Mit unserer Segelyacht ARION waren wir sechs Jahre unterwegs. Ursprünglich sollte es eine Weltumsegelung werden, aber bald merkten wir, daß es überall zuviel Schönes und Erlebenswertes gibt, um nur hastig vorbeizusegeln. Wer die besuchten Länder, Mitmenschen und andere Segler richtig kennlernen will, muß etwas verweilen können - und das war eher unser Ziel, als um die Welt gesegelt zu sein.
So verbrachten wir die ersten anderthalb Jahre
im Mittelmeer. Wir segelten die Adria hinunter nach Griechenland
und in die Türkei, wo wir an Bord überwinterten und ausgedehnte
Ausflüge im Land und Abstecher bis nach Israel und Ägypten
machten. Im nächsten Frühjahr ging es wieder Richtung Westen über
Kreta, Peloponnes, die Ionischen Inseln, Sizilien,
Malta und Tunesien und dann nach Norden über Sardinien und
Korsika nach Frankreich. Hier wurde die ARION in ein "Binnenschiff"
vergewandelt, d.h. die Masten wurden gelegt, an Deck gezurrt und ab ging
die Fahrt durch Frankreichs Flüsse und Kanäle nach England
.
Die Irische See war in diesem Sommer nicht sehr gnädig mit uns und wir verzichteten schließlich auf den Anblick der schottischen Inseln in grauem Dunst. Selbst der Verlust unseres Propellers in Irland wurde wegen der einheimischen Unterstützung und Anteilnahme bei der Suche und Reparatur noch zu einer angenehmen Erfahrung mit Land und Leuten. Gerade deswegen denken wir gerne an unseren Aufenthalt dort zurück, denn wir fanden so schnell Anschluß bei diesem freundlichen Volk.
Auf unserem weiteren Weg über die Biskaya
nach Spanien, Portugal, Madeira bis zu den Kanaren
lernten wir immer mehr Fahrtensegler kennen, die das gleiche Ziel hatten
- die Karibik. In Madeira kamen dann viele alte Bekannte aus dem Mittelmeer
hinzu und in den Kanaren war die große Schar von Seglern damit beschäftigt,
letzte Reisevorbereitungen zu treffen. Gegen Ende November war allgemeiner
Aufbruch, um bis Weihnachten anzukommen. Wir kamen allerdings erst am ersten
Weihnachtstag an, denn große Flauten (im Passatgürtel!) verlängerten
die Reise und brachten neue Erfahrungen. Wegen der ersten Flaute liefen wir
die Kapverden an und warteten dort auf Wind. Von da lief es zunächst
mit rauschender Fahrt weiter - aber dann gab es Tag für Tag weniger
Wind, bis die Atlantik so glatt war, daß sich nachts die Sterne darin
spiegelten. Sprechfunkverbindungen mit anderen Yachten ergaben, daß
dieses Flautengebiet eine Ausbreitung von ca. 1000 x 500 Seemeilen hatte.
Dabei wehen die Passatwinde angeblich so zuverlässig. Da bewährte
sich unser geräumiges, gut verproviantiertes Schiff, denn wir hatten
mehr als ausreichend Wasser und Lebensmittel dabei und mußten nicht
rationieren, wie manche Yachten, die blauäugig mit 20 Tage Überfahrt
rechneten und 40 brauchten.
Die Karibik war so herrlich, wie wir sie uns
vorgestellt hatten und noch viel abwechslungsreicher, denn keine Insel gleicht
der anderen.
Wir wendeten uns Richtung Norden und segelten durch die Bahamas in
die USA. Da wir in der Hurrikanzeit nördlich von Kap Hatteras
sein sollten, segelten wir bis Massachusetts - aber gerade dorthin kam "Hurricane
Bob" und unsere ARION lag im Hafen von Plymouth genau in seinem Weg. Zum
Glück sind die Wettervorhersagen in den USA recht präzise. So hatten
wir Zeit, einen günstigen Hafen auszusuchen und die ARION entsprechend
auf den Hurrikan vorzubereiten. Vom örtlichen Yachtklub aus konnten wir
dann das Geschehen verfolgen. Die Winde bogen den Kevlar-Flaggenmast des
Klubs in einem 90° Winkel. Ein paar Boote verschleppten ihre Mooring und
strandeten. Einem Katamaran brachen seine Festmacher und er rempelte sich
seinen Weg durch das Feld der vermurten Boote und verursachte an manchen Schäden,
bis auch er endlich strandete. Bei zwei kleineren Booten setzten sich die
Segel von selbst, dann kenterten sie und gingen unter.Und die ARION? Etwas
Seetang an Deck war hinterher die einzige Spur des Geschehens!
Den nächsten Winter zog es uns wieder in die Bahamas, wo wir uns an den Korallenriffen nicht satt sehen konnten. Dieses herrliche, klare, türkisfarbene Wasser ist noch brillianter als auf den Werbeplakaten. Sogar die Unterseite der Wölkchen werden türkis angestrahlt. Lange diskutierten wir über das nächste Wohin - wieder USA, oder Venezuela? Letztendlich fuhren wir bis Kanada und ließen das Boot für den Winter im nordöstlichsten Staat der USA, in Maine. Im Sommer ist Maine mit seinen 3000 Inseln ein wunderschönen Segelrevier, aber im Winter ist es dort trotz mitteleuropäischer Breite eisig kalt.
Nach einem Winter in Deutschland mit etwas
Vorgeschmack auf die kommende Rückkehr in die "normale" Arbeitswelt,
flogen wir wieder dorthin zurück und fanden die ARION noch im eisigen
Griff des Winters vor. Auf den Flüssen brach gerade die Eisdecke auf
und trieb in Schollen zum Meer. Da waren wir froh, für die ersten Wochen
zu Freunden ziehen zu können, denn ein Schiff kühlt bei solchen
Temperaturen an Land so aus, daß auch die gute Eberspächer es
nur schwerlich behaglich heizen würde. Der Frühling kommt aber
im Norden schnell, denn die Natur muß einiges aufholen. So waren wir
bald für die Rückfahrt über den Atlantik vorbereitet und es
konnte losgehen. Nur das Wetter sah nicht nach Auslaufen aus. Ein tropischer
Sturm (Vorstufe zum Hurrikan) zog einen Bogen über den Atlantik und
wühlte das Meer kräftig durch. Danach, zwischen einigen Tiefs liefen
wir aus, zuerst Richtung Südost, um dann im Golfstrom zu den Azoren
zu "reiten".
Aber wieder mal gingen Theorie und Praxis auseinander, denn sowohl der Golfstrom
als auch der Labradorstrom ziehen nach Osten, aber sie vermischen sich nur
zögerlich. Es gibt Wirbel kalten Wassers im warmen Golfstrom und Wirbel
warmen Wassers im kalten Labradorstrom. Diese Wirbel können 120 Seemeilen
Durchmesser haben, und wenn man in so einen Wirbel gerät und bis zu
4 Kn Gegenstrom hat, zeigt einem das GPS, daß man keinen Fortschritt
macht, auch wenn man idealen Segelwind hat! So kamen wir nach einem mehr
als rauhen "Ritt" mit vielen Tiefs nach 21 Tagen in den Azoren an.
Diese Inseln sind für sich eine Reise wert und wir wären ganz gerne
länger als nur ein paar Wochen geblieben, aber wir hatten uns noch eine
ziemliche Strecke für den Sommer vorgenommen. Nach der rauhen und ruppigen
Seestrecke von Maine zu den Azoren, war das Segeln nach Portugal traumhaft.
Zuerst einen Tag unter Blister, dann jeden Tag mehr Wind, bis wir am 10.
Tag bei Windstärke 9 ankamen. Europa hatte uns wieder!
In den Azoren und auf der Atlantiküberfahrt Azoren - Portugal segelte auch wieder Claudia Riedel als aktive Wachgängerin mit, die dank großer Fortschritte in der medizinischen Forschung (Gentechnik) trotz der seltenen Stoffwechselkrankheit Morbus Gaucher inzwischen ein normales Leben führt. Die junge Mutter (jetzt Dr. Ing.) skippert nicht nur auf Yachten, sondern fliegt auch Segel- und Motorflugzeuge - als Pilotin.
2010 und 2011 segeln wir mit ihrem Vater auf der "Tyra" ihres Onkels. Wieder sind wir in den gleichen Gewässern
So eine große Segelreise klingt wie ein
Traum, aber Träume lassen sich realisieren. Oft wurden wir gefragt,
wie man sich das als Normalverdiener leisten kann. Wir haben unterwegs viele
Leute getroffen, die das Gleiche gemacht haben und wir hatten alle nicht
im Lotto gewonnen. Mit einem Ziel vor Augen kann man allerdings allerhand
erreichen. Alles Andere wird zur Nebensache.
Wir haben unsere ARION selbst ausgebaut, was viele Vorteile hatte, denn wir konnten eigene Vorstellungen realisieren und kannten alles in- und auswendig. Das ist aber keineswegs eine Voraussetzung, denn wer sich kein neues Boot leisten kann, findet auf dem Gebrauchtbootmarkt eine Riesenauswahl. Wir haben allerdings auch eisern gespart, nie ein neues Auto gekauft, nie neue Möbel, nie eine teure Fernreise gemacht. Das heißt aber lange nicht, daß wir in den ersten Ehejahren ohne Boot keinen Spaß hatten. Unsere Wertigkeiten lagen nur anders. Mit guten Freunden ein Grillfest ausrichten, bedeutet uns auch heute noch mehr als irgendwelche materiellen Besitztümer. Natürlich verbrachten wir unsere Freizeit so oft wir konnten an Bord. Die ARION ist aber jetzt verkauft.
Wir wünschen dem neuen Eigner auch 40.000 erfolgreiche Meilen und ein schnelles Erlernen der dazu notwendigen Fähigkeiten.
Wer eine ähnliche Reise plant, nur einige
Tips benötigt, über ein bestimmtes Revier Informationen braucht, oder
noch gezielte Ausbildung (Training) sucht, - oder eventuell unser Buch über
die Reise (Bericht in "Briefen nach Hause") verlegen möchte - kann sich
gerne bei uns (Karl und Dianne Reichart) melden.Tel: 07959-926360
Videos
zum Buch für private Verwendung auslieferbar: DVD 20,-€
Zunächst Transatlantik 1990 und Transatlantik 1993
Anfragen/Bestellen
© Karl Reichart 1997, Nachdruck nur für private Zwecke und ohne Veröffentlichung erlaubt.
Im Frühjahr 1988 begann für uns das große Abenteuer, ein selbstbestimmtes Leben mit ganz unmittelbarer Verantwortung für das eigene Tun.
Die hier in nächster Zeit folgenden Kapitel sind kein normales Buch. Sie sind kein normaler Reisebericht, der entweder bereits von vornherein als solcher geschrieben wurde, oder aber erst lange nach den Erlebnissen entstand. Der nun folgende Bericht ist eine Sammlung von Briefen und Postkarten, die jeweils unter dem oft mächtigen Eindruck der Erlebnisse unmittelbar vor Ort entstanden sind.
Für den interessierten Segler bietet sich ein detaillierter ehrlicher Einblick in den Alltag des Fahrtenseglers.
Vereinbarung:
Ja, ich bin mit mit diesen Bedingungen einverstanden und
möchte jetzt den ersten Teil
lesen.
Gesamter Text jetzt online abrufbar:
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Einleitung und Vorwort
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Kapitel 1
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Kapitel 2
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Kapitel 3
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Kapitel 4
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Kapitel 5
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Kapitel 6
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Kapitel 7
- Kapitel 8 Transatlantik 1990, angekommen
in der neuen Welt, die weiteren Kapitel noch ohne Bilder.
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Kapitel 9
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Kapitel 10
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Kapitel 11
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Kapitel 12
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Kapitel 13
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Kapitel 14
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Kapitel 15
Anhang
: Liste
der Häfen und Ankerplätze, genaue Beschreibung von Schiff und Ausrüstung
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