Sao Vincente keinem Schiff mehr unterwegs begegnet und wir haben den Atlantik für uns. Wir haben eine traumhaft schöne Nacht. Kleine Kumuliwolken schweben vom Vollmond zart beleuchtet über der silbrig schimmernden See, die ihren Glanz ständig mit dem Wiegen der langen hohen Wellen und der alten Dünung wechselt. Darüber funkeln unzählige Sterne. Dafür nimmt man dann halt auch mal eine Nacht wie die letzte in Kauf. Da haben wir die Köpfe nicht rausgesteckt, alle Luken dicht, einer am Ruder, einer in der Koje, alle zwei Stunden Wechsel, bis es halt vorbei ist. Meine beste Idee war das Steuerhaus, wir werden oft darum beneidet. Über Funk haben wir immer Kontakt mit jeder Menge anderer Boote und jetzt haben wir per Ätherwellen das englische Boot BARNACLE BEE wieder getroffen, die wir von Kreta her kennen, sie waren heute früh nur 120 Seemeilen von uns entfernt. Sie war auf der gleichen Schule wie Dianne, er machte das gleiche Studium an der gleichen Uni wie Dianne und wurde dann Marineoffizier. Wir werden sie wohl am Montag in Porto Santo treffen. Vilamoura war zwar ein ganz gute Hafen aber die Ferienanlage mit den ganzen Leuten und deren Gehabe, das gefiel uns nicht. Wir haben aber auch dort wieder bekannte Boote getroffen und per Aushang konnten wir einige alte Seekarten und Handbücher verkaufen und vor allem bekamen wir billig alle fehlenden Karten von der Karibik. Jetzt haben wir für die nächsten ein bis zwei Jahre alle Karten an Bord. Etwa Dienstag war das wechselhafte Wetter mit Gewittern abgezogen und wir liefen bei traumhaften Bedingungen aus. Aber das lokale Wetter hält sich oft nicht an die Wetterkarten und so hatten wir bald Wind auf die Nase. Der Kurs war aber zunächst nicht weit ab vom Land und wir liefen einfach einen Hafen 20 Seemeilen weiter westlich an und ankerten. Am Abend hatten wir noch einen Österreicher, den wir schon kannten zu Besuch an Bord und uns beiden gefielen der Himmel, der Sonnenuntergang, die Wolken und auch die Mondhalo nicht. Aber am nächsten Morgen probierten wir es gleich um 6.00 Uhr noch einmal. Nur 3 Seemeilen südwestlich von Kap Sao Vicente kehrten wir wieder um und ankerten in Baleera. Dort gab es einen kurzen Regen, der uns die salzige Gischt wieder abwusch und die versprochene schwache Kaltfront ging durch. So konnte ich, obwohl am 3.10. in einem Hafen, nicht über die Toppen flaggen. Aber mit Weißbier und eingelegtem Hammelbraten feierten wir den Tag und hörten die Sondersendung der Deutschen Welle. Mich hat der Tag sehr bewegt und wir haben viel darüber gesprochen. Leider ist England das einzige Land, das nicht offen freundlich reagiert hat. Wir haben auch BBC gehört und die Töne waren nicht angebracht, ebensowenig wie eine Sendung über Auschwitz am Abend des 2. 10. im britischen Fernsehen und eine Rede von Maggie Thatcher am Montag in New York. Ja ja, die Insulaner, die es nicht begreifen können, daß das Empire dahin ist.

Die Deutsche Welle hat eine Brief- und Telefonanfrage bei ihren Hörern gemacht, was empfinden Sie am Tag der Deutschen Einheit. Ich habe hingeschrieben, vielleicht wird der Brief am Sonntag bei der Hörerpost verlesen oder vielleicht gewinne ich sogar ein Radio, es haben nämlich bis zum 3. 10. erst 50 Leute geschrieben, also gute Chancen.

Am Donnerstag früh war dann endlich tatsächlich der versprochene Nordwind da und sogar recht viel davon. Wir sind schon um 6.30 Uhr mit dem ersten Sonnenlicht ausgelaufen und dann fuhren wir passend zum Oktoberfest Achterbahn, ohne Nachzahlen und ohne Anhalten! Gut, daß Omar und Ursula nicht mehr an Bord sind, die würden sogar die 2 m Dünung von jetzt nicht aushalten und gestern kam zur Dünung von guten 3 m noch die Windsee dazu.

Aber damit genug für jetzt, sonst wird Euch beim Lesen noch schwindelig, meine Wache ist um, jetzt gibt es erst mal 2 Stunden Schlaf.

Jetzt habe ich gerade noch den Ort für 22 Uhr eingetragen, der ist genau bei 2.200 m Wassertiefe und wir haben gerade 200 Seemeilen ab Cap Sao Vincente zurückgelegt. Lauter Schnapszahlen. So sieht das in der Karte aus. Dreieck mit Punkt 2.200 22 Uhr Log 200 Seemeilen. Die Landschaft da unten ist ganz schön bergig und vorhin waren es 5.400 m, jetzt 2.200 und um 4 Uhr passieren wir einen Berg mit 18 m! Daneben sind gleich wieder 4.000 m.

6.10. 4.30 Uhr
So jetzt habe ich wieder Wache, die Morgenwache und höre die Musik für Frühaufsteher - hahaha - vom Bayerischen Rundfunk auf Kurzwelle. Bei Euch ist es jetzt schon 5.30 und Gottfried wird jetzt ohne Blasmusik an sein Tagewerk gehen. Wir haben heute nacht einige dunkle Wolken unterquert und jetzt steht der Vollmond direkt voraus über unserer Kurslinie und der ganze Himmel ist wieder klar. Heute nacht sind wir gleich drei Schiffen begegnet, einem Fischer und zwei Frachtern. Um 7 Uhr UTC, das ist auch unsere Bordzeit, werden wir über Funk hören, wo all die anderen Boote sind. BARNACLE BEE wird wohl schon heute abend vor Anker gehen, aber wir haben noch genau 195 Seemeilen, dann wird es Sonntag abend werden. Dianne hat auf ihrer letzten Wache das Buch Airport von Arthur Hailey ausgelesen, ich habe es an der portugiesischen Küste ausgelesen. Ein dicker Schmöker, sehr spannend und informativ. Nicht umsonst werden die Romane Arthur Haileys "Faktion" genannt. Es gibt das Buch bei Heine als Taschenbuch.

Jetzt spielen sie gerade den Oberstdorfer Marsch, heimatliche Klänge. Radio und Funk sind schon tolle Dinge. Man kann natürlich wissen, wie alles funktioniert, aber richtig begreifen kann man es nicht, so geringe Energien reichen aus, um riesige Entfernungen zu überbrücken. Gestern früh sprach ich mit Christian in der Türkei. Eine hervorragende Verbindung. Er ist jetzt unterwegs nach Zypern, wir haben uns zuletzt in Athen gesehen. Ein anderes Boot, mit dem wir seit Tunesien Kontakt haben, ist gerade zwischen Malaga und Gibraltar unterwegs, und wir werden Bernd, Rita und die beiden Buben 9 und 13, wohl auf Madeira oder den Kanaren treffen, je nachdem wie schnell sie aus Gibraltar herauskommen. Die Meerenge hat oft ihre Tücken, es geht zeitweise immer nur von West nach Ost oder umgekehrt, aber nie in beide Richtungen. Es sei denn, man hat eine Dampfturbine mit 30.000 PS.

Deine Post nach Vilamoura ist bis zum 1. 10. nicht angekommen. Weder im TO-Stützpunkt noch in der Marina, dann muß irgend etwas schiefgelaufen sein. Aber die Stützpunktsleiter schicken nach, falls der Brief doch noch auftaucht. Wir befürchten, daß die Royal Mail, meine ohnehin heiß geliebte britische Post, auch einen Brief verschlampt hat. Leider einen, wo es um die Mehrwertsteuer für die Ausfuhr aus England geht, der Brief ist 350 DM wert. In England ist alles Royal, aber genau gesehen altes Gelumpe. Gerade höre ich, daß jetzt endlich auch England dem europäischen Währungssystem beitritt. Die Angst vor dem großen Deutschland hat Maggie wohl den letzten Ruck gegeben. Jahrelang hat England beim Währungssystem immer gebremst und wollte von Währungsunion schon gar nichts hören. Wir hören hier viel Radio und in Portugal konnten wir auch immer eine deutsche Tageszeitung kaufen. So habe ich die noch nicht fertig gelesene Süddeutsche von 2./3. 10. vor mir. Die letzte Zeit war so interessant, daß wir einfach auch öfters eine Zeitung lesen mußten. Mich wundert immer, wie viele Leute man trifft, die nicht einmal Nachrichten hören und absolut unpolitisch sind. Ich habe ja dem Bundeskanzler geschrieben und einen netten Antwortbrief erhalten. Hast Du ihn gelesen?

Jetzt ist wieder mal Wachende, in einer halben Stunde geht die Sonne auf. Die Nächte sind jetzt schon sehr lang. In Irland hatten wir nur 6 Stunden dunkel, hier auf dieser Breite und in dieser Jahreszeit hat man fast 12 Stunden Dunkelheit. Da trifft es einen mit drei Wachen à 2 Stunden. Aber man kann sich immer mal auch tagsüber aufs Ohr legen. Wir haben jetzt nur noch 1 m Dünung. Ich koche noch schnell einen Frühstückskaffee für Dianne, trinke selbst noch eine Tasse und lege mich dann aufs Ohr. Wenn man oft aufsteht, kann man oft ins Bett gehen, alte Lebensweisheit der Wachgänger!

6.10. 12.40 Uhr
Der Wachgänger ist längst wieder aufgestanden und die Zeit geht mit der normalen Tagesroutine schnell vorbei. Dianne hat gerade einige Sonnenstandlinien gemessen und berechnet, ich war am Funk und habe einen Frühschoppen gemacht. Daneben habe ich in der Süddeutschen die Sonderbeilage zum 3.10. gelesen. Finde sie so gut, daß ich sie Dir schicke. Ist ja eigentlich Eulen nach Athen tragen, denn die Süddeutsche wäre für Dich im Abo kein Problem. Wäre das ein Weihnachtsgeschenk?

Der Wind ist immer noch Null, nur der Schwell (Dünung) ist wieder etwas höher geworden. Habe am Funk von einem Amateurfunker gehört, daß es am Capo Sao Vincente gestern ganz unprogrammgemäß wieder sehr geblasen hat. Dieser Schwell läuft jetzt nach. Wir hatten ja dort auch derart viel Schwell. Ansonsten ist schönster Sonnenschein, einige kleine Wölkchen, tiefblaues Wasser und 25° C Lufttemperatur. Habe ein Gespräch von dem Füssener Amateurfunker mit einem Amateurfunker in Norddeutschland mitgehört. Demnach ist bei Euch das Wetter nicht gerade berühmt. Ich bin aber auch froh, daß wir aus dem Norden weg sind, da oben um Irland jagen sich ja die Tiefs, nur daß sie jetzt noch ein wenig tiefer sind! Aber das Klima auf dem Wasser dieser südlichen Breiten, das ist schon gerade das Richtige, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Wir sind jetzt gerade auf 34° 35‘ Nord, 13° 54‘ West. Heute nachmittag passieren wir eine Stelle mit nur 59 m Wassertiefe. Das Meer um diese Stelle herum ist immer ungefähr 4.000 m tief. Den Berg müßte man mal an Land sehen können! Wir sind schon sehr auf den Archipelago Madeira gespannt. Wir werden zwei der Inseln anlaufen. Porto Santo ist auch vulkanischen Ursprungs und hat neben dem Ankerplatz dreieinhalb Seemeilen feinsten Sandstrand, die kleine Insel selbst ist noch recht unberührt und mißt nur 11 x 6 km. Es ist die einzige bewohnte Insel außer der Insel Madeira. Die beiden erloschenen Vulkane sind 506 und 281 m hoch. Es gibt nur einen kleinen Ort auf der Insel. Wir werden nur etwa 2 Tage bleiben und dann die 40 Seemeilen nach Funchal auf Madeira hinübersegeln, das ist eine Insel von 57 x 22 km und Bergen bis zu 1.500 bzw. 1.800 m. Jetzt haben wir gerade ein Ausweichmanöver wegen eines Tankers von 213.000 t mit indischem Kapitän fahren müssen. Er fuhr von Rotterdam beladen (vermutlich Fertigprodukte) nach Afrika. Ich habe auf Kanal 70 ein Gespräch des Kapitäns mit einem anderen Schiff mitgehört, das ich aber nur als Rauschen im UKW-Funk hatte. Gleichzeitig waren noch zwei andere Riesenfrachter in Sicht, auf dem Weg nach Norden. Wir querten gerade den Track der Großschiffahrt vom Kap Finisterre, zwischen Teneriffa und Gran Canaria, Richtung Kapverden und Afrika. Auf diesen Pfaden kommen die "Elefanten" fast dicht an dicht. Die Schiffe, die wir vorher sichteten, waren Madeira - Portugal unterwegs und kleine Inselversorger.

Wir motoren immer noch, es gibt zwar eine leichte Brise von 2,5 Knoten aus Nordwest, aber das reicht bei der Dünung nicht einmal, daß die Segel stehen bleiben. Wir haben daher das Großsegel mit dem ersten Reff oben und wie ein Brett als Schlingerdämpfung getrimmt. Das volle Segel hätte einen Bauch und da macht es immer flip-flap-flip-flap und das machen die Nähte des Segels nicht lange mit. Die Engländer vor uns motoren nicht, sie haben in der vergangenen Nacht nur 7 Seemeilen gemacht, das ist bei einem Strom von 0,5 Knoten so gut wie nichts, wir machten 70 Seemeilen. Wir sind, wenn keine Wind ist, oder die Richtung nicht paßt, keine bornierten Segler, die um jeden Preis den Diesel sparen wollen. Esso muß auch leben, auch bei 95 Escudos pro Liter.

Wußtest Du eigentlich schon, daß es auf dem Atlantik keine Fischmärkte gibt? Dianne sagte mir das gerade und wollte mich damit zum Angeln bringen. Aber ich bin einfach kein Fischer, habe keine Geduld, die Schleppangel hinten rauszuhängen, obwohl wir genug tolle Ausrüstung und jetzt auch schwere Leinen haben. Ich liebe es, auf Fischmärkte zu gehen, zu schauen, zu prüfen, auszuwählen, kaufen und dabei die Leute zu beobachten oder alles mögliche mit ihnen zu schwatzen. Ich genieße einfach das Treiben auf diesen Märkten, was ist da schon Angeln dagegen. Hoffentlich hört das kein Angler, sonst werde ich gesteinigt. Dianne hat ihren Blauhai auch ganz unorthodox mit dem Haken durch die Nase geangelt?! Ist das neueste Videoband für Gottfried angekommen? Wie hat es Euch gefallen. Hat Gottfried jetzt die alten Filme auch gesehen? Jetzt kann er sie ja in Ruhe Stück für Stück anschauen, sie sind oft einfach zu lang, aber ist einfacher und billiger, ein Band einfach voll zu machen mit dem Material von mehreren Ländern oder Plätzen. Später wollen wir schon mal kürzere Filme auch zu verschiedenen Themen machen. Jetzt schicke ich halt immer mehr oder weniger einen chronologischen Reisebericht. Ich habe ja noch viel mehr Material als das Überspielte gefilmt. Aber da müßte ich viel mehr Zeit haben und die ganze Ausrüstung in einem extra Raum stehen haben. An Bord geht es immer nur in der jetzt geübten Form. Ein Schiff ist eben kein Videostudio.

Zum Angeln fällt mir gerade noch etwas für Christian ein. Ich habe in Portugal in Peniche eine Harpune gekauft und ich sie zum ersten Mal in Lagos ausprobierte, war der erste Schuß gleich ein Treffer. In den Häfen sind oft so viele Meeräschen und die sind ganz dicht an der Oberfläche, da braucht man nur mit dem Dreizack draufzuhalten und abzudrücken. An der Leine zieht man dann Harpune und Fisch an Deck. Man braucht dazu gar nicht tauchen. Erzählt das bitte Christian, es wird unseren "Fish-Mac" interessieren.

20.40 Uhr Dianne ist bereits in der Koje, ich habe Wache, höre Radio und schreibe. Kurz vor Sonnenuntergang kam etwas Wind auf, wir haben alle Segel gesetzt und rauschten bei halbem Wind durch die mondhelle Nacht. Zur Dünung kam etwas Windsee und so ist die Gangart jetzt wieder etwas rauher, aber ich sitze gemütlich hier unten im Salon und schaue nur ab und zu an Deck, damit wir niemanden umfahren. Aber der Dampfertrack liegt hinter uns und so werden wir erst in Madeira wieder Schiffe sehen. Wenn es so gut weiterläuft, werden wir morgen nachmittag in Porto Santo sein.

7. 10. 18.00 Uhr
Ja, wir waren um 14.45 Uhr da. Morgens um 3.30 Uhr hatte es noch einmal ordentlich aufgebrist, legte sich aber wieder und dann nur viel Seegang. Um 9.00 Uhr sichtete ich im Dunst, weit weg eine Dreimastbark - Typ Gorch Fock - und rief über den internationalen Anrufkanal 16 "Sail Training Ship on the Horizon from ARION", Antwort "This is German Sail Training Ship Gorch Fock". Da schaltete ich schnell auf Deutsch um und wir hatten eine nette kleine Unterhaltung. Die Gorch Fock wird vom 10. bis 15. in Madeira sein, in Funchal. Habe den Kameraden am Funk auf einen Drink an Bord eingeladen. Das habe ich mir immer gewünscht, die Gorch Fock einmal von Schiff zu Schiff zu treffen und jetzt ist sie da, welch schöner Zufall! Porto Santo, Madeira ArchipelHier im Hafen von Porto Santo haben wir gleich wieder Bekannte getroffen. Ich sage immer, das segelnde Dorf, aber das ist schön, man ist nirgendwo ein Fremder. Die Insel hier ist toll, schroffe alte Vulkane, steile grüne Hänge und Schutthalden der Geogeschichte. Winzig klein klettern weiße Ziegen in den Steilhängen herum. Zum einzigen Ort sind es hier vom neuen Hafen aus etwa 20 min zu Fuß. Werden morgen erst mal in den Ort schauen und dann die Bergschuhe herausholen.

Viele liebe Grüße

P.S. Die Inseln hier haben eine interessante Geschichte. Der erste Gouverneur der Insel war der Schwiegervater von Kolumbus, der dann auf der später besiedelten Insel Madeira einige Jahre lebte. Die Inseln wurden überhaupt recht spät entdeckt. Porto Santo zuerst nur per Zufall, wegen eines Sturmes, ein abgetriebenes Schiff fand die Insel und suchte in der Bucht, wo wir jetzt ankern, Schutz.
 
 

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Postkarte mit vielen Kleinbildern aus Madeira
Die BlumeninselLieber Sepp, liebe Brigitte,

heute sind wir in Funchal eingelaufen und das Wichtigste haben wir ja gleich per Telefon mitgeteilt. Vielen Dank also vor allem für die Postbesorgung und den Brief. Das war wieder ganz toll, wie ich ins Marinabüro ging und ein Kanadier neben mir den Poststapel durchsah und ich gleich die beiden dicken Umschläge herausfischen konnte. Wir liegen hier als achtes Boot im Päckchen in der Marina. Sechs solche Päckchen sind an der Außenmole, die Stege sind von Einheimischen belegt. An der ganz großen Außenmole gegenüber liegt die Gorch Fock. Funchal ist eine schöne Stadt, sie bildet aber zu Porto Santo einen starken Kontrast. 110.000 gegen 5.000. Die Insel ist unwahrscheinlich bergig und grün. Es wächst hier einfach alles. An der großen Außenmole liegen auch ständig Kreuzfahrtschiffe. Sie kommen immer um 8.00 Uhr herein und laufen um 18.00 Uhr schon wieder aus. Das ist doch keine Kreuzfahrt, das ist eine Hetzerei. Es ist hier Brauch, sich auf der Innenseite der Molen zu verewigen. Zum Teil sieht man da wahre Kunstwerke. Ich glaube unseres in Porto Santo wurde auch ganz gut. Eventuell malen wir hier noch mal das gleiche Design. Hunderte von Booten haben so der grauen Betonwand etwas Buntes und Farbiges gegeben. Sieht echt schön und farbenfroh aus. Mehr im nächsten Video.

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Porto Santo, 8.10.1990

Madeira-Archipel

Lieber Sepp und Familie,

der Berg ruft, aber es ist ein Vulkan und hoffentlich holt er uns nicht! Ich habe aber keine Bedenken, denn seit der Entdeckung von Madeira sind die Vulkane nie ausgebrochen. Es gibt hier aber spezielle Quellen mit Heilwasser, obwohl man in katholischen Ländern nie sicher sein kann, ob es sich nicht nur um einen Wunderglauben handelt. In Sines war gleich am Weg in die Stadt eine Quelle mit heiligem "Wasser", ich habe da immer die Füße gewaschen, damit der Sand vom Strand weggeht, das einzige, was passierte, war, daß mir die Briefe und Postkarten aus der Brusttasche des Hemdes ins Wasser fielen. Kein besonderes Wunder, oder? Von Euch waren aber keine Briefe dabei, sie waren alle von Omar und der hatte mit Tinte geschrieben, war alles leserlich, aber in leichtem Blauton. - So jetzt waren wir gerade 4 Stunden im Gebirge. Drei Gipfel, der höchste 516 m und das vom Boden weg. Es war eine wilde Kletterei über Stock und Stein, wobei die Steine halt so alles was so ein Vulkan ausspuckt, in der Überzahl war. Wir kamen auch über "Almwiesen" mit Kühen und Pferden. Nur zum Mähen wären diese Wiesen nichts, sie sind zwar grün, aber darunter nur Lavabrocken. Auf dem Weg sahen wir auch viele Vögel. Falken mit Jungen im Horst unter dem Gipfel, Bussarde mit gelben Füßen, viele Wiedehopfe und jede Menge Singvögel. Auf der Insel wird auch wieder aufgeforstet. Die ersten Siedler haben schwer gesündigt. Sie konnten die Wälder hier und in Madeira nicht roden, daher legten sie Feuer. Auf Madeira brannte es 7 Jahre lang und so schlimm, daß die Leute teilweise aufs Wasser oder auf die kleinen unbewohnten Inselchen des Archipels flüchten mußten. Es gibt hier auch viele Kaninchen. Nachdem ein tragendes Kaninchen 1418 von dem Seefahrer Perestrello ausgesetzt worden war, fand er 1420 bei Beginn der Besiedlung so viele Kaninchen vor, daß sie eine richtige Plage waren. Wir haben heute auch viele gesehen und eines habe ich wohl zu Tode erschreckt . Wir kletterten einen wüsten Hang und Vulkanschub hinunter und ich rutschte aus. Dianne sah von weiter oben, wie gleich neben meinem Hintern, der heftig den Boden berührte, unter einem Grasbüschel ein Kaninchen mit einem Riesensatz heraussprang und davonjagte. Ich selbst habe es nicht gesehen, weil ich erst mal zum Stehen kommen mußte. Wir sind hier eine sehr internationale Gesellschaft, wobei zur Zeit die Franzosen, Skandinavier und Schweizer am Häufigsten sind. So werden wir mit unseren Bergschuhen in Schwyzerdütsch begrüßt von einem Norweger! Es muß hier auch Allgäuer geben - in der Duschkabine war ein Vater mit Kindern neben mir, der unzweifelhaft Allgäuer war, er ging aber gleich darauf raus und so habe ich das Boot noch nicht gefunden.

Nachsatz

Haben über Funk bereits erfahren, daß ein großer Brief oder Päckchen in Funchal bei der Post ist. Andere haben es schon gesehen.

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Postkarte Curral las Freiras Madeira, 15.10.90
Spaziergang entlang einer LevadaLieber Sepp,

es gibt hier so viele tolle Berge zum Wandern und wir denken oft, daß es schön wäre hier mit Euch zu wandern. Diese Straße sind wir gestern mit unserem "Airbus" entlang gefahren. Man kommt kurz vorher aus einem Tunnel heraus. Über die gestrige Fahrt gingen einige Karten nach Oberdeusch an Euch alle. Wir waren so begeistert von dem Ausflug! Wer nicht schwindelfrei ist, sollte hier nicht Busfahren! Auf dem Heimweg wurde gerade ein abgestürztes Auto geborgen. Weitere lagen noch tiefer unten in der Schlucht. Da war großer Stau, mindestens 10 Autos.

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Capo Girao Madeira, Oktober 90
Liebe Mutti,

so heute bei der Postverteilung keine Enttäuschung. Vielen Dank für Deinen langen Brief. Für uns ist es fast schwer vorzustellen, daß jetzt bei Euch der Winter vor der Tür steht. Hier badet alles und es ist herrlich warm und angenehm aber nie so heiß wie es zum Beispiel in Tunesien war. Eben ein ausgeglichenes Seeklima. Daß die oberen Zehntausend schon früh Madeira entdeckten, ist kein Wunder, denn es ist hier wirklich schön und die Luft hier draußen im Atlantik ist einfach sauber. Ich glaube, wenn wir jetzt schlagartig in eine Stadt kämen wie Köln oder Düsseldorf, es würde für uns zum Himmel stinken. Wie wir heute abend etwas durch die Stadt spazierten und eine Telefonzelle suchten, sahen wir überall Kadetten in weißen Uniformen, das weckte mal wieder Erinnerungen. Vor 21 Jahren spazierte ich auch so herum und nicht mal weit weg von hier in Agadir. Unser nächster Seetörn wird mit ca. 250 Seemeilen recht kurz, danach werden die Distanzen wieder größer. Aber je länger der Törn, um so schöner ist das Ankommen. Porto Santo war da sehr schön und wenn die GORCH FOCK nicht in Funchal praktisch gewartet hätte, wären wir wohl länger dort geblieben. Aber wir müssen ja immer wieder weiter.

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Die höchsten Gipfel

Postkarte Madeira 21.10.1990
Lieber Sepp,

das ist kein Nanga Parbat, aber das sind die Berge, die wir vorgestern bestiegen. Es schneit hier oben auf den Bergen fast jedes Jahr, aber das sind keine beständigen Wetterlagen. Die durchschnittliche Tagestemperatur ist im Sommer 22° C und im Winter 18° C, also schon recht mild, das sieht man ja an den Pflanzen. In größerer Höhe kann es aber dennoch ab und zu einmal schneien.

Wir wollten morgen auslaufen, aber es hat sich vor Portugal wieder ein Tief gebildet und heute nachmittag hat es ganz schön geblasen. Aber hier haben wir zumindest mit der Windrichtung keine Probleme mehr, wir sind schon zu weit westlich und südlich. Freunde von uns sind aber gerade von Tanger hierher unterwegs und die müssen erst mal ein paar Längengrade gut machen, das ist um diese Jahreszeit nicht mehr so einfach, schließlich fährt man nicht nur so gerade um die Ecke. Heute war zwar Sonntag aber für uns ein guter Arbeitstag. Wir haben alle Tanks geleert und gereinigt und mit gutem Madeira-Wasser gefüllt. Das ist Mineralwasserqualität für den Atlantik.

bergiges Madeira
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Postkarte von Dianne an Martina
Es ist zwar nicht die Südseeinsel, die Dir immer vorschwebt, aber Palmen gibt es hier und schön ist es auch. Nur der Sand ist schwarz, weil vulkanischen Ursprungs, und die Insel ist so steil, daß kaum Platz für einen Strand vorhanden ist. Hier legen viele Kreuzfahrtschiffe an, fast jeden Tag ein anderes. Madeira ist unglaublich fruchtbar. Hier wachsen auch allerhand leckere Südfrüchte wie Orangen, Bananen, Papayas, Mangos. Zuckerrohr, Avocados und einige Früchte, die wir gar nicht kennen. Ich werde morgen auf dem Markt einfach welche kaufen und probieren. Hier gibt es immer genügend Wasser, die Insel ist mit Quellen übersät. Das Wasser wird in speziell dazu gebauten Gräben, genannt Levadas, zu den kleinen terassierten Feldern geführt. Es gibt auch tolle Wasserfälle, zwar nicht breit aber dafür sehr hoch. Wir haben heute unsere Tanks mit gutem Madeirawasser gefüllt, da es auf den Kanaren nicht so gut sein soll.
Postkarte Ibera Brava, 20.10.1990
Liebe Eisenberger,

vorgestern haben wir endlich die beiden höchsten Berge bestiegen. Der Weg war sehr gut ausgebaut, das ist in diesem Gelände auch notwendig, denn sonst wäre das Gelände absolut ungangbar. Es ist auch sonst noch abenteuerlich genug und man muß schwindelfrei sein. Stellenweise wurde der Pfad auf einem Sims in der Wand gebaut, Felsstürze haben aber das Geländer aus Drahtseil mit in die Tiefe gerissen. Diese Simse führen dann fünfmal in einen Tunnel, der in der Gegenwand wieder herauskommt. Obwohl beide Gipfel fast gleich hoch sind, geht man zwei Stunden steil auf und ab, zum Teil auf fast senkrechten Treppen. Beim Abstieg kamen wir in Wolken mit Nebelnässen und wir waren froh, wie dann auf der Fahrstraße ein Auto kam und uns mitnahm. Das Paar aus Funchal war so nett, hielt überall zum Filmen, gab bei jeder Kneipe am Weg einen aus und zeigte uns viele schöne Fleckchen auf der 30-km-Heimfahrt. So brauchten wir nicht einmal mehr einen Bus. Gestern abend waren sie zu Besuch an Bord. Europas wächst zusammen, -  glücklicherweise.

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Postkarte von Dianne an Christian
Fischmark, StrumpfbandfischeDas ist der Fischmarkt von Funchal. Wie Du siehst, besteht das Hauptangebot aus den schwarzen Strumpfbandfischen mit großen Augen und fürchterlichen Zähnen, sie werden in 2.000 m Tiefe gefangen. Ich habe kürzlich viele Thunfische auf dem Markt gesehen, es gibt hier mehrere Arten in verschiedenen Größen. Ansonsten gibt es wenige kleinere Fische, weil das Wasser um die Insel so wahnsinnig tief ist. Vorgestern besuchten wir eine Forellenzucht. Es gibt nur zwei derartige Fischzuchten auf Madeira, dabei könnte man hier mit den ständig fließenden Bächen fast überall Forellenteiche bauen. Ein Jäger kam in die Bar. Zwei Kaninchen hingen an seinem Gürtel. Sie sind alle Nachkommen von einem trächtigen Kaninchen, das um 1419 ausgesetzt wurde. Das einzige andere jagdbare Wild sind Rebhühner. Karl war sehr froh, zu hören, daß es hier keine Schlangen gibt. Hier gibt es überhaupt wenige Tiere, aber tolle Schmetterlinge. Nebenher essen wir gerade heiße Maroni, die hier geerntet werden.

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Postkarte Botanischer Garten Madeira, 21.10.1990
BlütenprachtLiebe Mutti,

heute schicken wir wieder mal einen ganzen Schwung Postkarten los, aber es gibt hier einfach zu viel herrliche Kartenmotive. Gestern waren wir in einem Supermarkt, da waren die Karten zum halben Preis angeboten, da haben wir natürlich zugeschlagen. Unsere herrlichen Tage in Madeira gehen jetzt dem Ende entgegen und wir warten nur noch auf die ideale Wetterlage zum Auslaufen. Es ginge zwar jederzeit, aber dann müßte man stellenweise mit etwas härterer Gangart rechnen, und gemütlich ist halt besser. Diese Karte soll Dir einen Eindruck von der Üppigkeit der Pflanzen auf der Insel geben. Man könnte ständig wunderbare wild wachsende Blumen pflücken. Die Insel wird nicht umsonst Blumeninsel genannt, und ich hoffe, daß Marianne einmal hierher kommt, denn das ist ja das Mekka der Floristen.

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Santa Cruz Teneriffa 3.11.
Liebe Allgäuer,

jetzt liegt Madeira schon wieder ein gutes Weilchen in unserem Kielwasser und wir sind gut in Teneriffa angekommen.
Wir haben ja bereits einige informative Karten geschrieben, aber die Zeit in Madeira war so ausgefüllt mit Wanderungen und geselligem Leben, daß ich jetzt dazu komme, ausfürlich und der Reihe nach zu schreiben. Ich habe zwar immer wieder so einige Eindrücke und Erlebnisse in Briefen und Karten erzählt, aber nicht im Zusammenhang berichtet. Die Tage in Porto Santo und in Fuchal waren so mit Programm und Ausflügen ausgefüllt, daß einfach keine Zeit war. Jetzt wo wir hier wissen, daß es eine längere Liegezeit ist, wo wir uns auf die Überfahrt vorbereiten und die hurrikanfreie Zeit abwarten, haben wir etwas mehr Muße zum Schreiben.
Da wir kurz vor Porto Santo die Gorch Fock gesichtet hatten, war klar wieviele Tage wir auf dieser trockenen Insel der Inselgruppe zur Verfügung hatten, denn wir wollten natürlich gemeinsam in Funchal liegen. Da die Insel nur einen Hügel (Pico de Castelo), aber einen flachen Sattel von Küste zu Küste hat, wurde da der Flugplatz für die größeren Jets gebaut. Natürlich nicht nur für Touristen, sondern auch für die Nato. Der Hafen wurde auch aus logistischen Gründen etwas größer und sicherer gebaut und hat Platz für Schwimmstege für Yachten. Wir liefen etwas später als "Barnacle Bee" ein, die nach großen Flauten mit nur 7 Sm/Etmal vor uns mit 7 Kn einliefen. Wir hatten internationale Nachbarn. Bill und Meagan von der "Belle" aus Australien, Finnen direkt neben uns und Axel und Jenny von der TO-Yacht "Pi Pu" am Stegbeginn. Der Ort war recht klein, mit nur einer Geschäftsstraße. Der Fischmarkt war auch recht klein, aber einen Tag kamen wir vorbei, wie sie Bonitos (Thunfischart) wie Holzscheite in eine Ecke stapelten. Die Fische waren natürlich viel zu groß für uns, wenn ich sie mit dem Schwanz in die Hände klemmmte, hingen die Köpfe gerade auf den Boden. Wir mußten aber 2 Stück kaufen, da ich bei 4 Kg sonst einseitig geworden wäre und 1,14 DM/Kg=100 Escudos konnten mich auch nicht abhalten. Ich habe sie in schöne Steaks geschnitten und den Überfluß an 4 Nachbarn verschenkt.
Vom Hügel hatten wir einen schönen Überblick über die benachbarten Inseln und über den langen Sandstrand von Port Santo, dem einzigen dieser Art im ganzen Archipel. Auf dem Pico steht auch der Sender des Seefunkfeuers von Madeira. Am Abhang stand noch eine aufgelassenene Windmühle, alles sogar die Zahnräder war aus Holz gefertigt, nur der Mühlstein war natürlich Stein.
Wie es der Brauch der Fahrtensegler ist, verewigten wir uns mit einer Maling auf der Innenmauer der Mole.Maling an der Pier
Am nächsten Tag, 10.10. liefen wir dann aus und segelten bei mäßigem Wind nach Funchal. Wir passierten den steilen Küstenstreifen, wo der kleine Flugplatz von Madeira ist. Die Rollbahn ist aus dem Hang herausgearbeitet und das Ende der Bahn ist auf Stelzen bis fast ans Meer gebaut. Dort zu landen ist sicher nicht nur für den Piloten ein Erlebnis.
Der Hafen von Funchal war erwartungsgemäß sehr voll und wir waren für einen Platz als 8. Boot im Päckchen, bei 4 Päckchen dankbar. Wir trafen "Avalon" wieder, aber sie können von keiner schönen Überfahrt von Portugal berichten. "Tehari II" war leider bereits am Vortag ausgelaufen. Gleich am ersten Tag gingen wir zur Gorch Fock, der Kommandant war aber leider an Land unterwegs und der Wachoffizier war etwas kurz angebunden.
Am nächstenTag planten wir eine größere Wanderung und gingen schon früh am Morgen zum Markt. Die Markthalle ist sehr groß. Gemüse- und Obstmarkt, Blumenmarkt und Fischmarkt, alles sehr übersichtlich und zweckmäßig angelegt. Wieder zurück an Bord stellten wir fest, daß es mit Wandern nichts werden würde.
Madeira ist ja der erste große Sammelplatz für die Transatlantiküberfahrer und da sind dank der Organisationsbemühungen des Herrn Jimmy Cornell eben viele Segler drunter, die nicht gerade mit Erfahrung und Seemannschaft glänzen. Die Boote waren so unverantwortlich locker und leicht festgemacht, daß wir uns angesichts einer Windwarnung für den Nachmittag nicht von Bord trauten. Wie der Wind dann kam, machte ich den Leuten klar, daß sie von der Tonnage her einen Frachter mit Bindfäden festmachten, denn ca. 50 Boote mit mindestens 10 to können nicht nur am Kai mit ein paar alten ausrangierten Schoten festgemacht werden. In den Folgetagen haben wir dann die Päckchen besser organisiert und so konnte jeder sorgenfrei an Land gehen.
Im wesentlichen machten wir 4 ausgedehnte Ausflüge. Wir fuhren mit dem Bus ins Landesinnere. Die Ausblicke könnt Ihr dann im Video sehen. Die Busse haben einen besonders kurzen Radstand, damit sie besser um die engen Kurven in den Bergen fahren können. Wer da mitfährt, muß schwindelfrei sein.
Einen Tag fuhren wir nach Westen und besuchten eine ganze Reihe kleine Kürstenorte und auch Bananenplantagen. An einem anderen Tag fuhren wir bis zu einem Bergdorf und begannen dort unsere Wanderung über die beiden höchsten Berge 1861m. Die Berge vulkanischen Ursprungs sind noch relativ jung und nicht so abgewittert wie unsere Mittelgebirge, aber auch nicht so stabiler Fels wie in den Alpen. Die Pfade verlaufen daher teilweise sehr abenteuerlich. Beim Abstieg zur Nordküste habe wir ein junges Paar kennengelernt. Sie nahmen uns mit dem Auto mit und machten dann am Heimweg noch eine Sightseeing-tour mit uns, u.a. in urige einheimische Lokale, wo wir spezielle Getränke probieren mußten. An einem weiteren Tag wanderten wir auf einer Höhenlinie entlang der dortigen Levada An einer Levada
immer am Berghang entlang. Es gab Bäche, die über Wasserfälle von hoch oben herabstürzten und unter der Levada unter einer Brücke durch tosten, wir gingen dort auf dem Betonrand der Brücke hinüber. Links Wasser rechts Abgrund. Die Portugiesen haben zwar die maurische Herrschaft relativ bald abgschüttelt, aber doch viel von ihnen übernommen. Nur 32 Jahre nach der Entdeckung vom Madeira Archipel kamen bereits die ersten Siedler auf die Inseln und die haben dort trotz der schwierigen Topographie einen Garten Eden angelegt. Das Land wurde terassiert und mit Bewässerungskanälen, den Levadas, mit Wasser versorgt. Heute gibt es praktisch nichts, was auf den Inseln nicht wächst, alles Eßbare ist köstlich und die Blumen der Blumeninsel sind wunderbar.
Die köstlichen Ergebnisse des Fischfangs sollte man natürlich auch nicht vergessen und da haben wir auch immer wieder zugeschlagen.
Nachdem unser 1. Treffen mit dem Kapitän der Gorch Fock, den ich ja seit der Kadettenzeit auf der Gorch Fock und von Fahrten an Bord der "Coburg" her gut kenne, wir waren oft vor Norwegen die einzigen Wachoffiziere gewesen, fehlgeschlagen war, ging auch das zweite Treffen daneben. Kapt. v. Schnurbein kam auf dem Rückweg von einem Empfang in voller weißer Uniform über die ganzen Boote im Yachthafen zur ARION geklettert, die immer noch außen am Päckchen in Reihe 8 lag. Leider waren wir jetzt nicht da, aber der Besuch sprach sich wie ein Lauffeuer im Hafen herum. Am nächsten Morgen klappte es dann mit dem Treffen an Bord der Gorch Fock und wir unterhielten uns lange über alte Zeiten und Planungen für die Zukunft. So ging unsere Zeit in Madeira zu schnell aber äußerst unterhaltsam und kurzweilig zu Ende.
Am 23.10. entschlossen wir uns ganz schnell auszulaufen. Wir waren schon längst auslaufklar, hatten alle Tanks geputzt und mit dem guten Wasser von Madeira gefüllt, das Mineralwasserqualität hat. Jetzt benützen wir nur den kleinen Tank, damit das gute Wasser für den Atlantik bleibt. Hier in Tenerife ist das Wasser nämlich nicht gut. Aber Seefahrer erzählen sich, wie Wüstenbewohner, wo es gutes Wasser gibt; heute natürlich über Kurzwelle. Über Kurzwelle hatten wir auch von einem frz. Boot erfahren wie der tatsächliche Wind draußen ist. An Inseln, oder zwischen Inseln, die in einer Generalströmung liegen, gibt es oft die sonderbarsten lokalen Winde, mit denen man natürlich nicht wegsegeln kann. Die Franzosen berichteten von widrigen Winden, aber sie wollten nach Frankreich, daher entschlossen wir uns schnell auszulaufen, denn für unsere Richtung passte es ideal.
Die Überfahrt war dann auch schnell und problemlos. Wir konnten bis vor die große Mole des Fischereihafens segeln. Im Hafen war es dann wieder so voll wie Funchal. Der Hafen war völlig ohne eine Organisation und bot auch keinen direkten Service, aber er war sicher und gratis. Wir liegen jetzt als 4. Boot im mittleren Päckchen, haben schon wieder Bekannte getroffen und neue Bekanntschaften gemacht.
Wegen der hohen Schutzmauer haben wir es oft sehr windstill, nur stärkerer Wind geht über die Mauer. Nachts gibt es allerdings heftige Fallwinde aus schralenden Richtungen und wir verstehen warum der aus Erfahrung klug gewordene Amerikaner auf dem ersten Platz, auf sofortiges Ausbringen eines Ankers im tiefen Hafenbecken bestand. So haben die Boote immer wechselseitig einen Anker nach einer Seite ausgebracht, dadurch hält das Päckchen ohne die Fender der innen ligenden Boot zu zerquetschen.
Der mit Felsen aufgeschüttete Deich hält auch die Brandung weg. Die ganze Gegend ist hier künstlich gewonnen worden. Ursprünglich ging die Straße oben an den steilen Felsen entlang, die gleich ins Meer abfallen. Nur der Ort San Andres hatte schon immer etwas "schräge" Fläche. Dann wurden die Außenmolen gebaut und dahinter entstand Platz für das Hafenbecken, das Industriegelände, die vierspurige Straße und den Strand. Im Industriegebiet sind viele Gefrierfischfirmen, die auch Geschäfte für Gefrierfleisch, Gemüse, Fleisch, Fertiggerichte und so weiter haben. Eines davon hat auch Frischfisch.
 

Skizze Tenerife

Die Preise sind sehr günstig. Zum Beispiel Hähnchen 190 Pesetas, Bonitos 200 Pesetas frisch. Lachs, riesige Barsche etc. 400-800 Pesetas gefroren. Langusten etc. 1.200 - 2.000 Pesetas. Der aktuelle Kurs: 100 Pesetas = DM 1,65. Hier im Hafen sind auch viele russische Hochseetrawler zur Rast und Reparatur. Man könnte fast sagen, zum Rost und Reparatur. Deshalb wurde die Bar (Restaurant) mit Duschen, Bad, Sportplätzen, Wäscherei etc. mit den Russen zusammen gebaut. Alle Schilder sind deshalb auch in kyrillischer Schrift ausgeführt. Es sind auch viele Einheimische dort und am Wochenende kommen viele aus Santa Cruz. San Andres ist auch berühmt für seine Fischrestaurants. Diese werden auch von Leuten aus Santa Cruz besucht. Fremdenverkehr ist hier nicht sehr viel vorhanden, die Touristen sind mehr im Süden der Insel. Wir haben hier auch sehr netten Kontakt zu den Nachbarn. Vor einigen Tagen trauten wir unseren Augen kaum. "SPRINGER" lief abends ein. Das Licht war schon recht spärlich, die Leute nicht mehr zu erkennen. Aber ähnlicher Bootstyp, holländische Flagge und TO-Stander. Aber die "Springer" war doch letztes Jahr in Mallorca ausgebrannt? Aber am nächsten Morgen trafen wir dann Kees und Will, die wir zuletzt vor 7 Jahren in Dubrovnik sahen. Das gab natürlich viel zu erzählen. Wir hatten zuvor all die Jahre Briefkontakt an Weihnachten, aber da erfährt man nicht alles. Kees ist jetzt schon im 60. Lebensjahr. Sie gehen jetzt zum zweiten Mal über den Atlantik. Wir wollen zusammen ein Mietauto mieten (2.700 Pesetas pro Tag) und etwas Sightseeing betreiben. Auf dem Pico Teide, den wir fast täglich sehen, wollen wir auch noch hinauf. Seit einigen Tagen haben wir um die Insel relativ viele Wolken und seit unserem Einlaufen hatten wir dreimal Regen, aber weder lang noch viel. Dabei immer fast konstant 19 - 23° Tag / Nacht, in der Sonne geht das Thermometer aber schon mal auf 50° C hinauf, aber unter Deck ist es immer angenehm. Unter dem Sonnensegel kann man es natürlich auch gut aushalten. Unsere Passatbäume sind jetzt mit Toppnant und Niederholer auch fast fertig geriggt und so kann der Passat dann von achtern kommen. Am Dienstag haben wir palettenweise Bier und Verpflegung verstaut für insgesamt 1.100 DM. Wir sahen aus wie ein Kaufladen. Wir liegen in Päckchen an aufgelassenen Fischdampfern. Zwei Päckchen pro Dampfer und wenn wir an Land gehen ist das immer eine Kletterei. So nehmen wir vielfach auch das Beiboot. Die Verpflegung haben wir auch mit dem Beiboot vom Kai geholt. Die Lieferfirma hat auf die Pier geliefert und das bei konkurrenzlos billigen Preisen im Vergleich zu Supermärkten. Es ist hier ein richtiger Schiffshändler, wo man die Kaufliste abgibt. Dummerweise hat er nicht wie verabredet am nächsten Tag  bei Hochwasser geliefert sondern gerade bei Niedrigwasser. Hier sind zwar bei Springtide nur ca. 2 m Tidenhub, aber zum Dingistauen ist das schon blöd, wenn man auf einer Leiter steht. Zum Glück sind hier so viele nette Segler und man bekommt leicht Hilfe. Wir kennen jetzt auch viele englischsprachige Boote, die Funkkontakt haben und sind auch oft auf deren Netz, so bekommen wir hier den ganzen Inselklatsch mit. Gerade eben habe ich mit Funchal Madeira und Larnaca Zypern gesprochen. Die Funkerei gefällt mir immer wieder.

Wir liegen zwischen zwei Katamaranen. Die Engländer sind fünf Personen, zwei davon Kinder. Alle Erwachsenen Lehrer bzw. Hochschullehrer. Wir haben netten Kontakt. Alan, der Hochschullehrer, ist ein ähnlicher Typ wie Bill in Irland (der geschrieben hat) und wir unterhalten uns viel über alles mögliche. Die Buben sind 12 und 6, haben immer bei den Eltern Unterricht, aber Patrick (6) entwischt mit tausend Ausreden bei jeder Gelegenheit. Fische sind seine große Leidenschaft. Ohne Geduld angelt er und rudert liebend gerne zur Die Häfen von Santa CruzFischhalle hinüber, wo er dann alte Fische aufgabelt und in einer schmuddeligen Plastiktüte als Beute heimbringt. Zum Teil trocknet er gefundene Hinterteile von Conger-Aalen. Vicky, seine Mutter, rümpft schon die Nase. Mit den Deutschen auf der anderen Seite und hinter uns haben wir weniger Kontakt. Nordlichter, und wie alle Deutschen, nicht so kontaktfreudig und unkompliziert. Daß die Australier hinter uns eigentlich Deutsche sind bzw. waren, erfuhren wir über Funk. Jochen aus Mallorca fragte nach ihrem Schiff, ob wir es gesehen hätten, da sagten wir ja, fünf Meter hinter uns. Das "segelnde Dorf" ist eben doch immer wieder sehr klein. Sie sind auf dem Heimweg nach Australien. Hier im Hafen liegt auch noch eine kleine Karavelle wie die Pinta von Kolumbus. Es gibt eine ganze Reihe von Nachbauten der Kolumbusschiffe in Spanien. Nächstes Jahr im Oktober ist es 500 Jahre her, daß er Amerika entdeckte und da gibt es eine große Regatta auf seinen Spuren. 500 Schiffe sollen teilnehmen, darunter mehrere Nachbauten. Damit genug der Schiffahrtsnachrichten aus den letzten 500 Jahren.

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Postkarte 18.11.1990
Santa Cruz, Teneriffa
Liebe Eisenberger,

vielen Dank für die viele Post, die Werner mitbrachte. Da hatten wir ausführlich was zum Lesen. Wir machen jetzt die letzten Wartungsarbeiten und Einkäufe für die Überfahrt. Es gibt einfach so viel, woran man denken muß und die Arbeit geht im Süden einfach nicht sooo schnell von der Hand. Die Wartung unserer Rettungsinsel dauerte fast 2 Wochen. Immer wieder hieß es Manana, Manana. William und Werner sind heute mit Karl Heinz und Marianne von der BUMBLE BEE zum Pico Teide gefahren. Die beiden hatten gestern schon ein Mietauto und haben heute früh die Mitfahrt angeboten. Wir nutzten die Zeit für Erledigung von Post. in letzter Zeit sind wir kaum zum Schreiben gekommen. Die 12 Stunden Tageslicht sind immer so schnell um, obwohl wir jeden Tag um 7 Uhr aufstehen. Aber es kommt dann immer mal ein Schwatz mit diesem und jenem dazwischen und schon wieder ist ein Tag vorbei. Übermorgen planen wir, von hier aufzubrechen und je nach Wind geht es dann von Hierro aus los in den Atlantik. Hier auf der Postkarte das ist unser Badestrand gleich um die Ecke.

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Postkarte Teneriffa
Liebe Martina,

vielen Dank für Deinen Brief. Du bist hoffentlich wieder gesund und munter. Hier ist nicht die richtige Insel, um eine Erkältung zu bekommen, und der einzige Kranke hier war der Hund auf dem alten Schiff, neben dem wir liegen. Ein Engländer gab ihm Penicillin und jetzt ist er wieder fit und frißt alle Reste von den Booten. Er gehört niemandem und bettelt immer um Streicheleinheiten.

Ja das Berufsleben ist manchmal hart und macht nicht immer Spaß, aber irgendwie muß man die Brötchen verdienen und wenn man Wünsche und Ziele hat, kann man sie nur mit Arbeit (oder Lotto) verwirklichen. Man solle aber trotz "geschafft sein ", nicht in eine Wochenendlebensweise verfallen. Das Leben ist einfach zu schade, fünf Tage nur mit Blick auf zwei Tage zu verbringen. Leider habe ich keine so schöne Schrift wie Du, aber Du wirst es schon lesen können. Deine Idee, mal ein Jahr nach Amerika zu gehen, finde ich gut. Frischen Wind um die Nase wehen zu lassen, ist immer gut, sollte nur nicht mehr als 20 Knoten sein! Viel Spaß auch beim Skifahren, verbiege Dir nur nicht die Gräten. Bald wieder ein Brief von einer anderen Insel. Viele liebe Grüße Karl

P.S. Drücke als ältere Schwester Deinem kleinen starken Bruder einen Kugelschreiber in die Hand, er sollte dann wissen, was er damit tun kann! Scribere necesse est! Herr Gymnasiast! Oder?

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Santa Cruz, 2.11.1990
Liebe Mutti,

die Schreibmaschine steht zwar noch draußen, aber so per Hand geht es doch schneller, einen Brief zu schreiben. Heute kam Dianne von der Stadt mit einem Berg von Post zurück. Vielen herzlichen Dank für Deine Briefe, die über fast einen Monat verteilt waren. Brigittes Brief kam hier bereits am Mittwoch an, da waren wir aber nicht in der Stadt, die Post macht hier auch schon um 14 Uhr zu und gestern war hier Feiertag.

Wir haben es hier so sommerlich warm, daß der Blick auf den Kalender zweifeln läßt. Wir haben es auch nicht weit zu einem schönen Sandstrand mit Palmen. Es gefällt uns überhaupt gut hier, außerhalb der Stadt. Es gibt aber einen schönen, modernen und sauberen gedeckten Markt in Santa Cruz, wo wir gerne hingehen, da macht der Einkauf richtig Spaß. Der Markt in Madeira war allerdings noch farbenfroher. Den Einkauf auf dem Markt merkt man vor allem auch am Mülleimer. Kein Plastikverpackungsmüll! Die Preise hier sind aber etwas teurer als in Portugal. Viele Dinge sind Peseten und Escudos gleich, nur die Peseta steht besser da, 1,64 zu 1,14.- Also 100 Pesetas sind 1,64 DM. Wein ist aber wieder hier billiger, ab 65 Peseten.

Wir sind bis jetzt noch gar nicht zum Sightseeing auf der Insel gekommen, nur zum Schwimmen. Wir waren zu fleißig am Arbeiten. An einem Schiff gibt es wie bei einem Haus immer etwas zu tun und die ARION ist gut in Schuß. Heute überholt Dianne die Bordapotheke. Da hier auch ein segelnder Internist ist, haben wir fachlichen Rat. Zum Glück fehlt uns nie etwas. Meine Erkältung im Frühjahr war die letzte gesundheitliche Beeinträchtigung. Jetzt müssen wir nur noch einen Großputz machen und Masten und Rigg prüfen, dann sind wir seeklar für den Atlantik. Sonst gibt es von hier im Moment nicht viel zu berichten und einige Sachen habe ich schon an Brigitte geschrieben. Damit genug für heute abend, meine Koje ruft. Wir gehen abends zeitig ins Bett, 22 Uhr ist schon spät, und stehen morgens pünktlich um 7 Uhr genau mit der Sonne auf, die hier genau 1 Stunde 45 Minuten später als bei Euch aufgeht. Allerdings seid Ihr eine Stunde zeitlich voraus. Viele ....

Gleicher Brief weiter von Dianne

Liebe Mutti,

vielen Dank für die mir zugedachten Katzen. Es ist unglaublich, wie viele segelnde Tiere es gibt. Auf die Katze, die das Moskitonetz in Fetzen zerriß, bin ich nicht gut zu sprechen. Außerdem hatte ich wieder mit Allergie zu tun. In Funchal war ein Schweizer Boot mit zwei Katzen und einem Papagei. Auf einem der Trawler, an dem wir längsseits liegen, ist eine Hündin mit zwei ca. 3 Monate alten Jungen. Sie raufen recht grob miteinander. Obwohl sie aus einem Wurf stammen, sind sie unterschiedlich groß, der Kleinere zieht wohl auch bei der Essenszuteilung den Kürzeren!

Im letzten TO-Heft lasen wir heute einen Bericht über Tiere an Bord in Neuseeland. Der Bericht stammt von dem Münchener, der sein Boot als leere Schale von der gleichen Spedition geliefert bekam, als wir den Transport an die Adria von der ARION und der KOALA organisierten. Sie haben ihre 12-jährige Katze mit auf die Reise genommen. Jetzt sind sie in Neuseeland. Die Quarantänebestimmungen erfordern eine Kontrolle dreimal wöchentlich, die Kosten für die Inspektion betragen 45 DM pro Woche, solange die Yacht in Wangarai bleibt, steigt aber auf das Zehnfache, wenn man weiter weg ist! So können sie gar nicht umherreisen, müssen vor Anker bleiben, damit die Katze nicht an Land kann und Senken die Kosten dadurch, daß sie eine weitere Katze übernommen haben, während deren Yacht auf Rundreise ist, sozusagen in Pension! Man sieht, es gibt mit Tieren an Bord nicht nur einige rechtliche Probleme, finanzielle Nachteile und organisatorische Probleme, wir halten Tiere an Bord im Allgemeinen auch für Tierquälerei.

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Postkarte Santa Cruz, 18.11.1990
Liebe Mutti,

wie immer vorab einmal eine Karte. Vielen Dank für Deinen Brief. Wir haben so viel Post bekommen und müssen vor der Abfahrt noch so viel schreiben, daß wir heute wohl einen ganzen Posttag einlegen müssen, dabei ist dieser Tag schon wieder halb vorbei. Außer Post machen wir noch die letzten Vorbereitungen und Einkäufe, gehen zum Schwimmen und pflegen nette Kontakte zu Freunden im Hafen. Das Wetter ist einen Tag so schön wie am anderen und im Hemd und in kurzer Hose barfuß läßt sich schlecht an Weihnachten denken. Viele...

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Santa Cruz, 19.11.90
Liebe Allgäuer,
dies wird wohl der letzte Brief aus der alten Welt werden. Es gibt wieder einiges zu erzählen von den letzten Tagen hier.
Am 7.11. mieteten wir zusammen mit Kees und Will von "Springer" (NL) ein Auto für einen Ausflug über die Insel. Leider war das einzige verfügbare Auto ein Kleinwagen. Wir hatten aber nicht längerfristig planen können, weil unsere Rettungsinsel zur Inspektion war und jeden Tag (manana, manana) zurück gebracht werden sollte.
Wie wir Lebensmittel zur Anlieferung bestellt hatten, sollte am nächstenTag nachmittags geliefert werden, da wäre Hochwasser gewesen, aber sie lieferten morgens bei Niedrigwasser. Zum Glück waren in der Nacht unsere holländischen Freunde ganz überraschend in den Hafen eingelaufen. Wir hatten uns seit Dubrovnik nicht mehr gesehen und wußten noch nicht einmal, daß die in Mallorca abgebrannte und gesunkenene "Springer" ersetzt worden war. Jedenfalls hatte Kees nachts einen freien Platz an der Mole bekommen und wir konnten die vielen Kisten und Kartons von der Pier auf Boot herunterladen und von dort mit dem Beiboot zu unserem Liegeplatz im Päckchen transportieren können. Wie sie einliefen, saßen wir gerade auf dem Boot unserer Nachbarn, die wir nach 2 Jahren Funkerei, endlich persönlich getroffen hatten. Wir hatten die "Bumble Bee" bereits in Madeira erwartet, sie hatten aber Probleme mit einem Sturm vor Marokko und kamen erst nach unserem Auslaufen dort an.
So, jetzt aber zu unserem Ausflug. Wir fuhren von Santa Cruz hinauf auf die Anhöhe, dann auf dem Höhenrücken entlang immer höher hinauf bis zu einem Sattel, wo es zu einigen Gipfeln mit großen Teleskopen der ESA abgeht und weiter zum PicoTeide (höchster Berg Europas 3.718 m. Von dort ging es über eine Hochebene, der reinsten Mondlandschaft langsam wieder hinunter zur Westseite der Insel. Oben machten wir eine Kaffepause und wie wir hinunterfuhren, wurde die Vegetation immer üppiger. An der Nordseite der Insel fuhren wir durch ausgedehnte Bananenplantagen, bis wir dann über einen Pass wieder nach Santa Cruz kamen.....
 
 
Kaffeepause
Ein spektakuläres Café am Westrand der Insel
Im unteren Lavafeld am Pico Teide
Lava und Asche
Oben, in der Mondlandschaft am Pico
Hinunter in die üppige Vegetation
5 Nationen wandern gemeinsam
Wanderung in den Bergen bei San Andres, gleich
nördlich vom Hafen
Tal der Blumen
Postkarte, Valle Gran Rey, 24.11.1990
Regenbogen über GomeraLiebe Mutti,

gestern habe ich mich ja telefonisch bei Brigitte abgemeldet und heute früh ist ein strahlend blauer Himmel, leichter Wind aus der richtigen Richtung und in einigen Stunden werden wir aufbrechen. Die Insel hier Gomera ist sehr schön, einsam und abgelegen. Der Hafen ist direkt unter 400 m hohen, senkrechten Klippen. Der spektakulärste Hafen, wo wir je waren. Die Sonne erreicht gerade die ersten hohen Felsen und jetzt gibt es gleich Frühstück. An Bord ist alles o.k. wir sind voll ausgerüstet und so sehen wir neuen Küsten entgegen.

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Hiero, das Ende Europas

Kapitel  8, d.h. die Überquerung des Atlantik - Ankunft in der neuen Welt
 
 

Schauen Sie wieder einmal auf der Seite vorbei, bereits in wenigen Tagen geht es weiter.
Nicht vergessen "Lesezeichen setzen!" Es werden auch noch mehr Bilder in die Kapitel so nach und nach eingestellt werden.
 
 
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